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Die Skelettbande

Die Skelettbande

Titel: Die Skelettbande
Autoren: Stefan Wolf
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Schrecken der Vergangenheit zurückgekehrt
sind!«
    Man konnte die Anspannung
förmlich spüren, die in der Luft lag.
    »Warum musstest du uns hierher
beordern?« Annette klang vorwurfsvoll. Sie wollte nicht, dass die alte Angst
wieder in ihr hochkam.
    »Dieser Ort ist verhext, mit
einem Fluch belegt!« Olaf Knupke klang schrill wie eine alte, schwarzmalerische
Kräuterhexe, die eine wüste Prophezeiung ausstieß.
    Jochen wurde wütend. »Warum
willst du alte Wunden aufreißen, Konrad? Wir haben uns doch geschworen, diese
Geschichte ein für alle Mal zu begraben!«
    »Der Geist ist zurückgekehrt.
Er kann nicht ruhen!«, verteidigte sich Konrad und schrie dies förmlich heraus.
    »Bist du verrückt geworden?«,
bellte Annette zurück. »Sie ist tot! Mausetot! Schon so lange!«
    Konrad zuckte zusammen und
schaute sich wie aufgescheuchtes Wild nervös um. Er befürchtete, dass sich im
dunklen Wald jemand verstecken und sie belauern könnte. »Nein!« Er zog das Foto
aus der Jackentasche, über das er sich bislang ausgeschwiegen hatte, und hielt
es den anderen unter die Nase. Trotz des schummerigen Lichts konnten alle
sofort die Person erkennen, die auf dem alten Foto mit einem dicken Farbstift
rot umrandet war.
    »Oh, mein Gott!« Annette wurde
es schwindelig.
    Sie taumelte und musste von
Richard gestützt werden.
    »Woher hast du das?«, stammelte
Olaf.
    »Ihr habt doch sicherlich in
der Zeitung von dem Einbruch in meinem Haus gelesen. Diese Nachricht hatten sie
für mich hinterlassen. Es muss jemand sein, der weiß, was damals passiert ist.«
    »Das kann nicht sein! Unsere
Namen sind doch nie genannt worden! Wo ist eigentlich der Anführer unserer
Jugendclique. Hast du ihn nicht verständigt?«
    Konrad schüttelte den Kopf.
»Ich hab es versucht, Annette. Aber du weißt doch, er wohnt nicht mehr in der Stadt
und ist schwer erreichbar, weil er immer sehr beschäftigt ist.«
    »Er muss davon wissen!«,
insistierte sie.
    Olaf Knupke entfernte sich von
den anderen und stakste wie ein Roboter zum Rand des Plateaus, wo es sehr tief
hinunterging.
    »Geh da weg!«, schrie Jochen.
»Oder willst du, dass dir das Gleiche passiert?«
    Olaf stierte eine Weile ins
Leere. Wie ein Selbstmörder vor dem Absprung. Dann drehte er sich langsam auf
dem Absatz zu den anderen um und sagte mit monotoner Stimme einen Satz, der sie
alle bis ins Mark erschauern ließ: »Jemand muss über uns Bescheid wissen!«

 
     
    Der Buchladen lag im
Stadtzentrum. Auf dem Markt platz
davor hatten die Händler ihre Gemüse- und Essensstände aufgebaut. Es herrschte
das übliche rege Treiben an diesem frühen Nachmittag. Leute machten Besorgungen
oder vergnügten sich in den kleinen Cafés vor dem schönen Springbrunnen in der
Mitte des Platzes.
    Heute war ein ungewöhnlich
heißer Tag. Das spürten auch die vielen neugierigen Besucher, die in der
Buchhandlung auf das Erscheinen von Henry Hedonis warteten, der heute sein
neues Buch Das Glückstalent vorstellte. Die brummende Klimaanlage war
der großen Anzahl der Gäste nicht gewachsen.
    Klößchen, der relativ weit
vorne neben Gaby, Tim und Karl saß, wischte sich den Schweiß von der Stirn und stöhnte:
»Ich komme mir vor wie in der Sauna!«
    Plötzlich fingen die Leute an
zu klatschen. Durch eine unauffällige Tür neben einem der Bücherregale hatte
Henry Hedonis den Raum betreten. Er gehörte zu jener Sorte Mensch, die, wenn
sie in einen Raum tritt, sofort alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Er war von
stattlicher Statur und äußerst elegant gekleidet. Sein gelocktes graues Haar
glich in seiner Opulenz einer historischen Perücke, wie sie zur Zeit des Rokoko
die Adligen getragen hatten.
    »Ich freue mich, dass Sie so
zahlreich erschienen sind, und fühle mich geehrt, Ihnen aus meinem neusten Buch
vorzulesen zu dürfen«, sagte er mit ruhiger, samtener Stimme. Bevor er sich
setzte, ließ er seinen Blick langsam über die Gesichter der Anwesenden wandern,
was jedem Einzelnen das Gefühl gab, persönlich angesprochen zu sein. Das war
natürlich ein Trugschluss, zeigte aber die beabsichtigte Wirkung. Eine Frau
mittleren Alters, die eine dunkle Hornbrille trug und ihre braunen Haare zu
einem  Dutt zusammengesteckt hatte und neben Hedonis wie eine graue Maus
wirkte, trat an ihn heran und reichte ihm mit unterwürfiger Geste das Buch.
Huldvoll wie ein König nahm er es entgegen und stellte Helga Becker dem
Publikum als seine persönliche Lektorin und Assistentin vor. Sie lächelte
schüchtern und zog sich
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