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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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jede Art von Vereinbarung mit den Christen eine Schande darstellt; ben Hadou jedoch antwortet, dass politische Taktik unter den herrschenden Umständen nur vernünftig wäre. Dies scheint die meisten Unversöhnlichen noch mehr zu erzürnen. Sie machen geltend, dass Allah auf ihrer Seite stehe und sie beschützen werde, dass die Ungläubigen niedergemetzelt und in den Boden getrampelt werden müssten, den sie mit ihrer Anwesenheit besudelt haben.
    Al-Attar wendet sich über das Geschrei hinweg an den Sultan: »Wenn man sieht, dass Ihr den Engländern gegenüber Geduld und Gnade an den Tag legt, mein Herrscher, werden die gekrönten Häupter Europas mit Sicherheit Eure Freundschaft suchen.«
    Ismail legt interessiert den Kopf schief. Dann hebt er die Hand, und das Stimmengewirr verstummt. »Erinnert ihr euch, was nach der Eroberung von Mekka geschah?« Er sieht sich mit blitzenden Augen um. Ich kritzele alles mit und weiß, worauf er hinauswill. »Als das gewaltige Heer triumphierend in Mekka einzog, sagte Said ibn Ubada, dem der Prophet seine Stellung verliehen hatte, zu Abu Sufyan, dem Anführer der Quraish in Mekka, der sich lange gewaltsam dem Islam widersetzt hatte, jedoch wusste, dass er gegen ihn keine Chance hatte: ›Oh, Abu Sufyan, dies ist der Tag des Gemetzels!‹ ›Oh, Gesandter Gottes!‹, rief Abu Sufyan zurück, ›hast du das Abschlachten deines eigenen Volkes befohlen? Bei Gott, ich bitte im Namen deiner Männer um Gnade, denn du bist von allen der Gläubigste, der Mildtätigste und der Gütigste.‹ ›Dies ist der Tag der Gnade‹, sagte der Prophet. ›An diesem Tag hat Gott die Quraish erhoben.‹ Und so gewährte er seinen Feinden Straffreiheit.«
    Kaid Omar lacht. »Ich kann nur hoffen, dass wir unseren Feinden keine Straffreiheit gewähren, denn man würde es nur als Einladung an die christlichen Horden verstehen, über uns hinwegzutrampeln.«
    »War Saladin schwach, als er nach Jerusalems Eroberung Gnade zeigte? Seine Güte übertraf noch seine Größe.«
    Die Stimmung kippt, man kann es förmlich spüren.
    »Friede mit den Engländern wäre von großem Vorteil für uns, mein Herrscher.« Wieder erhebt sich die wohlklingende Stimme von ben Hadou. »In einer Zeit des Friedens können wir Waffen und Munition billiger transportieren und daher besser gegen die Rebellen innerhalb unserer Grenzen vorgehen. Und wenn die Zeit gekommen ist, werden wir auch die Spanier und notfalls die Engländer besiegen.«
    Darüber gibt es einiges Hin und Her, aber auch Zustimmung. Ich beobachte, wie Ismail seinen Blick von einem zum anderen schweifen lässt und den richtigen Augenblick abwartet. Dann hebt er erneut die Hand. »Wir werden den Ungläubigen gegenüber Gnade walten lassen. Aber wir werden auch schlau sein, wenn wir mit ihnen verhandeln. Lasst uns immer unser langfristiges Ziel im Auge behalten, sie aus unserem Territorium zu vertreiben.«
    Stolz reitet der fremde Gesandte in die Stadt, ausstaffiert nach der neuesten Mode am englischen Hof – Schleifen, Spitzenkrausen und geschlitzte Schulterpartien – und begleitet von einem Gefolge ähnlich stutzerhaft gekleideter Wachleute und Bediensteter. Der Hälfte von ihnen verweigert man den Zutritt und schickt sie zum Teufel. Das Wasser ist so knapp, dass wir es unmöglich an unsere Feinde verschwenden können. Der Engländer wird in den gerade erst renovierten Gesandtschaftssaal geführt. Hier schimmern die Wände vom Goldstaub, den man aus den Gemächern des Großwesirs entfernt hat, die Decke ist himmelblau gestrichen und mit ausladenden goldenen Verzierungen geschmückt. Überall brennt Räucherwerk, flackern Kerzen in Wandleuchtern. Der Sultan wartet inmitten seines Hofstaats aus reich geschmückten Kaids und Paschas auf einer niedrigen Polsterbank. Seine jungen Sklaven wedeln ihm mit riesigen Fächern aus Straußenfedern Luft zu. Der Engländer weiß nicht, wohin er zuerst schauen soll; sein Blick fliegt hin und her, offensichtlich tief beeindruckt von all der Pracht und Opulenz. Genau das will Ismail erreichen: den Eindruck unendlichen Reichtums und grenzenloser Ressourcen. Zeig keine Schwäche vor dem Feind, und er wird es schwerer haben, mit dir zu verhandeln.
    Schwungvoll zieht der Mann seinen Hut und stellt sich als Captain Percy Kirke vor, mit einer Botschaft des englischen Gesandten Sir James Leslie, der leider aufgehalten wurde – ben Hadou dolmetscht, ich protokolliere. Der Sultan verzieht den Mund zu einem kurz aufblitzenden Lächeln: All

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