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Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Frage?«
    »Lassen Sie es gut sein, es ist nicht weiter wichtig.«

    Pippino Mazzaglia spürte eine heftige Hitzewallung in der Brust, die ihm die Tränen in die Augen trieb. Ninì Prestìa war sein treuer Freund aus alten Zeiten. Mit ihm konnte er zu jeder Stunde offen und freimütig reden, mit ihm hatte er dreißig Jahre Schreckensherrschaft, Verfolgungen, hätte Peppino laut gesprochen, war Ninì seinen Überlegungen und Ansichten über den Römer gefolgt. Mazzaglia sah zu dem Freund hinüber und hatte die Augenlider halb geschlossen, um zu vermeiden, daß ihm die Tränen hervortraten: alt war Ninì geworden, die Haare waren grau und die Augen ein wenig trüb. Mit einemmal wurde ihm klar, daß er sein Ebenbild vor sich hatte. Da überkam ihn der heilige Zorn, und er schloß sich Prestìa an:
      »Haben Sie noch eine Minute Geduld, Herr Traquandi. Wenn Sie offensichtlich über alles Bescheid wissen, will ich Sie noch etwas anderes fragen.«
      Der römische Fremde zog die Hände aus der Tasche und legte sie wortlos auf den kleinen Tisch, als wolle er ergeben zuhören. Aber er zeigte großen Unwillen, und Mazzaglias Abneigung gegen ihn wuchs.
    »Meine Frage soll keine Zeitverschwendung sein, wie es
    Ihnen vielleicht vorkommen mag. Seitdem diese Geschichte mit dem Bierbrauer losgegangen ist, frage ich mich unaufhörlich, warum der Präfekt von Montelusa sich in den Kopf gesetzt hat, mit dieser Oper, die keiner will, das Theater von Vigàta einzuweihen. Wie ich erfahren habe, geht es ihm dabei nicht um Geld, noch ist der Komponist mit ihm verwandt, auch geht er mit keiner der Sängerinnen ins Bett. Warum also hat er das getan? Um sein Ziel zu verfolgen, hat er zwei Mitglieder des Verwaltungsrats des Theaters zum Rücktritt gezwungen,
      »Dann sage ich Ihnen, daß der Präfekt einfach eine Demonstration seiner Macht geben will. Er will zeigen, wie stark die Regierung ist, die er repräsentiert.«
    »Das ist zu einfach.«
    »Sehen Sie? Diese ganze Fragerei nach dem Warum und
    dem Warum-nicht führt bloß dazu, daß man gar nichts mehr tut, weil man nicht mehr weiß, was man tun und lassen soll. Die Wahrheit ist, daß jeder Versuch, den Gegner zu begreifen, den Anfang von Verhandlungen mit ebendiesem Gegner bedeutet. Reden, diskutieren, verstehen, das ist etwas für …«
    »Alte Leute?« unterbrach ihn Mazzaglia.
    »Es tut mir leid, doch genauso kommt es mir vor.«
      Er neigte den Kopf, zog ein Blatt Papier aus der Tasche und zeigte es den Anwesenden.
      »Das ist der Geheimbericht des Polizeipräsidenten von Palermo, Albanese, an den Innenminister Medici. Ich zitiere also die Worte eines unserer schlimmsten Gegner.«
      »Nein«, entgegnete Ninì Prestìa darauf schlichtweg, wobei er ihn weiterhin prüfend musterte.
    »Was soll das heißen?«
    »Das heißt, daß meine schlimmsten Gegner, wie Sie sich
    ausdrücken, nicht Leute wie Albanese sind. Albanese gehört nämlich nicht dem Menschengeschlecht an, sondern ist einer von den Scheißhaufen, wie sie das Menschengeschlecht täglich hervorbringt.«
    unverschämt, bei der italienischen Regierung einen Rentenantrag zu stellen. Der Oberste Rechnungshof zog darauf bei Isidoro La Lumìa, dem Verantwortlichen der sizilianischen Archive, Erkundungen ein. La Lumìa war ein Gentleman, und sein Antwortschreiben begann wie folgt: der Unterzeichnete hat die Ehre, die folgenden Nachrichten über den unseligen Henker namens Salvatore Maniscalco, der zehn Jahre lang wie eine Seuche in Sizilien wütete, mitzuteilen. So schrieb La Lumìa. Aber Ihr Feind, verehrter junger Herr aus Rom, ebender Polizeipräsident Albanese, war bestrebt wissen zu lassen, daß seine Meinung sich von der Don Isidoros unterschied. Die Pension stand der Witwe zu, weil – ich zitiere hier auf Punkt und Komma getreu – Maniscalco abgesehen von den situationsbedingten Ausschreitungen und der Schuld, die er auf sein Haupt geladen hatte, trotz allem ein getreuer Diener des Staats gewesen war, um welchen Staat es sich handelte, war nebensächlich. Haben Sie verstanden? Zwei Scheißhaufen, auch wenn sie aus zwei verschiedenen Ärschen kommen, verbreiten immer den gleichen Gestank, und früher oder später machen sie gemeinsame Sache.«
      »Mir soll's recht sein, mein Freund. Was soll ich jetzt tun? Soll ich nicht lesen?«
    »Lesen Sie nur«, sagte Mazzaglia kurz und bündig.
    »Ich überspringe einige Stellen. Also die allgemeine Stimmung – sagt Albanese –, insbesondere in Palermo,

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