Die Sklavin mit den Mandelaugen
ziehen.
Als wir nur noch drei Meter von
den Zwingern entfernt waren, vernahm ich ein bösartiges Knurren. Jetzt wußte ich,
daß Corlis die Hunde eingesperrt hatte.
Die Tür war geschlossen, aber
nicht abgesperrt. Den Revolver in der Hand stieß ich sie auf. Die fünf Hunde knurrten und jaulten, doch ich stellte mit unsagbarer
Erleichterung fest, daß sie machtlos hinter ihrem Maschendraht eingesperrt
waren.
Murad folgte mir ins Innere und
schloß behutsam die Tür hinter sich. Ich knipste meine Taschenlampe an und
leuchtete auf den Betonboden.
»Tino — das ist Beatrices
Obergangster — behauptete, daß sich ihre Hälfte des Geschäfts unter diesem
Boden befindet«, erklärte ich ihm. »Ich würde sagen, der Beton ist ungefähr
zwanzig Zentimeter dick. Meinen Sie, er hat mich zum Narren gehalten ?«
Wortlos ließ sich Murad zu
Boden sinken und kroch auf allen vieren über den Beton, während ich ihm mit der
Taschenlampe leuchtete. Sorgfältig musterte er jeden Quadratzentimeter Boden,
und nach fünf Minuten stieß er plötzlich einen unterdrückten Schrei aus.
»Hier!« Seine Finger folgten
einer unsichtbaren Linie indem Beton, die sich in einem Rechteck von etwa zwei
Quadratmetern schloß. Dann richtete er sich langsam wieder auf. »Eine Falltür,
Mr. Boyd. Sie muß sich durch eine automatische Einrichtung öffnen lassen .«
Hoffnungsvoll leuchtete ich mit
meiner Taschenlampe die Wände ab. Bedauerlicherweise erfolglos. Die Mauern
waren kahl, nur an einer Stelle hing ein einsamer Stahlhaken, der
offensichtlich dazu gedacht war, als Garderobenhaken zu dienen. Er befand sich
auf der gegenüberliegenden Seite des Raums.
»Nichts«, stellte Murad mit
hilflosem Zorn fest. »Wenn sie lügen, dann...«
»Pscht !« zischte ich. »Mir ist gerade etwas eingefallen .«
Er starrte mich verständnislos
an.
»Was denn?«
»Ein Teil der Botschaft, die
mir Corlis zukommen ließ«, antwortete ich. »>Suchen Sie einen Ort, um Ihren
Mantel aufzuhängen .< «
Ich raste quer durch den Raum,
umschloß den Stahlhaken mit der einen Hand und zog daran. Langsam wie ein
Hebelarm löste er sich von der Wand, und gleichzeitig ertönte das gedämpfte
Brummen einer gut geölten Maschine. Wenig später senkte sich die Falltür nach
unten. In der Mitte des Bodens gähnte ein Loch.
Murad war fast gleichzeitig mit
mir am Rande des Loches, doch während ich stehenblieb, um es mit meiner
Taschenlampe auszuleuchten, schwang er sich über den Rand und ließ sich hastig
hinunterfallen.
»Dort ist ein Durchgang, und
ich sehe Licht«, berichtete er eifrig. »Ich werde nachsehen .«
Er verschwand. Mir blieb nichts
anderes zu tun, als geduldig zu warten. Die Hunde trotteten unablässig winselnd
und schnüffelnd in ihrem Käfig auf und ab. Von Zeit zu Zeit schnellte sich
einer der schlanken schmalen Leiber an dem Maschendrahtgeflecht hoch, und ich
fuhr jedesmal schreckhaft zusammen.
Und dann erklang aus der
Richtung, in der Murad vor wenigen Sekunden verschwunden war, ein
markerschütternder Schrei. Ein Schrei, der so laut war, daß er in meinen Ohren
widerhallte, ein Schrei voller Entsetzen und Qual. Er war unerträglich in
seiner Intensität. Am liebsten hätte ich die Hände an die Ohren gepreßt und
wäre blindlings davongelaufen.
Ich tat genau das, was ich am
wenigsten tun wollte. Ich setzte mich auf den Rand und ließ mich in das Loch
unter mir fallen. Genau wie wenige Sekunden zuvor Murad. Ich lief in der
gleichen Richtung, die auch er eingeschlagen hatte, und ich sah genau wie er
das Licht vor mir. Der enge Gang mündete in einen zellenähnlichen rechteckigen
Raum. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich eine Tür, und an der
Längswand stand ein Bett.
Murad stand neben dem Bett.
Sein Kopf war zurückgeworfen, und aus seinem geöffneten Mund rang sich noch
immer dieser unerträgliche Schrei des Entsetzens und der Todesqual. Auf dem
Bett lag ein dunkelhaariges Mädchen, das Gesicht in die Kissen gepreßt. Der
nackte Körper war völlig reglos. Ich trat näher und warf einen Blick auf das
Mädchen. Dunkle Striemen zogen sich in einem Muster der Grausamkeit durch ihre
bronzefarbene Haut von den Schultern bis zu den Wangen. Ich machte noch einen
Schritt und faßte sie an, um sie umzudrehen. Ihr Körper war eiskalt. Schließlich
gelang es mir, sie auf die Seite zu drehen.
Noch immer umklammerten ihre
steifen Finger einen Metallöffel . Der Griff war
abgeschliffen worden — ich wagte nicht daran zu denken, wie viele
Weitere Kostenlose Bücher