Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
Vielsprachentrank ebenfalls zu sich genommen und ist über die Situation im Bilde«, verkündete Morganen, der mit einem goldenen Kelch in der Hand in die Halle trat. Dominor folgte ihm mit einem identischen Kelch. »Natürlich schläft er jetzt wieder«, fuhr Morganen fort, »aber des Nachts ist er dann wach und beschützt uns, was sich für uns als sehr vorteilhaft erweisen kann. Hier, trinkt, Brüder.«
Die anderen Brüder nahmen große Schlucke aus den Bechern der beiden Magier, schnitten ob des bitteren Geschmacks wortlose Grimassen und richteten die Aufmerksamkeit wieder auf den ovalen Spiegel in Sabers Hand.
»Es sieht aus, als würden sie nach Dingen Ausschau halten, die sie mit an Bord nehmen können – Früchte und Wasser wahrscheinlich«, teilte Saber den anderen mit. Dabei berührte er den Spiegel auf dieselbe Weise wie Morganen vor einiger Zeit, als er den Strand inspiziert hatte. »Die Männer auf der Straße scheinen herausfinden zu wollen,
wo sie hinführt. Aber ich habe bislang nichts bemerkt, was darauf hindeutet, dass sie Magie einsetzen, um sich zu orientieren.«
»Einige haben Pistolen bei sich«, gab Kelly zu bedenken. »Das sind Waffen, die man als kleine persönliche Kanonen bezeichnen könnte – verglichen mit denen, die ich kenne, eine eher primitive Version, aber nichtsdestotrotz eine Schusswaffe, von der eine nicht zu unterschätzende Gefahr ausgeht. Ich weiß nicht, ob eure magischen Schilde stark genug sind, um eine Kugel abzuhalten, die schneller fliegt als der Schall.«
Evanor runzelte verdutzt die Stirn. »Schneller als der Schall? Dazu würde es eines sehr starken Schildes bedürfen. Und diese Schilde kann man weder mit einem einfachen Fingerschnippen anfertigen noch ihre Wirkung über einen längeren Zeitraum hinweg aufrechterhalten.«
»Vielleicht verfügen sie über Magie, vielleicht auch nicht, aber auf jeden Fall besitzen sie Waffen, die sich als tödlich erweisen können und denen wir kaum etwas entgegenzusetzen haben, wenn Kelly und Evanor recht haben«, murmelte Saber. »Ich möchte sie lieber nicht gegen uns aufbringen, bevor wir nicht wissen, wie wir uns davor schützen können, in einem Kampf verwundet zu werden.«
»Und zu einem Kampf dürfte es auf jeden Fall kommen, wenn sie beabsichtigen, diese Insel für sich zu beanspruchen«, stellte Dominor grimmig fest.
»Vergesst nicht, was Diplomatie ist – die Kunst, ›braves Hündchen‹ zu sagen und gleichzeitig nach einem dicken Stock zu greifen«, warf Kelly ein, was ihr verwirrte Blicke seitens der Brüder eintrug, ehe einige zu kichern begannen. »Wenn es eine Möglichkeit gibt, ihnen vorzugaukeln, dass wir stark genug sind, um sie zurückzuschlagen, sollten wir sie finden, und das schnell.«
»Sollen wir uns überhaupt die Mühe machen, zu versuchen,
mit dem König und dem Rat in Verbindung zu treten?«, fragte Trevan, während Saber sich wieder auf die Männer konzentrierte, die vorsichtig, immer auf der Hut vor möglichen Gefahren dem Granitpfad folgten. Bei dieser Geschwindigkeit würde es noch eine Stunde dauern, bis sie die Klippenillusion erreichten, mit der Trevan die Außenmauer getarnt hatte.
Morganen lachte ohne jede Fröhlichkeit auf. »Warum nicht? Wenn sie sich weigern, uns zu helfen, ist das ein weiterer Beweis dafür, dass sich die Prophezeiung erfüllt. Obwohl man ja immer hoffen kann, dass sie uns doch nicht ›die Hilfe verwehren‹, wie es heißt. Gib mir den Spiegel, Saber.«
»Es ist mein Schicksal«, beharrte der Älteste, dabei umschloss er den geschnitzten Holzrahmen etwas fester. »Also werde ich mit ihnen sprechen.« Er lehnte den Spiegel gegen die Tischkante und stimmte einen monotonen Gesang an. » Domi esta nua sorr; estis adri evalor. Quanno Consi Regi saun; yemi esta yava laun. «
Der Spiegel flammte noch um einiges heller auf als bei Morganens erster Aktivierung, allerdings war die Entfernung jetzt auch beträchtlich größer, sodass stärkere Magie benötigt wurde. Dieser Zauber schloss Geräusche mit ein, da er eine direkte Verbindung zu einem anderen Seherspiegel schuf und nicht nur einen kurzen Blick auf einen anderen Ort ermöglichte. Doch über die Oberfläche huschte nur ein Muster aus Blau-, Gelb- und Grüntönen, kein fest umrissenes Bild.
»Was ist das?«, erkundigte sich Kelly neugierig. »Ein magischer Bildschirmschoner?«
»Wahrscheinlich hält sich im Moment niemand in der Ratshalle auf«, erwiderte Saber, ohne auf ihre seltsame Bemerkung einzugehen. Er
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