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Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Für einen Medicus ist es ein Glücksfall, sie beobachten und untersuchen zu können.»
    «Was sollen die Leute denken, wenn sie erfahren, dass du bald jeden Abend mit ihnen hier unten bist?»
    «Eva, versteh doch: Es ist mir vollkommen egal, was die Leute denken. Ich kann darauf keine Rücksicht nehmen. Außer den Mädchen habe ich erst ein einziges Mal Zwillinge gesehen, allerdings ein Pärchen. Die meisten sterben bei der Geburt. Aber Priska und Regina leben! Ich muss sie untersuchen!»
    Eva nickte und wanderte durch den Raum. «Ich verstehe dich, Adam. Doch bist du genauso wie David. Beide wollt ihr euch nicht einschränken lassen, beide seid ihr bereit, alles andere für das Neue zu opfern. Nun, ich werde dich bestimmt nicht bei deinen Zwillingsforschungen stören, doch dafür verlange ich, dass du dich aus meinen Heiratsplänen heraushältst.»
    Meister Faber nahm die Nachricht von der bevorstehenden Verlobung ohne die geringste Reaktion entgegen. Mit unbewegter Miene fragte er, ob David dann auch Meister würde. «Ich bin alt, Eva. Froh wäre ich, könnte ich ein wenig Verantwortung abgeben. David ist ein hervorragender Silberschmied. Über alles andere habe ich nicht zu befinden.»
    «Ihr braucht keine Sorge zu haben, Meister Faber. Zwei Jahre wird es nach der Hochzeit noch dauern, ehe David Anspruch auf den Meistertitel hat. Und ich wäre dankbar, bliebet Ihr uns so lange erhalten.»
    Regina zupfte Eva am Arm: «Müssen wir weg, wenn Ihr verheiratet seid?», fragte sie.
    «Wie kommst du darauf?»
    «Ihr werdet eigene Kinder haben. Vielleicht stören wir dann.»
    Eva setzte sich hin und sah die Zwillinge an. «Ihr seid meine Lehrmädchen, nicht meine Töchter. Meine Heirat hat nichts mit euch zu tun. Ihr seid hier, weil ich beweisen möchte, dass die Herkunft keine Rolle spielt, dass Mädchen aus der Vorstadt zu Bürgerinnen taugen.»
    «Oh, ich kann schon jetzt so gehen wie eine Bürgerin mit Trippen an den Füßen. Ich weiß, dass mich die Lehrbuben zuerst grüßen müssen, wenn ich ihnen auf der Gasse begegne. Und dass ich die Augen niederschlagen muss, wenn mir einer ins Gesicht sieht.»
    Eva runzelte die Stirn. «Du bist oft bei Susanne, nicht wahr, Regina?»
    Das Mädchen lächelte stolz und nickte. «Wenn ich weiter so fleißig rohe Eier esse, sagt Susanne, dann werde ich bald einen ebenso großen Busen haben wie sie.»
    «Ist es das, was dir wichtig ist?», fragte Eva ungläubig. Regina nickte. «Einen Mann will ich haben. Und mit einem großen Busen kriege ich einen, auch wenn ich ein Zwilling bin. Ihr habt mich aus der Vorstadt geholt, und ich werde Euch beweisen, dass ich eine gute Bürgersfrau abgeben werde.»
    «Und du, Priska? Was willst du?»
    «Eine Silberschmiedin werden wie Ihr.»
    «Zeigt mir, was ihr in den letzten Wochen gelernt habt», forderte Eva. Regina zeigte ein verbogenes Blechstück hervor.
    «Was soll das sein?», fragte Eva.
    «Ich habe verschlichtet», behauptete das Kind voller Stolz.
    «Und du, Priska?»
    Das Mädchen senkte den Blick zu Boden und sagte leise: «Meister Faber hat mir gezeigt, wie man das Feuer so heiß schürt, dass man darauf schmieden kann. Man muss Buchenholzscheite nehmen und dann mit dem Blasebalg das Feuer von drei Seiten zugleich schüren. Nur so wird es schnell so heiß, dass man Metalle darauf schmelzen kann.»
    Regina lachte höhnisch und zeigte mit dem Finger auf ihre Schwester: «Willst du etwa ein Feuerknecht werden? Wozu ist Heinrich da? Es ist seine Aufgabe, Scheite zu schlagen, zu schleppen und den Brennofen zu heizen.»
    Regina schubste ihre Schwester in die Seite.
    Eva aber strich Priska über den Kopf. «Du machst es richtig. Nur der, der alle Handgriffe in einer Werkstatt beherrscht, wird ein guter Gold- und Silberschmied werden.»
    Reginas Gelächter verstummte. «Wir werden ja sehen, wer eher eine Bürgersfrau wird: Priska mit dem Herdfeuer oder ich», sagte sie mit finsterer Miene.
    Eva wollte zu einer Erwiderung ansetzen, als Susanne die Werkstatt betrat.
    Regina strahlte über das ganze Gesicht, als sie Susanne sah. Sie schmiegte sich an sie, und Susanne strich ihr über den Kopf. Priska stand daneben, kratzte mit dem Fuß auf dem Boden herum und hielt den Blick gesenkt.
    Eva sah es, doch sie sagte nichts dazu. Stattdessen blickte sie Susanne fragend an. Susanne übergab ihr einen Brief, den ein berittener Bote aus Frankfurt gebracht hatte. Eva nahm ihn und ging damit in ihre Kammer. Das würden bestimmt keine Glückwünsche

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