Die Skelettbande
noch nichts davon sagen, Gaby.«
»Am besten nehmen wir uns
morgen Nachmittag erst einmal diesen Schriftsteller vor«, schlug Karl vor.
»Genau. Und danach versuchen
wir unser Glück noch mal in dem Jugendhaus.«
Klößchen widersprach energisch:
»Auf gar keinen Fall! Ich kann da morgen nicht schon wieder hin! Meine Beine
brennen so, als ob jemand Tonnen von Brennnesseln darauf abgeladen hätte!«
»Bei Muskelkater muss man
gleich weitertrainieren: Das hilft, ihn loszuwerden«, erklärte Tim.
»Wer sagt denn so was?«
Klößchen schaute skeptisch.
»Ich!« Tim grinste.
»Bei dir gelten keine normalen
Maßstäbe, Häuptling«, scherzte Klößchen. »So wie bei mir in Sachen Eisessen.«
Die vier Freunde kicherten.
Allerdings nur leise, denn sie wollten nicht, dass Kommissar Glockner von ihrem
Vorhaben etwas mitbekam.
Es war eine sternenklare Nacht.
Der dichte Laub wald,
der nach einem langen schneereichen Winter mit all seiner grünen Pracht
strotzte, wurde vom milchig-weißen Licht des Mondes sanft beschienen. Ein
Fuchs, der sich im Gehölz versteckt hielt, erstarrte für einen kurzen Moment,
als ihn die Scheinwerfer eines Wagens trafen. Dann huschte er davon und
verschwand im Dickicht des Waldes.
Das Fahrzeug kam auf dem
schmalen, unebenen Schotterweg nur langsam voran. Ein Geländewagen wäre hier
von großem Vorteil gewesen, aber dafür hatte Konrad Harkenthal im Alltag keine
Verwendung. Außerdem fand er all diese Schickimickis extrem albern, die solche
überdimensionierten Autos in der Stadt fuhren, nur weil es modern war. Doch nun
musste Harkenthal aufpassen, dass er nicht mit einem aufgeschlitzten Reifen
liegen blieb. Deshalb fuhr er äußerst vorsichtig und lenkte den Wagen behutsam
über jeden größeren Stein, der im Wege lag.
Das letzte Stück des Weges
stieg steil an. Endlich war Harkenthal auf dem dichtbewachsenen Plateau am
Scheitel der Anhöhe angekommen. Er machte den Motor aus, löschte die
Scheinwerfer und stieg aus dem Wagen. Von hier aus bot sich ihm ein
atemberaubender Blick auf die Millionenstadt, in der die meisten Menschen
mittlerweile in ihren Betten schlummerten.
Harkenthal schaute auf seine
Armbanduhr. Kurz vor Mitternacht. Für Schlag zwölf hatten sie sich verabredet.
Konrad war innerlich sehr nervös. In wenigen Minuten würde es so sein, als sei
er um mehr als zwanzig Jahre in der Zeit zurückgereist.
Es dauerte nicht lange, bis er
die Geräusche näherkommender Autos hörte. Wagen hielten, Türen gingen auf,
Menschen begrüßten sich schweigend. Schlag zwölf standen sie alle in einem
Kreis, so wie damals. Sie waren zu fünft. Natürlich hatten sie sich verändert
und die Zeit hatte Spuren in ihren Gesichtern hinterlassen. Dennoch erkannte
Konrad Harkenthal jeden Einzelnen.
Jochen Körberlein, der Schwarm
der Schule, war etwas auseinandergegangen und trug ein kleines Bäuchlein vor
sich her. Doch er hatte immer noch seine prächtige Lockenmähne, die allerdings
inzwischen etwas zurechtgestutzt war. Er lächelte zaghaft der einzigen Frau in
dieser Männerrunde zu.
Annette Gardtmanns hatte eine
regelrechte »Typveränderung« vollzogen, wie Modezeitschriften das häufig nannten.
Einst burschikos, war sie heute eine weibliche, elegante Erscheinung mit langen
blonden Haaren, die ihr schönes Gesicht sanft umspielten.
Neben ihr stand Richard
Schweiß, den man als Kind wegen seines Nachnamens immer gehänselt hatte. Er
trug eine randlose Goldbrille und ein schickes Hemd. Als Bankdirektor verdiente
er gutes Geld.
Der Letzte und beruflich
erfolgreichste im Bunde war Olaf Knupke, ein glatzköpfiger, rundlicher
Dampfplauderer, der schon damals mit seinem pausenlosen Gequatsche allen auf
die Nerven gefallen war. Heute war der Besitzer einer Porzellanfabrik
allerdings still, mucksmäuschenstill.
Keiner der Versammelten war auf
die schiefe Bahn geraten oder ins soziale Abseits gerutscht. Alle standen sie
mit beiden Beinen im Leben, hatten eine Familie gegründet und waren zu
bürgerlichem Wohlstand gekommen. Und alle lebten sie noch in der
Millionenstadt. Sie waren einmal die engsten Freunde gewesen, eine verschworene
Gemeinschaft, die wie Pech und Schwefel zusammengehalten hatte.
Konrad Harkenthal räusperte
sich, hielt einen Moment inne und begann dann stockend zu sprechen: »Ihr wisst,
warum wir uns heute hier zusammengefunden haben?« Er schaute in gespannte
Gesichter. »Als Teenager haben wir uns damals jeden Tag hier getroffen. Heute
ist es wieder so weit, weil die
Weitere Kostenlose Bücher