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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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ich sie im Stehen sehe. Ihr Bauch ist so rund wie eine reife Wassermelone, und mit einem Mal wird mir mit einem mulmigen Gefühl klar, dass sie das Kind zur Welt bringen wird, während ich in den Krieg ziehe.
    Der Affe erforscht die neue Umgebung und stöbert unter den Kissen nach Leckereien. Das macht mich noch trauriger. Man kann sich leicht vormachen, dass Tiere einen um seiner selbst willen lieben, nicht weil man für ihr Futter sorgt. Wahrscheinlich ist es Amadous Anblick, der Alys schließlich auf die richtige Spur bringt. »Oh, Nus-Nus! Ich habe Euch für einen strengen Wächter gehalten.«
    »Tut mir leid, wenn ich Euch beunruhigt habe. Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden und Euch Amadou anzuvertrauen. Ich glaube, er hat keine Lust, in den Kampf zu ziehen.«
    »Und Ihr?«
    Mit gespielter Verwegenheit, die ich keineswegs empfinde, deute ich auf meine Uniform und das lange Schwert, das ich an der Hüfte trage. Ismail selbst hat es mir überreicht. »Sehe ich nicht danach aus?«
    Einen langen Augenblick sieht sie mich schweigend an, mit herabgezogenen Mundwinkeln. Dann macht sie einen Schritt auf mich zu und legt mir die Hand auf den Arm. Als sie zu mir aufblickt, trifft mich der riesige blaue Abgrund ihres Blicks erneut mit voller Wucht. »Bitte, versucht nicht, den Helden zu spielen, Nus-Nus. Seid nicht unvorsichtig.«
    »Heute Abend muss ich schwören, mein Leben für unseren Sultan hinzugeben.«
    Die Betonung auf »unseren« entgeht ihr nicht. Ihre Augen schwimmen in Tränen. »Trotzdem möchte ich lieber, dass Ihr als lebendiger Feigling zurückkommt«, flüstert sie, »als nur eine tapfere Erinnerung zu bleiben.«
    »Berberfrauen schärfen ihren Ehemännern ein, niemals als Verlierer nach Hause zu kommen. Plutarch erzählt, dass die Frauen in Sparta ihre Söhne ermahnten, entweder mit oder auf ihren Schilden zurückzukehren. Die Asante sagen, es sei die Frau, die das Schwert eines Mannes stähle. Sind Engländerinnen so anders?«
    »Ihr wisst zu viel.« Sie lächelt schwach.
    »Man kann nie genug wissen. Aber als Mann lebt man nicht nur im Kopf.«
    »Ihr seid kein trockener Gelehrter, davon bin ich überzeugt.«
    »Ich bin von gar nichts überzeugt, Mylady. Moment, das stimmt nicht. Es gibt etwas, bei dem ich mir ziemlich sicher bin.«
    »Was denn?« Ihr Griff um meinen Arm wird fester. Ich spüre die Berührung jeder Fingerspitze einzeln; meine Haut kribbelt bei dem Gefühl. Wie soll ich einer Frau, die einem anderen Mann ein Kind schenken wird, einem Mann, der obendrein mein Herr ist, sagen, was in meinem Herzen tobt?
    »Es wäre Verrat, es auszusprechen.«
    »Ich finde, es ist ein Sakrileg, es nicht zu tun«, erwidert sie leise. »Aber ich möchte nicht, dass Ihr Euch in Gefahr begebt.« Sie legt mir den Finger auf den Mund, um die Worte zu verhindern.
    Ich ergreife ihr Handgelenk, um die Finger beiseitezuschieben, beuge mich vor und küsse sie. Jeder einzelne Nerv meines Körpers ist von Leidenschaft erfüllt.
    Die Welt dreht sich um mich, oder bin ich das selbst? Einen flüchtigen Augenblick lang spüre ich den sanften Druck ihrer Hand auf meinem Hinterkopf, der mich stärker zu ihr hinabzieht, doch dann ist es vorbei, sie macht einen Schritt zurück, und wir stehen nur da und starren uns an. Die Ungeheuerlichkeit dessen, was gerade passiert ist, schwillt zwischen uns an, als wäre der Planet plötzlich vom Himmel in dieses Zelt gestürzt. Ich könnte hingerichtet werden für das, was ich getan habe – so gedankenlos und dumm, genau wie Alys auch.
    Dann kommt Amadou, von der Suche nach Leckerbissen frustriert, schnatternd unter der Decke des Diwans hervor, und die Spannung zwischen uns ist gebrochen.
    Mit einer gewaltigen Anstrengung setze ich mein zweites Gesicht auf und verbeuge mich. »Lasst es Euch gut ergehen, Alys. Ich hoffe, es wird eine leichte Geburt.« Damit eile ich davon, und mein Herz schlägt gegen den Brustkasten, als wollte es hinausfliegen und zu ihr zurückkehren.
    An diesem Abend lege ich den Treueid auf den Salih al - Bukhari ab, die Sprüche des Propheten, ein wunderbar gebundenes, mehrere Jahrhunderte altes Buch. Es war ein Geschenk zum Amtsantritt des Sultans vom Gouverneur von Hedscha, Barakat ben Mohammed, Beschützer der heiligen Stadt Mekka. Aus diesem Grund ist es Ismail sehr heilig und begleitet ihn auf jeder Reise, wobei es in einem eigenen, perfekt ausgerichteten Zelt untergebracht und von einem herrlich geschmückten Pferd transportiert wird – demselben, für

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