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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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Siebensteine aus der Ebene, die so viel Leid gesehen und gekostet hatte. Stumm warteten die Heere der Ohtanis und Wyants auf den Beginn der Schlacht. Tajima wandte den Kopf und betrachtete die langen Reihen der schweigenden Soldaten: harte Gesichter, von vielen Kämpfen gezeichnet und vom Hellglanz des Höllenfeuers verbrannt; nervöse Kampfhybriden; geschärfte Waffen. Tajima vermißte die Gegenwart seines Intimfreunds. In den vergangenen Tagen, in denen sie zum Streitland unterwegs gewesen waren, hatte er eine Reihe von Angeboten zum Beginn einer Intimbeziehung erhalten, sie aber alle dankend abgelehnt. Man hatte es ihm verziehen. Schließlich lag der Tod Ahiron Suslas noch nicht lange zurück, und man gestand ihm traditionsgemäß eine gewisse Trauerzeit zu.
    Er versuchte, die langsam in ihm keimende Angst zu unterdrücken. Es gelang ihm nur unvollständig. Denn er wußte, daß er diesmal sterben würde. Es war nicht einfach nur eine vage Furcht, es war Gewißheit. Er rief sich in der Stille die Lehrunterweisungen der Außenweltlerin ins Gedächtnis zurück.
    Die bekannte Zeremonie wiederholte sich: Anfeuerungsrufe des Kriegsherrn, dann die Beschwörungen des Gebundenen Propheten, dann erneute Stille. Aimin Ohtani war diesmal in einen glitzernden Kampfanzug gekleidet, der andeutete, daß er aktiv an der Schlacht teilzunehmen gedachte.
    Und schließlich …
    Der Fanfarenklang, der den Beginn der Schlacht anzeigte.
    Der Kampfgruppenleiter gab das Signal, und zweihundert Streitlibellen stiegen steil empor. Tajima beobachtete, wie das Streitland unter ihm hinwegfiel. Die Höhenwinde streichelten seinen Körperpanzer. Automatisch berührte er Nervenknospen am Rudimentärhals seiner Streitlibelle. Er dachte an die Außenweltlerin. War sie hier? Wartete sie bereits und beobachtete nun die Schlacht? Überrascht stellte er fest, daß ihm die Gegenwart der Außenweltlerin plötzlich viel bedeutete. Er hätte es bedauert, hätte er sich allein auf den weiten Weg zum Mreydtor machen müssen. Rovaria Louca hatte etwas in ihm geweckt, das er sich nicht zu erklären vermochte.
    »Ho!« ertönten die Rufe der Libellensoldaten. Bolzenschleudern wurden erhoben, Giftprojektile abgefeuert. Gegnerische Flieger stürzten ab, dem Kampfgetümmel des Streitlands entgegen. Der Brennatem feindlicher Xanthippen zog qualmende Spuren durch die Hohen Winde. Tajima wich ihnen aus und registrierte nur am Rand, daß sie es diesmal mit einer Übermacht von Feindlibellen und -xanthippen zu tun hatten. Die Lage war alles andere als günstig. Eine der Wyantlibellen kam nahe an ihn heran. Tajima ließ seinen Flieger abkippen und schleuderte ein Klebnetz auf den Gegner. Der Wyantsoldat riß das Schwert empor und schlug eine Lücke in den entstehenden Kokon.
    Die beiden Streitlibellen prallten weit über der Ebene gegeneinander. Beißzangen verkeilten sich; Giftdrüsen katapultierten ihren tödlichen Inhalt davon. Die Libellen waren immun, die Soldaten nicht. Tajima wich der Nebelwolke aus, hob das Schwert und grub es tief in den Leib des Wyantsoldaten. Ein Schrei, dann ein sterbender Mann, der vom Himmel stürzte. Tajima berührte erneut einen Nervenpunkt, und seine Libelle drehte ab. Ein Giftbolzen in eins der Facettenaugen des feindlichen Fliegers, und auch er stürzte in die Tiefe. Von oben ertönte der Jubel- und Lobesschrei des Kampfgruppenleiters.
    Er lenkte Tajima für einen Augenblick ab.
    Seine Streitlibelle flog direkt in den Feueratem eines Feinddrachen hinein. Transparentschwingen verkohlten. Der Flieger trudelte dem Streitland entgegen.
    Tajima versuchte verzweifelt, den Absturz in einen kontrollierten Gleitflug zu verwandeln. Wenn er aus dieser Höhe auf das Ödland prallte, wurde sein Körper zerschmettert, und dann war nicht mehr viel übrig, das sich noch hätte regenerieren können.
    Rasch kam die Ebene näher. Die Streitlibelle war halb betäubt und schlug nur langsam mit den beiden ihr noch verbliebenen Flügeln, die ebenfalls angesengt waren. Mit der Handkante schlug Tajima auf eine Nervenknospe, und die Libelle stieß einen schmerzerfüllten Zirplaut aus.
    »Komm schon. Schneller. Flügel hinauf und wieder herunter. Komm schon, ehrjai. Schlaf nicht ein!«
    Der Aufprall …
    Es riß Tajima aus dem Sattel. Es schleuderte ihn davon. Und wie durch ein Wunder blieb er unverletzt. Er sprang auf die Beine. Seine Streitlibelle verendete einige Dutzend Meter hinter ihm. Sie war am Rand des Schlachtfelds abgestürzt. Tajima sah hinauf. Zwei

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