Die sizilianische Oper
Schaden und großes Unheil angerichtet, die weitaus schlimmer waren als das, was ein vernünftiges und wohlüberlegtes Urteil – auch wenn es negativ ausfällt – bewerkstelligen kann.«
Als Seine Exzellenz am Ende angelangt war, hellte sich seine Miene ein wenig auf. Don Memès Lächeln verbreiterte sich.
»Gott sei Dank. Diese ›Gallina Faraona‹, die mich immer angestunken hat, hat sich dieses Mal gut benommen. Soll ich Ihnen was sagen, Ferraguto? Ich hätte nicht damit gerechnet. Haben Sie die Leute da zur Vernunft gebracht?«
»Dazu brauchte es nicht viel, Exzellenz. Don Micio Cigna ist ein Mann, der seinen Verstand einzusetzen Don Memè über die Absichten Cignas Bescheid wußte, nämlich mit einem netten Artikel in der »Gallina Faraona« die Vigateser aufzufordern, die Oper, die Sänger und den Präfekten in den Schmutz zu ziehen, war er ihm, ohne Zeit und Worte zu verlieren, zuvorgekommen. Micio Cigna war mit der Tochter Don Gerlando Curtòs verlobt, und noch vor Jahresende sollte die Hochzeit gefeiert werden. Sechs Tage vor dem vorgesehenen Erscheinen des Artikels gegen den Bierbrauer verschwanden zu nächtlicher Stunde tausend Schafe aus dem Besitz Don Gerlandos. Die maskierten Diebe hatten die drei Wächter mit Knüppelhieben außer Gefecht gesetzt. Curtò wütete und schnaubte, aber von den Schafen fand sich nicht eine einzige Wollfluse mehr. Zwei Tage bevor der Artikel veröffentlicht werden sollte, war Don Memè feierlich lächelnd mit aalglattem Getue bei Don Gerlando erschienen.
»Don Gerlando, ich habe mir erlaubt, Ihre Schafe für Sie sicherzustellen.«
Curtò hatte nicht die mindeste Freude gezeigt, sondern war besorgt. Was würde Don Memè wohl als Gegenleistung fordern? Es war sternklar, daß der, der ihm die Schafe geklaut, und der, der sie jetzt wiedergefunden hatte, ein und dieselbe Person waren. Er schwieg, und Don Memè fuhr fort: »Ich konnte nicht zulassen, daß einer so unbescholtenen und ehrenhaften Person wie Ihnen ein Unrecht zugefügt wird.«
zweier Personen meines Vertrauens. Schicken Sie, wann es Ihnen paßt, jemanden hin, um sie abzuholen. Und seien Sie versichert, man wird Ihnen nie mehr wieder ein Unrecht zufügen.«
»Sagen Sie, wie ich meine Schuld bei Ihnen wiedergutmachen kann.«
Don Memè schlug sich auf die Brust und verzog schmerzlich das Gesicht, als hätte eine Kugel ihn mitten ins Herz getroffen.
»Will der Herr mich beleidigen?«
»Ohne Beleidigung, Don Memè. Auch ich will meiner Pflicht nachkommen.«
»Also gut. Aber es handelt sich um eine Kleinigkeit. Euer Wohlgeboren sollten ein Wörtchen mit Ihrem zukünftigen Schwiegersohn reden, der in meinen Augen eine allzu leichtsinnige Person ist und sehr großen Schaden anrichten kann.«
»Zu Diensten.«
»Es handelt sich um eine höchst bescheidene Bitte.«
Und Don Memè erklärte Curtò, was er Micio Cigna
sagen sollte. Die ganze Nacht über konnte die Nachbarschaft wegen der lautstarken Auseinandersetzung zwischen den zwei zukünftigen Verwandten, Schwiegervater und Schwiegersohn, kein Auge zutun.
»Wenn du nicht tust, was ich dir sage, wirst du meine Tochter von jetzt an nur noch durchs Fernglas sehen!«Die Wintersonne stand nur als armer Schein, milchig und matt hinter Wolkenschichten, über Vigàta, und es schien, als hätte sie keine große Lust aufzugehen. In der Luft hing ein mohrenschwarzer Geruch, das heißt ein ins Schwarze gehendes Dunkelbraun. Dem Geruch eine Farbe anzudichten, war eine Marotte von Kommissar Puglisi. Als er einmal zum Polizeichef gesagt hatte, daß er beim Beschatten von einem gelben Geruch nach frisch gemähtem Korn überwältigt worden sei, hätte ihn der um ein Haar ins Irrenhaus eingewiesen.
Das Theater rauchte und schwelte noch immer, aber nur im Innern der Mauern, die dem Brand standgehalten hatten, auch wenn das Dach eingestürzt war. Langsam glühte der riesige Brennofen aus. Der Ingenieur Hoffer spritzte weiterhin mit seinem Feuerlöscher und mit Hilfe seiner zu Tode erschöpften Männer Wasser. Der Nachschub war jetzt dank zehn großer Fässer gesichert, die auf fünf vom Commendatore Restuccia zur Verfügung gestellten Handkarren herbeigeschafft worden waren. Er gehörte zwar zur Gruppe der Verschwörer gegen die Aufführung der Oper, aber angesichts des brennenden Theaters, das seiner Meinung nach das Opfer mutwilliger Brandstiftung geworden war, hatte sich doch Empörung in ihm breitgemacht. Aus diesem Grund griff er dem Ingenieur
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