Die Sirenen von Kalypso
Libellen kamen aus der Sonne. Er erkannte die Körperpanzer mit den Symbolen des Ohtaniclans. Zwei Soldaten aus seiner Kampfgruppe, die ihm zu Hilfe eilten.
Drei Katapultgeschütze erhoben ihre donnernden Stimmen. Das eine Geschoß fegte die erste Libelle vom Himmel, das andere zerfetzte den Reiter der zweiten. Tajima duckte sich, zückte sein Schwert und setzte sich wieder in Bewegung. Er sprang über Tote und Sterbende hinweg, blockte den Schlag eines Wyantsoldaten ab und feuerte seine Bolzenschleuder ab. Schneller, immer schneller. Er blickte auf. Das Höllenfeuer war immer noch weit vom Horizont entfernt. Noch ein oder zwei Stunden bis zur Dämmerung und dem Beginn der Zwischennacht und damit dem heutigen Ende der Schlacht. Wenn er jetzt starb, ging er das Risiko ein, unter einer abstürzenden Libelle zerschmettert zu werden und sich nicht regenerieren zu können. Er mußte zu den Linien der Ohtanisoldaten zurückkehren und weiterkämpfen, bis seine Zeit gekommen war.
Ein Landhai kroch ihm auf Dutzenden von Knorpelflossen entgegen. Der Sattel war leer und blutbefleckt. Das mit Spitzzähnen bewehrte Maul schnappte nach ihm. Sein Körperpanzer knirschte. Erneut schlug er mit dem Schwert zu, und der Landhai starb, ohne seine Kiefer zu entspannen. Tajima benötigte einige Minuten, um mit einem seiner Messer die Spitzzähne des Haies aus seinem Körperpanzer zu lösen. Einige hatten das Schutzmetall durchstoßen und sich in seinen Oberschenkel gebohrt. Die Wunde schmerzte; er kümmerte sich nicht darum. Weiter. Den eigenen Reihen entgegen. In der Ferne ertönten die Anfeuerungsrufe einiger Kameraden. Tajima lächelte gezwungen. Der kalte Zorn war in ihm erwacht. Er trieb ihn vorwärts. Er verdrängte Müdigkeit und Schwäche. Er ließ ihn das Schwert schwingen und immer wieder die Bolzenschleuder abfeuern. Er wich heranrückenden Segmentern aus, sprang zur Seite, wenn der Schatten einer Streitlibelle sich über ihn legte. Giftbolzen schabten über seinen Körperpanzer.
Und langsam wurden die Schatten länger. Das Höllenfeuer kroch weiter dem Horizont entgegen. Sein Brennschein verblaßte im heraufziehenden Dunst. Blutlachen, die im durstigen Boden des Streitlands versickerten, wirkten im verblassenden Licht noch düsterer. Tajima nahm den süßlichen Duft wahr, aber es kümmerte ihn nicht. Seine Sinne waren abgestumpft unter der Wirkung des kalten Zorns.
»Kommt her!« schrie er und hob sein Schwert. »Hier bin ich. Ein Ohtanisoldat. Kommt her.«
Er blieb stehen und lehnte sich gegen einen Felsbrocken.
Der vermeintliche Fels veränderte sich in dem Augenblick, in dem er ihn berührte. Zwei Steinarme umfaßten ihn und fesselten ihn und drückten zu. Sein Körperpanzer knirschte.
Tajima hieb mit seinem Schwert zu. Die Schneide kratzte über Stein und schlug Funken.
Ein Chamäleon. Er hatte es nicht wissen können. Es war Pech. Sie waren teuer und noch seltener als Giftbringer. Sie waren stationär. Aber sie waren auch unbesiegbar. Tajima wußte das. Und er wußte auch, daß der Augenblick seines Todes gekommen war.
Kämpfe! rief die Stimme des kalten Zorns in ihm. Laß nicht nach. Vielleicht hast du doch noch deine Chance. Kämpfe, Soldat.
Er hieb mit dem Schwert um sich. Wieder und immer wieder. Bis seine Kräfte zu erlahmen begannen und das Schwert in seiner Hand tonnenschwer geworden war. Die Steinarme drückten seinen Körperpanzer immer noch zusammen. Sie preßten ihm die Luft aus den Lungen. Sie drohten ihn zu zerquetschen.
Der Stein verwandelte sich und wurde zu einer Bodenmeduse, die ihre Nesselfäden durch winzige Lücken in Tajimas Panzer hindurchschickte. Er spürte die brennenden und schmerzenden Berührungen.
Es war soweit.
Doch der kalte Zorn beeinträchtigte die Konzentration. Er lenkte ihn ab und drängte ihn weiterzukämpfen.
In der Ferne ertönten die Fanfaren und deuteten das Tagesende der Schlacht an. Der Druck auf seiner Brust ließ im gleichen Augenblick nach. Langsam sank Tajima Nimrod auf den Boden. Seine Beine bewegten sich zitternd. Ein Reflex, der ihn wieder in die Höhe bringen sollte. Er öffnete die Augen. Ein Gesicht war über ihm.
»Es tut mir leid, Kamerad«, sagte der Ohtanisoldat. »Ich bin zu spät gekommen.«
Tajima wollte antworten, doch seine Stimme versagte.
Er starb.
5.
Die Herstellung des zulässigen Kriegsmaterials obliegt einzig und allein der Asketischen Kirche. Sollte dieses Monopol gebrochen werden, so wird die Kirche darauf mit abgestuften
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