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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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nehmen, war es wert, geliebt und beschützt zu werden … und er, Saber, war ein blinder Narr gewesen, weil er das nicht schon früher erkannt hatte.
    Sie hatte natürlich recht. Er hatte sie mit unverzeihlicher Herablassung und Grobheit behandelt. Er verdiente sie nicht, und das nicht nur wegen des Fluchs, sondern weil er vor seinen Ängsten davongelaufen, sie dagegen den ihren entgegengetreten war. Wenn er sich zu seiner Liebe zu ihr bekannte, konnte sie von den anderen Kataniern aus Furcht vor der Prophezeiung oder von dem ihnen geweissagten Unheil, das sie höchstwahrscheinlich unwissentlich herbeiführen würde, getötet oder aber ihm von seinem jüngsten Bruder wieder entrissen und in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Es schien ja nichts zu geben, was sie hier hielt.
    Schon gar nicht er, in ihren Augen ein unbelehrbarer Rohling.
    »Du wolltest mich etwas fragen, Saber?«, drängte die Frau aus der anderen Welt, als er fortfuhr, sie stumm anzustarren. Seine Züge glichen einer steinernen Maske; er verschloss all seine widersprüchlichen Gefühle sorgfältig in seinem Innern, wo sie ungehindert durcheinanderwirbeln und ein wirres Netz bilden konnten, aus dem er sich früher oder später irgendwie würde befreien müssen.
    Man konnte seinem Schicksal nicht entkommen, so viel wurde ihm jetzt klar.
    Da er ihrem Blick nicht länger standhalten konnte, trat er einen Schritt zurück. »Schon gut, nicht weiter wichtig.«
    Verwirrt sah Kelly ihm nach, als er sich abwandte und ohne irgendeine Erklärung abzugeben wortlos die Halle verließ.
    »Wenn Ihr mich vor dem vereinbarten Treffpunkt in einer halben Stunde nicht benötigt, Lady Kelly«, erklang die tiefe Stimme seines jüngeren Zwillings, »dann würde ich gern noch ein paar persönliche Dinge erledigen, ehe ich mich zum Säubern der Burg wieder hier einfinde.«
    Kelly verrenkte sich den Hals, um über die Schulter hinweg zu ihm aufblicken zu können. »Danke, Wolfer. Ich glaube, ich bin endlich zu ihm durchgedrungen … aber ganz sicher bin ich mir nicht.«
    »Vielleicht seid Ihr das, und vielleicht ist er derjenige, der sich nicht sicher ist«, murmelte der Zweitälteste der acht. Die Weisheit eines alten Wolfes schimmerte in seinen goldenen Augen auf. Von all seinen Brüdern war schließlich er derjenige, der seinen Zwilling am besten kannte.
    Die anderen hüteten sich, ihm zu widersprechen.

9
     
     
    S ogar Dominor zeigte sich kooperativ, widerwillig zwar und unter dem Vorwand, es sei seine Meinung, dass die Burg einer gründlichen Säuberung bedurfte und seine magischen Kräfte daher unverzichtbar waren, aber er packte tatkräftig mit an. Am ersten Tag schrubbten die Brüder unter Kellys Anleitung den Boden der großen Halle, befreiten das Gebälk von Spinnweben und Staub, scheuerten und polierten den Tisch und die Stühle und brachten dann die große Küche auf Hochglanz – eine Arbeit, die ihnen dank des Einsatzes ihrer magischen Version von Muskelschmalz leicht von der Hand ging.
    Nach der großen Halle hatte die Küche Kelly am meisten am Herzen gelegen. Wenn sie vor Sauberkeit blitzte, war wenigstens gewährleistet, dass die Mahlzeiten gemäß ihres hygienischen Standards zubereitet wurden. Danach hielt sie den Männern einen Vortrag über regelmäßiges Händewaschen und den richtigen Umgang mit Lebensmitteln. Montezumas Rache oder Schlimmeres war das Letzte, was sie hier brauchen konnte.
    Am zweiten Tag nach ihrer Flucht aus ihrer Kammer marschierten die sechs Brüder – Saber und Rydan hatten sich nicht blicken lassen – nach dem Frühstück hinter Kelly her, um ihre Unterkunft etwas wohnlicher zu gestalten. Sie säuberten den Raum mit Hilfe ihrer Magie nicht nur gründlicher, als Kelly es bislang getan hatte, sondern dekorierten ihn auch vollständig um. Auf Evanors Vorschlag hin und unter der Anleitung des häuslichsten der acht Brüder veränderten sie mittels Zaubersprüchen die Farben und schufen so eine freundliche, anheimelnde Atmosphäre.
    Es war faszinierend, ihnen bei der Arbeit zuzusehen. Ein Fingerschnippen, eine rasche Drehung des Handgelenks, ein paar gemurmelte seltsame Silben, die Kelly nicht verstehen konnte, und schon wurden die dunklen, schmutzigen Samtvorhänge durch frische aus schwerem hellblauem und grünem Leinenstoff ersetzt, den der vierte Bruder in einem Lagerraum entdeckt und mit einem Spruch aus seinem unerschöpflichen Vorrat an Reinigungszaubern gründlich gesäubert hatte. Die Steinwände wurden abgeschrubbt und

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