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Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Titel: Die Sisters Brothers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick deWitt
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kehrte ins Hotel zurück, denn ich wollte nichts als schlafen. Charlie blieb bis zum folgenden Morgen verschwunden, aber er war vor mir wach, gewaschen und frisch rasiert. Anders als sonst um diese Zeit waren seine Wangen einmal nicht bleich und seine Bewegungen kontrolliert, sodass ich schon dachte, unsere Auseinandersetzung am vergangenen Abend habe diesen Wandel bewirkt. Ja, das war meine Hoffnung: dass er sich entschlossen hatte, halbwegs nüchtern zu bleiben und früh aufzustehen, um so auch mir das Leben leichter zu machen. Vielleicht wäre er dann sogar in der Lage, meine moralischen Bedenken zu verstehen. Doch dann sah ich seine Revolvergriffe. Sie waren geputzt und poliert, genau wie immer, wenn ein Auftrag kurz vor dem Abschluss stand. Seine Entscheidung, ausgeruht und unverkatert den Tag zu beginnen, hatte nichts mit mir zu tun. Er wollte für den Mord an Warm und Morris nur bestens vorbereitet sein. Schweren Herzens erhob ich mich und setzte mich an den Tisch. Aber ich konnte ihn nicht angucken, und er sagte: »Jetzt spiel nicht die beleidigte Leberwurst, das bringt sowieso nichts.«
    »Mit beleidigter Leberwurst hat das nichts zu tun.«
    »Von mir aus. Solange du deine Arbeit tust. Danach darfst du gerne wieder beleidigt sein.«
    »Ich bin nicht beleidigt.«
    »Dann sieh mich an.«
    Ich sah ihn an. Vor mir stand ein Mann, an dem nicht das Geringste auszusetzen war, und genau so verhielt er sich auch: absolut ruhig. Ich fragte mich nur, was er umgekehrt in mir sah, mit meinen zerzausten Haaren, demSchmerbauch im schmutzigen Unterhemd, mit meinen geröteten Augen, in denen sich Kränkung und Misstrauen festgesetzt hatten. Dann hatte ich die Antwort, ganz plötzlich war sie da: Ich war einfach kein Killer. Ich war es nie gewesen und würde es nie sein. Doch Charlie war es eben gelungen, mich zu manipulieren und aufzustacheln, etwa so, wie man vor einem Hahnenkampf die Hähne scharf macht. Ich dachte: Wie oft habe ich schon auf fremde Leute geschossen und in meinem Herzen war nichts als Wut und Aufruhr? Aufruhr nur deshalb, weil der Fremde auf meinen Bruder Charlie schoss und weil meine Seele forderte, mein eigen Fleisch und Blut zu beschützen. Wie konnte ich sagen, Rex sei nichts weiter als ein sprechender Hund – wenn Charlie und der Kommodore mir so leicht eine Arbeit zuweisen konnten, für die man in die Hölle kommt? Ich sah sie vor mir, wie sie zusammen in ihrem Herrenzimmer sitzen, die Köpfe umhüllt von Zigarrenrauch. Wie müssen sie über mich gelacht haben, über den Kerl, der da draußen in Eis und Schnee mit seinem komischen Pferd warten musste. Wohlgemerkt, das war keine Fantasievorstellung, es war genau so passiert. Ich wusste, es war die Wahrheit. Und es würde wieder passieren, so lange, wie ich es zuließ.
    Ich sagte: »Das ist mein letzter Auftrag, Charlie.«
    Ungerührt antwortete er: »Ganz, wie du willst, Bruderherz.«
    Der Rest des Morgens verging mit Waschen und Packen und allgemeinen Reisevorbereitungen, nur dass zwischen uns kein einziges Wort mehr gewechselt wurde.

Am Stalltor kam der Alte auf mich zu.
    »Wie geht es ihm?«, fragte ich.
    »Er hat gut geschlafen. Keine Ahnung, wie er sich reiten lässt, aber er hat sich zumindest besser erholt, als ich dachte.« Er gab mir eine Flasche mit Alkohol. »Das zweimal täglich«, sagte er. »Morgens und abends, bis alles verbraucht ist. Sie sollten ihn aber vorher irgendwo anbinden. Dann drüber mit dem Zeug und in Deckung gehen, einen besseren Rat habe ich nicht.«
    »Haben Sie es heute schon gemacht?«
    »Nein, und ich habe es auch nicht vor. Sie haben ja gesehen, wie es geht. Ab jetzt ist es Ihr Problem.«
    Ich machte die Flasche auf, um die Sache hinter mich zu bringen. Ging auf mein Pferd Tub zu. Doch der Stallmeister sagte: »Mir wäre es lieber, wenn Sie das draußen machen. Ich habe die Box gerade erst repariert.« Er deutete auf das mit alten Holzlatten nur notdürftig geflickte Loch in der Wand. Ich führte mein Pferd Tub also vor die Tür und band ihn an der Pferdestange an. Die leere Augenhöhle war verklebt von geronnenem Blut und Eiter, und ohne Augapfel hing das Lid traurig herunter. Ich begoss das Ganze mit reichlich Alkohol und sprang sofort zurück. » Hiiiiiiii! «, machte mein Pferd Tub und keilte und buckelte und gab an Pferdedung und -pisse alles ab, was da war. »Tut mir leid, mein Freund«, sagte ich, »ist nicht böse gemeint.« Danach ging es ihm besser, und ich holte den Sattel aus dem Stall. Dort war auch

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