Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
dass ich zulasse, dass ein dermaßen lächerlich gekleideter Mann Ansprüche auf diese Insel erhebt«, versetzte Dominor. »Dein Modestil sagt mir außerdem wesentlich mehr zu.«
Das entlockte Kelly ein Lächeln. »Vielen Dank, Dom. Das ist das Netteste, was du je zu mir gesagt hast.«
Er lächelte schief. »Keine Sorge. Ich bin sicher, dass es mir nur versehentlich entschlüpft ist.«
»Ich würde diese Männer am liebsten mit Fußtritten von der Insel jagen«, gab Wolfer zu. »Aber wenn ihre Waffen so gefährlich sind, wie Kelly glaubt, wird das nicht leicht werden. Wie du schon sagtest – obwohl ich das Tier, das du genannt hast, zutiefst verabscheue – muss man manchmal ›braver Jonja‹ sagen, während man nach seinem schärfsten Speer greift.«
»Was ist, wenn der Oberste Rat davon erfährt?«, wandte sich Saber an seine Frau.
»Sie haben alle Ansprüche auf Nightfall aufgegeben«, erinnerte sie ihn. Dann griff sie nach seiner Hand, die zur Faust geballt auf seinem Schenkel lag. »Saber, ich kann genauso mühelos wieder abdanken, wie ich mich zur Königin ausgerufen habe. Ein König oder eine Königin regiert nur so lange, wie ihre Untertanen mit ihm oder ihr zufrieden sind.«
»Wenn sie sich zu unserer Königin ernennt und wir als ihre ›Untertanen‹ damit einverstanden sind, dann ist sie die rechtmäßige Königin«, erläuterte Morganen. »Wir leben schließlich nicht im gespaltenen Reich Aiar. Und ich für meinen Teil habe nichts dagegen. Wenn es ein zeitlich begrenzter Zustand bleibt.«
»Er beschränkt sich auf die Wochenenden, die Ferien und die Tage, wo wir Gäste haben«, witzelte Kelly, dann tat sie die Bedenken der anderen mit einer abwinkenden Geste einer Hand ab und streichelte mit der anderen Sabers Faust. »Es geht hier nur um eine Statusfrage, mehr nicht.«
»Ich kann mich nicht zum König ausrufen«, wiederholte er, schien sich aber allmählich für die Idee zu erwärmen.
Kelly lächelte, ein laszives, sehr weibliches Lächeln. »Mein Herz, jeder Mann, der im Schlafzimmer das leistet, wozu du imstande bist, ist automatisch ein König. Zumindest meiner unmaßgeblichen Meinung nach.«
Die anderen brachen in schallendes Gelächter aus und schlugen ihrem errötenden ältesten Bruder auf den Rücken.
»Erinnere mich daran, dass ich dir das königliche Hinterteil versohle, wenn wir wieder da oben sind«, grollte Saber, sich mühsam ein Grinsen verbeißend, und blickte vielsagend zur Decke empor, über der ihre Kammer lag.
Sie tätschelte sein Knie.
»Es wäre nett, wenn du mir nichts versprechen würdest, was du dann doch nicht hältst.«
Er schlang einen Arm um ihre Taille, zog sie an sich und verschloss ihr den Mund mit seinen Lippen.
Koranen klopfte mit den Fingerknöcheln zweimal gegen Sabers Hinterkopf und unterbrach so den Kuss. »Dafür ist jetzt keine Zeit, Bruder. Wir haben Wichtigeres zu erledigen.«
Saber gab Kelly widerstrebend frei, verdrängte die lockenden Bilder, die ihm durch den Kopf gingen, und konzentrierte sich wieder auf ihr momentanes Problem. »Diese Fahne am Strand … wenn dies ein richtiges Königreich wäre, hätte sie inzwischen jemand entdeckt. Wir sollten sie unverzüglich entfernen. Wenn wir damit noch länger warten, würde das den Schluss nahelegen, dass wir nachlässig, unaufmerksam und träge sind … und so beeindruckt man keine Invasoren.«
»Ich denke, wir sollten sie durch eine eigene Fahne ersetzen«, schlug Kelly vor. »Morganen, hast du noch etwas von der Farbe übrig, mit der du die Wände neu gestrichen hast? Kannst du dieselbe Wirkung auf Stoff erzielen, und wie lange würde das dauern?«
»Da ich jetzt weiß, was ich tun muss, dürfte es sehr schnell gehen«, erwiderte Morganen. »Es war langwierig, das Ganze auszutüfteln, aber mit jeder Wiederholung wird es einfacher, den Zauber anzuwenden.« Er grinste. »Vor allem, wenn man über die nötige Macht verfügt.«
»Ausgezeichnet«, lobte sie. »Da unser Königreich Nightfall heißt, stelle ich mir eine sich farblich verändernde Flagge vor, die die schwarze Silhouette der Insel zeigt. Und Bäume und Berge sowie weiße Sterne und eine weiße Mondsichel – zwei Mondsicheln, Entschuldigung – an einem ›Himmel‹, der sich von Sonnenaufgang hin zu Mitternacht verändert, also von Blau zu Schwarz. Das dürfte Eindruck machen, zumal ihre eigene Fahne mehr als schlicht ist – nur eine rote Faust auf weißem Grund.«
»Das lässt sich leicht bewerkstelligen, wenn ich meine
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