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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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Gegenmaßnahmen antworten, die einen Kirchenkrieg nicht ausschließen, wie er vor vielen Jahrhunderten einmal stattgefunden hat. Es ist besser, das Monopol in den Händen der Kirche zu belassen, denn nur sie verfügt über die zur Herstellung von Hybriden und Spezialmenschen notwendige jahrhundertelange Erfahrung.
    Die Alten Regeln
     
    Wohl dem, der weiß, wo sich ein Mreydtor befindet. Ihm steht das Universum offen. Doch hüte dich, du Glücklicher. Denn Wissen und Wunsch und Neugier bringen auch Gefahr mit sich. Die Tore werden bewacht von Phantasiegeschöpfen, und ihre Macht ist groß. Erst wenn du sie überwunden hast, kannst du die Reise ins Nirgendwo antreten. Sieh dich vor, oh du Glücklicher. Behalte dieses Wissen für dich. Denn es gibt viele andere, denen es nach dem Duft ferner Welten gelüstet. Und einige von ihnen mögen aus anderen Motiven handeln, als du, oh Sternenreisender. Sei wachsam. Sei schweigsam. Und koste den herrlichen Geschmack des Universums.
    Mreyd-Sage
     
    Als Tajima Nimrod die Augen öffnete, glommen die vielen Lichter weit über ihm am Himmel. Lange Zeit war er desorientiert. Er spürte einen Körper, aber er hatte den Eindruck, es sei nicht der seine. Er betrachtete die Welt der Zwischennacht, aber etwas in ihm glaubte, sie sei nicht wirklich. Lauer Wind strich mit seinen unsichtbaren, ausgebreiteten Armen über das stumme Land und streichelte Steine, Sand und in der Hitze des Höllenfeuers verdorrte Gräser. Tajima blieb eine Zeitlang regungslos liegen.
    Etwas war schiefgegangen.
    Er spürte es ganz deutlich. Er nahm den Schmerz in sich wahr: eine heiße Flamme, die mal heller, dann blasser brannte. Er lenkte die Stimme seines Ichs nach innen, so, wie er es von Rovaria Louca gelernt hatte. Der Schmerz ließ nach, verschwand aber nicht völlig. Vorsichtig ging er dann daran, seinen Körper zu überprüfen. Er bewegte Arme und Beine, und seine Muskeln gehorchten ihm.
    Ich bin gestorben, dachte er. Und ich bin wiedergeboren. Es ist gelungen. Aber ist meine Mentalabhängigkeit auch wirklich verschwunden?
    Es gab keine Möglichkeit für ihn, das festzustellen. Er würde es in den nächsten Tagen merken, dann, wenn er durch das weite Land schritt, dem Mreydtor entgegen. Wenn er einen Fehler während des kontrollierten Todes gemacht hatte, dann würde ihn das Fieber erfassen und danach der Heißschmerz.
    Geräusche waren in der Nähe. Tajima wandte den Kopf. Die Monde waren noch nicht aufgegangen, aber es war eine klare Zwischennacht ohne Dunst. Und der Glanz der vielen Lichter reichte aus, um die Umgebung erkennen zu können.
    Das Streitland war von den Leichen vieler Soldaten und den Kadavern ihrer Reittiere bedeckt. Der Wind trug den Duft des Todes mit sich: süßlich, widerwärtig. Tajima sah die Fleischberge der Aufräumer, die sich mit ausgebreiteten Schaufelarmen durch das Heer der Toten arbeiteten, innehielten, wenn sie genug Leichen eingesammelt hatten und dann zu den Sammelwagen der Asketischen Kirche zurückkehrten, die am Rand des Streitlands warteten. Die Mönche waren dunkle Schemen am Horizont. Ab und zu bewegten sie sich.
    Einer der Aufräumer kroch in seine Richtung. Tajima lag etwas abseits der toten Soldaten. Sensorknospen fächelten. Er rührte sich nicht und hielt den Atem an. Der Aufräumer breitete die Schaufelarme aus und sammelte die Überbleibsel ein, die einige Dutzend Meter von Tajima entfernt waren.
    Behutsam und ganz langsam richtete sich Tajima auf. Etwas stimmte mit seinem Körper nicht. Etwas war nicht in Ordnung. Er sah an sich hinab.
    Das linke Bein war angeschwollen und beinah doppelt so dick wie das rechte. Und an der linken Hand fehlten die Finger.
    Ein Fehler, dachte Tajima und fluchte. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich bin wiedergeboren. Aber nicht als Soldat, sondern als Krüppel.
    Der Aufräumer unterbrach seine Arbeit und drehte sich zu ihm um. Tajima erstarrte zu einer bewegungslosen Säule. Er betrachtete die glitzernden Augenpunkte des Spezialhybriden. Er wagte nicht einmal zu atmen.
    Der Hybride ließ die Schaufelarme sinken und stieg über einige Soldatenleichen hinweg. Meter um Meter kam er Tajima näher, und die Sensorknospen fächelten schneller und nervöser. Es war ein beeindruckendes Geschöpf. Tajima hatte nie Gelegenheit gehabt, eins aus der Nähe zu betrachten. Aus den Augenwinkeln beobachtete er die Schatten der Mönche. Noch waren sie nicht aufmerksam geworden, aber es konnte nicht mehr lange dauern, und sie mußten bemerken, daß

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