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Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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nicht aus dem Kopf. War sie nur die Tochter der Pelzhändlerin? Plötzlich wurde ihr klar, dass sie mehr werden musste als die Tochter ihrer Mutter. Sie musste Eva werden. Und als Eva musste sie ihr eigenes Schicksal wählen. Sie trat näher an den Spiegel. Auf einmal sah sie sich ganz anders. Und sie wusste, dass ihr altes Leben jetzt zu Ende war.
    Von draußen verkündeten die Schläge der Kirchenuhr Mitternacht. Der alte Tag endete hier, der neue begann.
    Als sie energische Schritte die Treppe heraufkommen hörte, schrak sie zurück. Gleich darauf wurde an ihre Tür geklopft.
    Sie trat vom Spiegel zurück, sammelte sich und rief: «Herein!»
    «Ich dachte mir, dass du noch nicht schläfst», sagte die Mutter.
    «Der Abend war anregend. Er klingt noch in mir nach», erwiderte Eva.
    Die Mutter setzte sich auf die gepolsterte Truhe und schob sich ein Kissen in den Rücken. Dann klopfte sie mit der Hand auf den freien Platz neben sich. Eva gehorchte.
    Sibylla redete über den geplanten Kauf der Kuxe in Annaberg.
    «Die Hälfte der Kuxe wird dir gehören. Dir allein, die andere Hälfte Adam. Ich werde die Kuxe auf deinen Namen eintragen lassen und dafür sorgen, dass auch eine Heirat nichts an den Besitzverhältnissen ändert.»
    «Warum das?», fragte Eva. «Traust du Andreas Mattstedt plötzlich nicht mehr?»
    Die Mutter lachte, aber es klang schrill und keineswegs fröhlich. «Du liebst Mattstedt nicht, Eva.»
    Sie sah Eva an, doch Eva schwieg und senkte den Blick.
    Die beiden Frauen saßen eng beieinander, doch plötzlich fröstelten sie.
    «Aber du wirst ihn trotzdem heiraten. Der Appetit kommt beim Essen», bestimmte die Mutter. «Tust du es nicht, so enterbe ich dich. Du wirst alles verlieren: Mattstedt, die Werkstatt, dein lebenslanges Auskommen. Nichts wirst du mehr haben von dem, was dir in die Wiege gelegt wurde.»
    Eva nickte. Die Gewissheit, dass die Mutter mit allem, was sie sagte, Recht hatte, ließ sie seufzen. Sie war nicht mehr die Tochter der Pelzhändlerin, sie war Eva. Und das hieß, dass sie allein war. Dieser Gedanke erschreckte sie so sehr, dass sie ihre Mutter ansah und fragte: «Du gebietest mir, Mattstedt zu heiraten, und willst den Gesellen, den ich mir gesucht habe, aus der Werkstatt verbannen. Kann ich dir denn gar nichts recht machen? Was hat David dir getan?»
    «Anmaßend ist er. Anmaßend und überheblich. Ein Emporkömmling, der mehr will, als ihm zusteht. Am Ende wird er noch über Leichen gehen, um zu kriegen, was er haben will. Froh bin ich, dass ich Adam überreden konnte, nach Leipzig zu gehen. Er wird ein Auge auf diesen David haben.»
    «Was glaubst du denn, Mutter, was er haben will? Meinst du, er neidet uns die Werkstatt?»
    «Dich will er haben, Eva. Es geht um dich. Aber er wird dich nicht bekommen. Du wirst Mattstedt heiraten. Gott hat die Menschen an den Platz gestellt, an den sie gehören.»
    Eva lachte auf. «Das sagst ausgerechnet du? Du? Eine ehemalige Wäscherin aus dem Feldsiechenhaus, die es nur durch Betrug dahin gebracht hat, wo sie jetzt ist. Oh, Ihr seid Euch so ähnlich, Mattstedt, Fugger und du. Auf Kosten anderer habt ihr es geschafft, steht jetzt an dem Platz, den ihr euch erschlichen habt, und wollt jeden Tag noch ein Stückchen näher zur Sonne. David steht noch am Anfang seines Weges. Er sagt, was er will. Nichts geschieht heimlich, nichts wird erschlichen. Die junge Frau, die du einmal warst, ähnelt ihm, und deshalb magst du ihn nicht.»

Kapitel 8
    Eigentlich wollte Eva abwarten,   bis sie nach dem täglichen Mittagsmahl mit Mattstedt und Sibylla allein war. Doch als Sibylla vor den versammelten Dienstboten Pläne für die Hochzeit machte, hielt sie es nicht länger aus.
    Sie holte tief Luft, dann sagte sie, zu Mattstedt gewandt: «Andreas, ich bitte dich sehr, die Hochzeit zu verschieben.»
    Vor Verblüffung fiel Mattstedt die Gabel aus der Hand und landete klirrend auf dem Silberteller. Von einem Augenblick auf den anderen wurde er blass.
    «Was hast du da gesagt, Eva? Du willst die Hochzeit verschieben? Aber warum, in Gottes Namen?»
    Eva sah kurz zu ihrer Mutter, die sie empört anfunkelte, dann sagte sie: «Ich bin gerade 20 Jahre alt. Vor zwei Jahren noch war ich in Florenz. Es sind erst ein Herbst und ein Winter vergangen, seit ich in Leipzig bin. Ich fühle mich einfach zu jung zum Heiraten. Viel zu jung.»
    Mattstedts Gesichtszüge verformten sich wie ein Silberblech beim Verschlichten. Man konnte ihm die Mühe, die es ihn kostete, die

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