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Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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nahm er Anlauf, stürzte durch das Tor ins Haus und verschwand im Treppenhaus.
      Es waren noch keine fünf Minuten vergangen, als Turiddru Macca wieder aus den Rauchschwaden auftauchte und die reglose Donna Nunzia auf dem Rücken trug.
    »Ist sie ohnmächtig?« erkundigte sich Puglisi.
    »Nein, der Herr. Ich habe ihr eine Ohrfeige gegeben.«
    »Und warum?«
      »Sie weigerte sich, im Nachthemd inmitten all dieser Männer das Haus zu verlassen.«
       »In diesem Haus Feuer kaputt«, erklärte der Ingenieur, und seine Stimme kiekste beinahe vor Glück. »Wer wohnt oben?« Der Kommissar blickte in die Höhe.
    »Im zweiten Stockwerk wohnt Frau Concetta Riguccio. Aber von ihr hat man nichts gehört und gesehen. Bei»Nur wer ein echter Kerl ist, kann solche Gefühle hegen«, dachte Don Pippino Mazzaglia mit einer Mischung aus Neid und Mitleid, während er der Rede des jungen Nando Traquandi lauschte, der in geheimer Mission aus Rom gekommen war und den er seit einer Woche in seinem Landhaus versteckt hielt. Er war hager mit roten Locken und trug eine Brille, hinter der weit aufgerissene Augen blitzten. Mit der linken Hand kratzte er sich von Zeit zu Zeit den spärlichen Spitzbart ums Kinn. Mit der rechten Hand führte er alle fünf Minuten ein Spitzentaschentuch an die Lippen, um die weißen Speichelreste in den Mundwinkeln zu trocknen.
    Traquandi war mit zwei Empfehlungsschreiben in Sizilien eingetroffen: das eine stammte aus der Feder Napoleone Colajannis und das andere von dem Parlamentarier Pantano. Sie baten darin die Freunde und Anhänger von Mazzini um Kost und Logis, Ausrüstung und Beistand für den jungen Mann, den sie als Ausführer eines ebenso geheimen wie gefährlichen Auftrags auswiesen. Pippino Mazzaglia war diesen Forderungen nachgekommen, doch schon bei den ersten Worten, die er mit dem Fremden gewechselt hatte, war ihm klar, daß er sich von diesem nichts als Unbill erwarten durfte. Ein picciotto kannte nur die eine Wahrheit, nach der Weiß nichts anderes als Weiß und Schwarz nichts anderes als Schwarz ist. Ihm fehlte das notwendige Alter, um zu begreifen, daß, wenn das Weiß dem Schwarz ganz nahekommt, es beinahe berührt, sich zwischen den beiden fortgeschrittener Abendstunde, wenn das Dunkel noch nicht zur Schwärze der Nacht geworden ist und man eine Menschengestalt leicht mit einem Baum verwechselt. Doch Gedanken dieser Art waren dem picciotto fremd, offensichtlich wußte er sehr wohl, wohin er seine Schritte lenken mußte, wenn die Nacht hereinbrach.
      »Wie unsympathisch er doch ist!« dachte Mazzaglia bei sich, während der andere in einem fort redete. »Ich fühle mich dreißig Jahre zurückversetzt, als ich vor das Gericht der Bourbonen geschleppt und zu zehn Jahren schweren Kerkers verurteilt wurde. An dieser Schmach ging ich beinahe zugrunde. Und das bedeutet, daß auch ich seinerzeit ein solcher Idiot war wie der hier.«
      »Ich habe andere Unterlagen bei mir, die belegen, daß die Lage sich aufs äußerste zugespitzt hat«, fügte der junge Mann in einem Atemzug hinzu. »Ich lese euch einige Abschnitte aus einem Bericht an den Minister vor, den wir, ich verrate euch aber nicht wie, an uns bringen konnten.«
      Er rückte sich die Brille zurecht, streckte die Hand mit dem Taschentuch in die Mappe voller Papiere und kramte herum. Genau in diesem Augenblick ergriff Ninì Prestìa das Wort. Seit Beginn ihrer Versammlung hatte er den Römer keine Sekunde aus den Augen gelassen.
      »Und ich bin nicht hier, um Sie über dieses Wie auszufragen, da mir das Wie scheißegal ist.«
    Der junge Mann sah ihn verdutzt an. Die Heftigkeit, die
      »Wenn sie nichts damit zu tun hat, warum fragen Sie dann?«
    »Weil mir das so in den Kram paßt.«
    »Dann stellen Sie schon Ihre Frage.«
      »Wir, die wir hier um den Tisch herumsitzen, sind ohne Sie vier Mann. Pippino Mazzaglia, ich, Cosimo Bellofiore und Decu Garzìa. Wenn Sie nun, nehmen wir einmal an, mitbekämen, daß einer von uns Sie anzeigen wollte, um Sie verhaften zu lassen, was würden Sie als erstes tun?«
      »Dem würde ich in den Kopf schießen«, erwiderte Traquandi ohne zu zögern.
      »Ohne ihn auch nur nach dem Grund gefragt zu haben, warum er das tun will?«
      »Was juckt mich denn, warum er das machen will? Das interessiert mich einen Dreck, das ist verdammt noch mal seine Angelegenheit. Ich schieß' ihm einfach in den Kopf, und damit hat es sich. Aber verzeihen Sie, warum stellen Sie mir eine solche

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