Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
her?«
»Es ist unsere Flagge, und ich habe sie dort aufgestellt. Im Namen unserer Königin.« Trevan verschränkte die Arme vor der Brust und schmunzelte in sich hinein, als der andere ihn fassungslos anstarrte.
Der Kopf des Gecken war so heftig herumgefahren, dass die Feder auf dem breitkrempigen Hut beinahe abgebrochen wäre.
»Ihre Majestät schätzt es nicht, wenn Fremde ohne ihre Erlaubnis unser Land betreten und sich unsere Früchte
aneignen. Und sie schätzt es schon gar nicht, wenn diese Fremden Anspruch auf diese Insel erheben. Ich gebe Euch einen guten Rat, Fremder. Stellt ihre Geduld nicht länger durch ein so unhöfliches Verhalten auf die Probe.«
Der andere Mann stand in dem Boot auf, das auf dem Sand zu schwanken begann, und ließ ein abfälliges Schnauben hören. »Ihr erweist Eurem ganzen Geschlecht einen schlechten Dienst, wenn Ihr Königin Maegan so unterwürfig dient – wie ein geprügelter Hund, der den Schwanz einzieht!«
»Königin wer?« Trevan spürte, wie sich seine Nackenhaare angesichts der rüden Sprache dieses Gecken aufstellten. »Ich diene Ihrer Majstät Königin Kelly, der Herrscherin von Nightfall. Das ist der Name dieser Insel, auf der Ihr Euch unbefugt aufhaltet.« Er maß den Eindringling mit einem verächtlichen Blick. »Wir werden Euch eine Weile im Auge behalten. Wenn Ihr ein angemessenes Betragen an den Tag legt, wird Euch vielleicht eine Audienz im Palast gewährt.«
»Was erdreistet Ihr Euch! Ich bin Lord Kemblin Aragol, Graf der Westlichen Marschen des Unabhängigen Königreichs Mandare und Abgesandter des Königs!« Er legte eine Hand an den Griff seines Schwerts.
»Selbst wenn Ihr Euch als König der Welt bezeichnen würdet, könnte mich das nicht beeindrucken. Mit Eurer Arroganz erreicht Ihr hier gar nichts, Fremder.« Trevan wandte sich ab, schritt an der Fahne von Nightfall vorbei, deren mitternächtlicher Himmel sich jetzt wieder aufzuhellen begann, und kehrte strandaufwärts zum Wald zurück. Hinter ihm brüllte der Lord seinen Gefährten zu, dem Unbekannten zu folgen, ihn zu ergreifen und zu ihm zurückzubringen. Aber das Glück war ihm nicht hold, die Seeleute waren zu weit entfernt, um ihn hören zu können. Als sie endlich die Verfolgung aufnahmen, war Trevan schon zwischen den Bäumen verschwunden.
Er blickte sich um, schlüpfte rasch in die Gestalt eines kleinen Vogels und gesellte sich zu den anderen Vögeln, die im Geäst herumflatterten. Belustigt beobachtete er aus luftiger Höhe, wie die Männer sich auf der erfolglosen Suche nach ihm durch das Unterholz kämpften.
»Ich weiß ja nicht, was er zu Trevan gesagt hat, aber dieser aufgedonnerte Fatzke scheint ein unangenehmes Temperament zu haben«, murmelte Kelly vor sich hin, während sie in den Spiegel starrte.
Dominor hatte ihn aktiviert und ihr gezeigt, wie man damit umging. Sie berührte die kühle Glasfläche und vergrößerte das Bild des wutschnaubenden Anführers des Invasorentrupps durch eine leichte Bewegung.
Der Mann verzog das Gesicht, und sie erhaschte einen Blick auf seinen entzündeten Gaumen, ein Zeichen für Skorbut, der von einem Mangel an frischem Obst und somit Vitamin C herrührte. Unter Seeleuten war diese Krankheit in ihrer alten Welt früher häufig aufgetreten, lange vor den Zeiten moderner Ernährungswissenschaft und Vitaminen in Tablettenform. Nachdem sie einmal kurz über den Rahmen gestrichen hatte, trat das Bild in den Hintergrund, und sie sah wieder die Seeleute, die erfolglos versuchten, Trevan aufzuspüren. Sie holte einige von ihnen näher heran. Diese Magie, die einem Hightech-Überwachungssystem glich, bereitete ihr viel Vergnügen. Sie wünschte nur, sie hätte Trevans Auseinandersetzung mit dem Mann auch mitanhören können.
»Eure Majestät, der Ostflügel des Donjons ist gesäubert und mit Höflingen bevölkert, die nur noch darauf warten, aktiviert zu werden«, verkündete Dominor hochtrabend. Koranen folgte ihm. »Wenn Ihr so freundlich wärt, Euch einen Moment zu erheben, dann könnten wir den Tisch wegräumen und die Halle zu einem Thronsaal umfunktionieren.«
»Der Raum über der Küche würde ein hübsches Esszimmer abgeben – falls der Tisch durch die Tür passt«, fügte sie hinzu, nachdem sie aufgestanden war. Der Tisch war so groß, dass er sich durch die meisten Türen in der Burg nicht hindurchschieben ließ.
»Er lässt sich in vier Teile zerlegen«, erwiderte Koranen, der die nötigen Werkzeuge bereits in der Hand hielt und sich
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