Die Silberschmiedin (2. Teil)
geschätzt und das nötige Material besorgt.
Anschließend hatte sie zwei Teile Gold mit einem Teil Kupfer und derselben Menge reinen Silbers vermischt, die Metalle erhitzt und zu Platten gegossen. Nach dem diese über Nacht abgekühlt waren, hatte sie die Platten auf einer steinernen Unterlage mit dem Hammer und der Walze zu dünnen Blechen getrieben und anschließend verschlichtet. Dabei hatte Eva die dünnen Bleche nacheinander über ein Sattelholz gelegt und im ersten Durchgang Längsfalten, im nächsten Querfalten hineingeschlagen.
Um den Rohling herzustellen, wurden die Bleche mit verschiedenen, immer kleiner werdenden Hämmern bearbeitet, mit dem Bechereisen wurde die Wölbung hineingetrieben. Im Brennofen musste der Rohling danach wieder und wieder durchgeglüht und anschließend gebeizt werden.
Eva war eine umsichtige Handwerkerin. Nach beinahe jedem Arbeitsgang überprüfte sie sorgfältig die Wölbung und das Maß mit dem Messzirkel und dem Richteisen.
Und heute nun war der Rohling fertig und wartete darauf, verziert zu werden.
Als die Kugeln gegossen waren, wischte sich Eva mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und sah auf. «Ihr habt Recht, Meister Faber. Allein schaffen wir die Arbeit bald nicht mehr. Auch wenn Heinrich uns hilft, wo er nur kann, so ist er doch kein Silberschmied.»
«Wollt auch keiner werden», brummte der Altgeselle aus Frankfurt.
«Ach, Heinrich, du weißt schon, was du mir wert bist, nicht wahr? Ohne dich wäre es für mich hier in Leipzig einsam.»
Eva stand auf und strich dem Mann über den Arm.
Meister Faber lachte: «Unsere kleine Herrin weiß genau, was wir alten Männer brauchen, nicht wahr, Heinrich?» Dass Evas Freundlichkeit nicht ausreichte, um die Werkstatt zu erhalten, sagte er nicht. Ein Geselle muss her, dachte er, ein Geselle, der das Metall wie Feuer scheinen lässt. Er begutachtete die von Eva gegossenen Kugeln. «Ihr habt gut gearbeitet. Eine Kugel gleicht der anderen.»
Doch nicht mehr als gute Handwerksarbeit, fügte er im Stillen hinzu. Aber ihm selbst ging es ja auch nicht anders. Früher, ja früher, da hatte er dieses Feuer gehabt, doch seit dem Tod seiner Familie war es erloschen. Nach außen wirkte er zwar immer fröhlich und lustig, doch das war nur Fassade, in seinem Inneren sah es anders aus. Er konnte der Werkstatt nicht mehr geben. Sie brauchten wirklich einen neuen Gesellen. Heinrich war keine große Hilfe. Er blickte zu dem Altgesellen, der jedoch ganz andere Sorgen hatte.
«Hmm», brummte er. «Trotzdem wird es Zeit, dass unsere Eva sich einen Mann sucht und Kinder bekommt.»
Bei diesen Worten verschwand Evas Lächeln aus ihrem Gesicht. Andreas Mattstedt hatte sich für den Abend angekündigt, und sie ahnte, was er ihr sagen wollte.
Die Turmuhr von St. Nikolai verkündete die siebte Abendstunde. Das Licht in der Werkstatt wurde schlechter. «Es wird Zeit, für heute Feierabend zu machen», sagte Eva. Sie nickte den Männern zum Abschied zu und ließ sich von der Magd einen Zuber mit heißem Wasser bereiten.
Eine Stunde später saß sie Andreas Mattstedt in der Tafelstube gegenüber. Die neue Magd hatte den Tisch gedeckt, und Eva hatte hier und da noch einen Leuchter hingestellt, die leinenen Mundtücher auf eine besondere Art gefaltet und einige Blütenblätter als Schmuck über das Florentiner Tischtuch gestreut.
Sie trug ihr moosgrünes Kleid und ein einfaches Silberschmuckstück in Form eines Lorbeerblattes, das sie selbst gefertigt hatte und das an ihren Vater erinnern sollte. Auch Mattstedt hatte sich heute herausgeputzt und sah besonders stattlich aus. Irgendwie erinnerte er sie immer an ihren Vater. Mattstedt lächelte sie aufmerksam an. Eva wich seinem Blick aus und sah zu Susanne, die am Kopfende des Tisches saß, weil es sich nicht gehörte, dass ein junges, unverheiratetes Mädchen allein mit einem Mann zu Abend aß. Doch Susanne war mit ihren Gedanken offensichtlich woanders und nicht gewillt, sich an der Unterhaltung zu beteiligen. Jetzt bedauerte Eva es, dass sie Bärbe bereits hinausgeschickt hatte. Andreas Mattstedt bemerkte Evas Verlegenheit und senkte den Blick.
Er übernahm die Aufgabe des Mundschenks, goss Eva, Susanne und sich selbst aus einer Karaffe Wein ein. Dann hob er das Glas: «Es ist schön, bei Euch zu Gast sein zu dürfen. Auf Euer Wohl!»
Sie stießen an, dann wurden die Speisen aufgelegt.
Susanne hatte zur Feier des Tages zarte Täubchen in Rosenwasser gekocht, die mit einer Soße aus Pfeffer
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