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Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Titel: Die Sisters Brothers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick deWitt
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sollten wir unbedingt tun.«
    Wir wollten gerade auf die Pferde steigen, als wir am anderen Ufer den Jungen und Lucky Paul aus dem Wald kommen sahen. Er hatte frisches Blut im Gesicht und sah aus wie eine Leiche auf Urlaub. Er sah mich noch und hob die Hand, dann fiel er vom Pferd und rührte sich nicht mehr. Sein Pferd Lucky Paul beachtete ihn nicht, sondern trottete stur weiter. Es wollte ans Ufer zum Saufen.

Wir tauchten den Jungen ebenfalls ins Wasser, worauf er sofort hochfuhr. Er freute sich, als er uns sah, und bemerkte amüsiert: »In einem Fluss bin ich bisher noch nie wieder zu mir gekommen«, und klatschte mit der flachen Hand aufs Wasser. »Meine Güte, ist das kalt .«
    »Was ist denn mit dir passiert?«
    »Hinten am Waldrand bin ich berittenen Trappern begegnet. Es waren vier, und sie sagten, sie suchten nach dem roten Bären. Als ich sagte, ich hätte aber keinen gesehen, schlugen sie mir einen Knüppel auf den Kopf. Davon bin ich umgefallen, und sie ritten lachend weg. Später, als ich wieder zu mir kam, stieg ich auf den guten alten Paul, und der führte mich direkt zu euch.«
    »Er hat bloß das Wasser gerochen«, sagte Charlie.
    »Das stimmt nicht«, sagte der Junge und tätschelte Lucky Paul den Kopf. »Er dachte nur an mich und hat getan, was nötig war.«
    Charlie sagte: »Du klingst schon ganz wie mein Bruder. Der hat auch diesen Pferdetick.« Dann zu mir: »Warum tut ihr euch nicht zusammen und macht einen Verein auf?«
    »In welche Richtung sind die Männer geritten?«, fragte ich den Jungen.
    »Verein zum Schutz der debilen Klepper«, sagte Charlie.
    Worauf der Junge sagte: »Sie sagten etwas von Mayfield. Da wollten sie hin. Ist das eine Stadt? Vielleicht ist mein Vater ja auch dort.«
    »Mayfield heißt der große Boss in dieser Gegend«, erklärte ich Charlie – und auch alles Weitere, was ich von dem Goldsucher erfahren hatte. Dass es eine Belohnung von hundert Dollar gab für denjenigen, der Mayfield das Fell dieses ominösen Bären brachte. Worauf Charlie nur sagte, dass man schön blöd sein müsse, um hundert Dollar für ein Bärenfell zu zahlen. Der Junge, der sich gerade das Blut vom Gesicht wusch, aber mitgehört hatte, sagte daraufhin, hundert Dollar würden ihm schon reichen, um den Rest seines Lebens damit auszukommen. Ich deutete auf das Zelt und sagte, er könne sich ans Feuer setzen und auch das Zelt benutzen, was er irgendwie missverstand. Er sagte nämlich: »Aber ich dachte, ich könnte mit euch kommen.«
    »Auf keinen Fall«, sagte Charlie. »Das war bloß ein Witz, und mir ist nicht mehr nach Witzen.«
    »Aber die Berge liegen doch hinter uns. Von hier an kann Lucky Paul locker mithalten.«
    »Das hast du vor dem Pass auch gesagt.«
    »Auf der Ebene geht er ab wie ein geölter Blitz.«
    »Ich sagte nein, und dabei bleibt es«, entgegnete Charlie.
    Der Junge sah mich hilfesuchend an, aber ich konnte ihm auch nur sagen, dass er auf sich allein gestellt sei. Er fing an zu weinen, und Charlie wollte ihm schon eine kleben, doch ich ging dazwischen, und Charlie machte sich stattdessen daran, unsere Sachen zusammenzupacken. Ich weiß nicht, woran es lag oder was mit dem Jungen nicht stimmte, aber sogar ich war bei seinem Anblick versucht, ihm eins in die Fresse zu hauen. Es war eine Visage, die geradezu nach Schlägen verlangte. Daraufhin weinte er richtig, kriegte sich gar nicht mehr ein, sodass ihm die Rotzglocken nur so aus der Nase blubberten, erst aus dem rechten Loch und dann, als man schon dachte, es wäre vorbei, auch aus dem linken. Ich erklärte ihm, dass wir uns auf gar keinen Fall um Kinder kümmern könnten, da unser weiterer Weg gefährlich sei und wir schleunig vorankommen müssten, womit ich aber nichts ausrichtete, da sein Elend förmlich über ihm zusammenschlug. Gut möglich, dass er meine Worte einfach überhörte. Trotzdem stellte er kurz darauf seine Heulerei ein, und wenn auch nur, weil er fürchtete, andernfalls auch von mir Dresche zu beziehen. Ich führte ihn etwas beiseite, holte den Tabaksbeutel aus meiner Satteltasche und zeigte ihm das Gold. »Das kannst du haben. Damit kommst du zurück nach Hause. Und wenn du willst, zu deinem Mädchen. Aber lass dir unterwegs nicht den Schädel einschlagen, sonst war alles umsonst. Im Zelt liegt noch Pferdefleisch. Ich schlage vor, du und dein Pferd Lucky Paul, ihr ruht euch ein bisschen aus. Und morgen früh reitest du zurück, am besten auf demselben Weg, den du gekommen bist.« Ich gab ihm den Beutel mit

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