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Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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bringen: «David, der Heiland ist zum zweiten Mal vom Himmel auf die Erde gestiegen. Er bringt dir große Freude: Du bist ausgesucht, die Meisterin zu heiraten.»
    «Sei still», befahl Eva. «Halt den Mund und geh!»
    «Wie du willst», erwiderte Susanne und verschwand.
    Mattstedt war inzwischen aufgestanden und zupfte an seinem Wams.
    «Eva, noch kannst du zurück. Noch ist nichts geschehen. Ich könnte vergessen, was du gesagt hast.»
    Eva schüttelte den Kopf und starrte auf den Boden.
    «Du machst einen großen Fehler», sagte Mattstedt leise, dann hörte sie seine Schritte, das Klappen der Tür und das Knarren der Treppenstufen.
    Eva schluckte. Einen Augenblick lang war sie versucht, Mattstedt zurückzurufen, doch dann fiel ihr Susanne ein. Sie wagt es nicht, zu David zu gehen, dachte Eva, aber sicher war sie sich nicht. Eva eilte aus der Stube hinauf zu seiner Kammer.
    Susanne war ihr doch zuvorgekommen. Sie redete auf David ein, der am Fenster stand, sodass Eva seine Gesichtszüge nicht erkennen konnte. Als sie die Stiefschwester hereinkommen hörte, drehte Susanne sich um und sah Eva spöttisch an.
    «Ich muss mit Euch reden, Geselle», sagte Eva. David nickte und machte eine einladende Handbewegung. Eva schüttelte den Kopf. «Allein möchte ich mit Euch reden. Ich warte in meiner Wohnstube auf Euch.»
    Sie wollte sich umdrehen und gehen, doch Susanne kam ihr zuvor. «Ich gehe. Du kannst bleiben», zischte die Stiefschwester und schlüpfte an Eva vorbei. Bevor sie den Raum verließ, hielt sie inne und sagte wie zu sich selbst: «Mancher Traum wird zum Albtraum, wenn er in Erfüllung geht.» Dann lachte sie hämisch und verschwand.
    David bot Eva einen Platz auf der gepolsterten Wandbank an.
    Eva setzte sich und musste zu ihm hochsehen. «Ich habe mich entschlossen, Euch zu heiraten. Das Bürgerrecht wird Euch zuteil, und der Meisterbrief ist Euch auch gewiss.»
    David lachte. «Und wenn ich nicht will? Was dann, Silberschmiedin?»
    Eva erstarrte. War Susanne wirklich sein Liebchen? Wollte er lieber die Stiefschwester heiraten? Nicht einen einzigen Augenblick lang hatte sie die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass er ihr Angebot ablehnen könnte!
    In diesem Augenblick beugte er sich zu ihr herab, barg ihr Gesicht zwischen seinen warmen Händen und sah ihr tief in die Augen. «Wollt Ihr wirklich den Platz verlassen, an dem Ihr jetzt steht?»
    Plötzlich war sich Eva ganz sicher.
    «Ja, David. Ich bin bereit, diesen Platz zu verlassen, mir den zu suchen, den ich möchte, und die zu werden, die ich bin.» Der Seufzer, den sie ausstieß, kam aus tiefstem Herzen. «Wenn Ihr wüsstet, wie leid ich es bin, immer den Vorstellungen der anderen zu entsprechen. Nein, ich mag nicht länger die Tochter der Pelzhändlerin oder Mattstedts kleine Braut sein. Zeit wird es, Eva zu werden.»
    «Das ist gut, Eva», flüsterte der Mann. «Als meine Frau müsst Ihr die werden, die Ihr wirklich seid. Mit einem Abbild gebe ich mich nicht zufrieden.»
    Seine Lippen lagen weich auf ihrem Mund. Die Wärme seines Körpers durchströmte sie und wischte jeden Zweifel zur Seite.
    Ja, ich werde es allen zeigen, dachte sie. Alle sollen wissen, dass in mir mehr steckt als nur die Tochter der Pelzhändlerin.
    Eva verspürte Triumph. Endlich hatte sie einmal etwas gesagt und getan, was weder die Zustimmung ihrer Mutter noch die Billigung Mattstedts fand.

Kapitel 11
    Niemand wollte Eva so recht beglückwünschen, auch Adam nicht.
    «Eva, ich bitte dich: Der Geselle ist doch kein Mann für dich! Du brauchst einen, der mit Geschick deine Geschäfte leitet, der dich schützt und für dich sorgt. David aber hat anderes im Kopf. Der interessiert sich doch nur für seine eigenen Projekte», versuchte Adam sie zu belehren.
    Eva stand in seinem Laboratorium, betrachtete die zahlreichen Gefäße und rümpfte die Nase über den Geruch, der ihre Schleimhäute kitzelte.
    «Dasselbe kann man auch von dir sagen, Adam. Du holst die Zwillinge zu dir, wann immer du sie brauchst. Du stellst ihnen Fragen über ihre Kindheit, schreibst sogar ihre Träume auf. Du vermisst ihre Körper, und Regina tratscht überall herum, dass sie dir ihre knospenden Brüste zeigen mussten, damit du sehen kannst, ob auch sie gleich sind.»
    «Ich habe die Mädchen nicht angerührt», wehrte sich Adam und hob beide Hände. «Eine Mannslänge entfernt habe ich gestanden, als sie ihre Kleider hoben.»
    «Was fasziniert dich nur so an ihnen?», fragte Eva.
    «Zwillinge sind selten.

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