Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
die Magister der Universität. Sie gefallen sich in ihren klugen Reden, aber genau da liegt der Hund begraben. Sie reden. Sollten sie einmal handeln müssen, werden sie sich schnell auf das herrschende Recht und die Ordnung berufen und die Traditionen bemühen. Wir Frauen sind da vielleicht anders. Sieh dir Hildegard an. Als ihr das Klosterleben nicht mehr richtig erschien, warf sie den Schleier hin.»
    «Und du meinst, David redet nicht nur wie die anderen?», fragte Eva.
    Ute schüttelte den Kopf. «Nein, das tut er nicht. Es fehlt ihm an Unterwürfigkeit. Er wird immer das tun, was ihm richtig erscheint.» Sie brach ab, sah aus dem Fenster und fügte dann hinzu: «Dein Bruder Adam und der Geselle ähneln sich. Sie sind beide vom Neuen besessen, wobei dein Bruder nicht so ein Hitzkopf wie David ist.»
    «Du meinst wirklich, sie sind sich ähnlich?»
    Ute nickte: «In beiden brennt der Hang zum Neuen. Was der eine mit Silber versucht, probiert der andere in der Medizin. Sie gleichen sich, als wären sie Brüder. Nur ihr Temperament ist verschieden.»
    Eva nickte. «Du hast Recht», sagte sie. «Sie sind sich ähnlich. Vielleicht können sie sich deshalb nicht leiden. Wahrscheinlich stören den einen die eigenen Eigenschaften am anderen. Was man sich selbst mit Mühe nur verzeihen kann, nimmt man dem anderen gleich doppelt übel.»
    Ute lachte. «Männer werden leicht zu Gegnern, sobald es um eine Frau geht. Selbst, wenn es nur die eigene Schwester ist.»
    Eva sah durch ihre Freundin hindurch. «Ja», sagte sie verträumt. «David weiß genau, was er willl. Ob er wohl ein Liebchen hat?»
    Unbemerkt hatte Susanne die Wohnstube betreten. Bei Evas Worten lachte sie laut auf. «Warum sollte er kein Liebchen haben? Er ist ein gesunder und stattlicher Mann. Soll er seine Lust durch die Rippen schwitzen?»
    Sie blickte Eva herausfordernd an, dann drehte sie sich um und schlüpfte aus dem Raum. Die Tür fiel geräuschvoll hinter ihr ins Schloss.
    Ute kicherte. «Siehst du, deiner Magd gefällt er auch. Die meisten Frauen sind von David entzückt. Nur die Männer betrachten ihn mit Argwohn.»
    «Warum?», fragte Eva. «Warum mögen sie ihn nicht?»
    «Er ist anders als sie. Das macht ihnen Angst. Alles, was anders ist, ängstigt. Sie wollen die Neue Zeit herbeireden, aber das Alte nicht hergeben. David aber stößt sich am Alten. Er tritt ihnen auf die Füße. Er entlarvt sie, und das verzeihen sie ihm nicht.» Sie lachte und fügte hinzu: «Außerdem sieht er zu gut aus.»
    Die Lechnerin verabschiedete sich und ließ Eva nachdenklich zurück. Sie ging hinunter in den Verkaufsraum und fing an, die Silberwaren zu ordnen. Sie wollte allein sein. Doch kaum hatte sie mit ihrer Arbeit begonnen, wurde sie von Heinrich unterbrochen, der den Raum durch die hintere Tür betrat.
    Er brachte zwei Fibeln und einen Haarreif. «Der Geselle hat gesagt, Ihr sollt die Sachen ausstellen.»
    Eva nickte und wischte mit einem weichen Tuch vorsichtig über das Silberzeug. Heinrich blieb stehen und trat unruhig von einem Bein auf das andere.
    «Ist noch etwas?», fragte Eva.
    «Wegschicken solltet Ihr den Kerl endlich. Seit Ewigkeiten arbeitet er an den Dominikaneraufträgen, ohne dass viel dabei herausgekommen wäre. Jeder andere hätte in derselben Zeit noch ein Taufbecken dazu geschmiedet.»
    «Er arbeitet gut, Heinrich, und das weißt du auch. Seine Art ist es, die dich immer wieder in Unmut bringt.»
    Sie dachte an die Worte der Freundin. «Er hält sich nicht mit dem Alten auf; er ist ein Mann der Neuen Zeit. Das macht dir Angst, Heinrich.»
    «Angst? Ha! Das Haus bringt er in Verruf, Eva. Habt Ihr gesehen, was er noch so alles geschmiedet hat? Eine Buchschließe für den Drucker Kachelofen, darauf ein Reigen tanzender Mädchen. Nackt, Eva, nackt.»
    Sie zuckte mit den Achseln. «Nun, er wird in Italien gewesen sein. Hinter den Alpen ist es üblich, den Menschen nackt darzustellen. Nur bis hierher ist die neue Mode noch nicht gekommen. Es ist nichts Schlechtes daran, Heinrich.»
    «Trotzdem», beharrte der Alte. «Die Leute brauchen Geschirr und Schmuck, keine Kunstwerke. Mag sein, dass die Italiener sich an der Blöße der Menschen erfreuen. Hier aber herrscht noch Zucht und Ordnung, und ich bete jeden Tag, dass dies so bleibt.
    Außerdem», er zögerte verlegen. «Was außerdem?», fragte Eva ungeduldig. Heinrich wurde rot. «Sorgt dafür, dass er sich einen Waschzuber in seine Kammer holt, Eva.»
    Verwundert sah sie ihn an. «Tut er das

Weitere Kostenlose Bücher