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Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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jetzt im reinsten Glanz erstrahlten.
    «Wer hat diese Stücke gemacht?», fragte er und zeigte auf einen Willkomm-Becher und zwölf kleine silberne Tafelbecher.
    Meister Faber trat hinzu. «Es sind schöne Stücke, nicht wahr? Unser Geselle hat sie gemacht.»
    Der Dominikaner nickte. «Ich habe bereits von ihm gehört. In Straßburg hat er schon einmal für die Dominikaner gearbeitet und auch für unsere Brüder in Frankfurt. Gut, dann soll eben dieser Geselle für unsere Klosterkirche eine Monstranz fertigen und dazu ein mannshohes Kruzifix aus purem Silber.»
    Einen so großen Auftrag hatte die Werkstatt noch nie erhalten! Und auch die anderen Gold- und Silberschmiede in Leipzig konnten nur davon träumen. Eva fiel es schwer, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen.
    «Was ist mit den Rohstoffen?», fragte sie. «Wir benötigen für einen solchen Auftrag große Mengen an Silber. Auch Kupfer müssen wir kaufen, am besten aus dem Mansfeldischen, denn reines Silber ist zu weich, um daraus eine Monstranz und ein Kreuz zu schmieden.»
    Der Dominikaner erwiderte: «Nun, wie ich höre, unterhaltet Ihr gute Beziehungen zu Andreas Mattstedt. Auch an der Werkstatt ist er wohl beteiligt. Er wird Euch sicherlich dabei behilflich sein, das notwendige Material zu beschaffen. Ich habe bereits mit ihm gesprochen.»
    «Die Juwelen können wir auf der Frühjahrsmesse kaufen. Sie beginnt in ein paar Tagen, und ich bin sicher, dass die Florentiner Händler auch dieses Mal einige wunderbare Stücke mitbringen werden.» Eva war jetzt ganz Geschäftsfrau. Nur am Rande fragte sie sich, wieso David für die Frankfurter Dominikaner gearbeitet haben sollte, obwohl er doch selbst gesagt hatte, niemals dort gewesen zu sein. Doch das große Geschäft erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit, und die Frage geriet in Vergessenheit.
    Es dauerte nicht lange, dann war alles besprochen: der Termin für die Vorlage der Entwürfe, der Zeitraum der Herstellung und schließlich sogar die Bezahlung.
    Der Dominikaner ging mit zufriedener Miene, Meister Faber sah ihm lächelnd nach, sogar Heinrich wirkte leutselig. Nur David saß an der Werkbank und tat, als ginge ihn das alles nichts an. Aber auch Eva konnte sich nicht von Herzen freuen, wusste sie doch genau, dass der Auftrag nur durch die Vermittlung Mattstedts ins Haus gekommen war. Dennoch, das war eine große Chance für sie.
    «Ihr werdet die Entwürfe machen», ordnete Eva an, und Meister Faber nickte dazu. «Schließlich hat der Abt ausdrücklich darum gebeten, dass Ihr die bestellten Waren schmiedet.»
    David nickte, doch seine Begeisterung hielt sich zu Evas Überraschung in Grenzen.
    «Zwei Wochen Zeit gebe ich Euch dafür. Alle anderen Arbeiten könnt Ihr während dessen ruhen lassen. Gebt Euch Mühe. Die Entwürfe müssen etwas ganz Besonderes sein, ohne durch übertriebene Eigenwilligkeit hervorzustechen.»
    David nickte, nahm seine Skizzenmappe und verließ ohne ein weiteres Wort die Werkstatt. Meister Faber und Heinrich sahen ihm kopfschüttelnd nach. «Wenn er nicht so ein ausgezeichneter Silberschmied wäre …», sagte Meister Faber, doch er beendete den Satz nicht, als er Evas Gesicht sah.
     
    In den nächsten zwei Wochen kam David nicht in die Werkstatt. Manchmal saß er bis zum Mittag in seiner Kammer, und niemand wusste, was er dort trieb. Dann sah man ihn durch die Flussauen streifen, Papier und Zeichenkohle in der Hand. Doch an beinahe jedem Abend verließ er das Haus und ging hinunter zum Rahnstädter Tor, hinter dem das Leipziger Hurenhaus lag.
    Die beiden Wochen vergingen, ohne dass David Anstalten machte, sich mit dem Auftrag zu beschäftigen. Nach drei Wochen hatte Eva endgültig genug. Als sie ihn eines Morgens im Hausflur traf, stellte sie ihn zur Rede: «Habt Ihr die Entwürfe fertig? Ich möchte sie sehen. Auch Meister Faber zeigt Eile. Die Silber- und Kupferbarren warten darauf, gekauft zu werden, die Juwelenhändler sind nicht mehr lange in der Stadt. Viel Geld für neue Werkzeuge haben wir bereits ausgegeben. Es wird höchste Zeit, dass wir daran verdienen.»
    Davids Miene war abweisend und von einem Eigensinn geprägt, den Eva sich nicht erklären konnte.
    «Was ist?», fragte sie ein wenig ungeduldig. «Wann können wir die Entwürfe sehen? Jetzt gleich wäre mir am liebsten.»
    David lachte auf. «Das Besondere braucht seine Zeit», erwiderte er knapp. «Und es kostet Geld. Die besten Rohstoffe brauche ich und nicht das minderwertige Zeug, das Mattstedt aus

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