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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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blindlings die Flucht zu ergreifen, als der Makkawie-auch-immer die Schlange wie eine überdimensionale Spaghettinudel aufschlürfte.
    Die Kreatur hielt einen Moment inne und erstarrte. Etwas Kleines, Schwarzes, Vielbeiniges löste sich aus ihrem Hinterkörper und fiel zu Boden, dann huschte sie weiter und verschwand aus dem Lichtkreis. Das Jungtier stürzte sich augenblicklich auf den nächstbesten Käfer, verschlang ihn und flitzte dann gleichfalls davon.
    Kelly entspannte sich ein wenig, als sie registrierte, dass sich alles Getier von dem Kreidekreis entfernte, in dem sie stand; ein Beweis dafür, dass Sabers Abwehrzauber wirkte.
    Nicht zu glauben. Ich stehe auf einem anderen Planeten in einer anderen Version der Realität, in einem ganz anderen Universum vermutlich, halte eine glühende magische Kugel in den Händen, bin von einem Zauberkreis umgeben, und gierige Monster, die einem Gruselfilm entsprungen sein könnten, fressen Insekten und Schlangen auf, ehe sie per Magie vernichtet werden. Wirklich … erstaunlich.
    Es grenzte für sie selbst an ein Wunder, dass sie das alles so ruhig aufnahm. Relativ ruhig. Ihr Schatten tanzte über den Boden, weil ihre Hände, die die Lichtkugel hielten, zitterten, und sie rang erstickt nach Atem, als drei weitere schwarze Schatten an ihr vorbeihuschten. Sie waren bemerkenswert schnell und abscheulich hässlich.
    Der größte maß vom Umfang her so viel wie ihr Kopf, und ihr gefror das Blut in den Adern, als das gespenstische Geschöpf sie beäugte, auf sie zukam, kurz vor der Kreidelinie Halt machte, jede ihrer Bewegungen aus vier kleinen roten Augen verfolgte und endlich seinen Weg fortsetzte. Sabers Schutzzauber hatte es vertrieben, und die Magie,
mittels derer seine Brüder ihr Heim von den ungebetenen Gästen säuberten, schien es zur Burg zu locken.
    Der Strom schwärzlicher Kriechtiere versiegte allmählich. Kurz darauf kam einer der Männer über den Hof zurückgeschlendert – der mit dem Haar, das so dunkel war, dass es im Schein der Lichtkugel bläulich und nicht rötlich schimmerte. Er hatte dieselbe Nase wie Saber, lang, aber nicht übermäßig groß, und dasselbe störrische Kinn, doch seine Augen blickten kalt und abweisend, als sie Kelly flüchtig streiften. Ohne sie zur Kenntnis zu nehmen ging er weiter.
    Er war auch derjenige, dessen Stimme genauso schroff geklungen hatte wie die Sabers, als er verkündet hatte, er denke nicht daran, sie aufzufangen, falls sie in Ohnmacht fallen sollte. Kelly kannte seinen Namen nicht, ebenso wenig wie die der meisten anderen Brüder. Doch als er am Rand des Lichtkreises an ihr vorbeiging, wusste sie, dass sie ihn so schnell nicht vergessen würde. Seine Augen waren fast so dunkel wie sein Haar, von schwarzen Wimpern gesäumt, darüber wölbten sich schmale, schwarze, im Moment finster zusammengezogene Brauen. Seine Miene hätte Kelly eingeschüchtert, wenn sie sich nicht gesagt hätte, dass er sich voll und ganz auf seinen Zauber konzentrierte. Zumindest hoffte sie das.
    Mit einer schwarzen langärmeligen Tunika und einer schwarzen Hose bekleidet, sodass von ihm nur Gesicht und Hände in der Dunkelheit wahrzunehmen waren, schritt der Magier an ihr vorbei; mit hoch erhobenen Armen und nach außen gekehrten Handflächen. Er strahlte eine nahezu greifbare Energie aus, und er erachtete es offensichtlich nicht für nötig, ein Wort an sie zu richten. Kelly hielt es für ratsam, ihn nicht aus seiner Versunkenheit zu reißen, deshalb verkniff sie es sich, ihn zu fragen, wie lange sie noch hier im Hof ausharren musste. Die Nacht passte zu ihm, fand sie; mit seinen dramatischen,
stark kontrastierenden Farben konnte sie ihn sich fast mit Reißzähnen und einem schwarzen, satingesäumten Umhang vorstellen.
    Bei der Vorstellung musste sie ein Kichern unterdrücken, denn er befand sich immer noch in Sicht- und Hörweite. Sie drückte die Lichtkugel gegen ihren Bauch und trat in der sich abkühlenden Luft von einem Bein auf das andere. Die Zeit schien unerträglich langsam zu verstreichen, während sie darauf wartete, dass jemand kam und ihr sagte, dass sie den schützenden Kreidekreis verlassen durfte.
    Außer dem Lichtball in ihren Händen leistete ihr nur noch der Mond Gesellschaft.
    Nach einer Weile erregte ein Glühen über der äußeren Mauer ihre Aufmerksamkeit. Sie betrachtete es lange, bis ihr klar wurde, was sie da sah. Wie gebannt verfolgte Kelly, wie ein zweiter Mond langsam aufging, kleiner als der erste und einen

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