Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
den eigenen Gruben herankarren lässt.»
    Eva setzte zu einer empörten Widerrede an, doch David trat so nahe an sie heran, dass ihr die Worte im Munde stecken blieben.
    «Ihr wollt das Beste von mir, doch Ihr haltet mich nicht entsprechend. Wenn ich leben muss wie ein einfacher Geselle, nun, so bringe ich auch nur die Arbeit eines einfachen Gesellen zustande. Hieltet Ihr mich wie einen Meister, so könnte ich wohl Meisterstücke fertigen. Und gäbe es jemanden, dem ich ein König wäre, so wären meine Silberwaren auch eines Königs würdig.»
    «Ihr seid verrückt!»
    «Nicht verrückter als Eure Mutter, nicht verrückter als Fugger und Mattstedt. Nicht verrückter als Ihr selbst, Eva. Überlegt Euch, was ich Euch wert bin.»
    Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ das Haus.
    Susanne hatte durch die offene Küchentür jedes Wort gehört.
    Sie lehnte sich mit verschränkten Armen an die Tür und lachte lauthals. «So muss man es machen! Von nichts kommt nichts. Hat schon mein Vater gesagt, bevor er deine Mutter heiratete.»
    «Was soll das denn heißen?», fragte Eva.
    Susanne lachte noch heftiger. «David weiß genau, wie er mit dir umgehen muss.»
    «Was meinst du damit?», fragte Eva. Für einen Augenblick befürchtete sie, dass Susanne, vor deren Augen nichts verborgen blieb, wusste, wer des Nachts ihren Arbeiten zu Glanz verhalf.
    Susanne lachte noch immer. «Das soll heißen, dass unser David Wasser predigt und Wein säuft. Ihm ist die Abkunft nicht egal, ganz im Gegenteil. Sein ganzes Sinnen ist darauf gerichtet, einen höheren Stand zu erlangen. Du, Eva, hilfst ihm dabei nur zu willig. Er braucht dich nur anzusehen, und schon machst du alles, was er will.»
    Eva atmete auf und erschrak gleichzeitig. Sie war erleichtert, dass Susanne ahnungslos war. Doch im selben Augenblick wurde ihr auch bewusst, dass sie, die Herrin, sich von einem Gesellen abhängig gemacht hatte und alle es wussten.
    Dennoch – sie musste David seine Wünsche erfüllen, niemand sonst konnte den Auftrag des Klosters ausführen – sie selbst am wenigsten, das wusste sie nur zu genau, darum erwiderte sie trotzig:
    «Lass die beiden Kammern, in denen meine Mutter bei ihrem Besuch gewohnt hat, herrichten. Unter einer Daunendecke soll er schlafen und ein großes Kissen haben. Mit Fellen sollen die Kammern bestückt werden, und ein großer Tisch, an dem er zeichnen kann, muss herbeigebracht werden.»
    «Sollten nicht auch die Truhen geleert und der Schrank mit Leinenzeug gefüllt werden?», spottete Susanne. «Sollen wir von heute an die Tafel mit Silber decken? Oh, ich kann den Gesellen reden hören: ‹Wer Silber schmieden soll, soll auch von Silber essen. Und wer Meisterstücke fertigen soll, soll auch wie ein Meister gekleidet sein.›»
    Susanne wurde ernst. «Und ich?», fragte sie. «Was ist mit mir? Bin ich weniger wert als er? Soll ich weiterhin in der Dienstbotenkammer schlafen? Gib mir auch zwei Räume wie dem Gesellen.»
    «Nein!» Eva schüttelte den Kopf. «Du hast, was du brauchst. Bist ohnehin die meisten Nächte nicht in deinem Bett.»
    «Ach, so ist das?», klagte Susanne. «Hast du vergessen, dass du mich daran gehindert hast zu gehen? Auf deinen Wunsch hin habe ich mein Glück in den Wind geschlagen. Du bist mir dafür etwas schuldig. Der Bäckergeselle hat eine andere geheiratet, die jetzt an meiner Stelle die Herrin spielt.»
    Eva betrachtete die Stiefschwester mit Abneigung. Dann sagte sie: «Such dir meinetwegen einen Gürtel von mir aus.»
    «Und eine Haarspange», verlangte Susanne.
    Eva nickte müde. «Meinetwegen. Und jetzt sieh zu, dass der Geselle bekommt, was er verlangt.»
     
    «Ist nun alles nach Euren Wünschen?», fragte Eva am Abend, als sie David seine neuen Kammern zeigte, die sich im selben Stockwerk befanden wie ihre Schlafkammer, die Wohn- und die Tafelstube und die beiden Kammern ihres Bruders.
    «Wir sind auf dem besten Weg», erwiderte David und betrachtete jeden Winkel seiner neuen Behausung. Er fuhr mit der Hand über die Möbel, als wolle er die Politur prüfen. Dann stand er auf und betrachtete die beiden Öllämpchen und den Kerzenleuchter. Er nahm das Talglicht heraus, reichte es Eva und sagte: «Wachskerzen möchte ich. Aber es eilt nicht.»
    In Eva wallte Empörung auf, doch David sah sie mit einem zwingenden Blick an, der jedes Wort in ihr erstickte. Dabei kam er immer näher. Eva dachte nicht einen Moment daran zurückzuweichen. Wie festgenagelt stand sie da.
    Als er sie an sich

Weitere Kostenlose Bücher