Die Söhne der Sieben
„Mammon hat Vater bei ihm als obersten Richter der Hölle angeklagt. Der Bote meinte, er tobt vor Wut, über die Schmach die Vater und, nun, wohl auch du über ihn gebracht habt. Wenn Belphegor ihn erhört, bedeutet das eine Strafe für Vater, in besten Fall, muss er dem König bei dem du warst den Pakt wieder auflösen. Im schlimmsten Fall darf Mammon bestimmen, was für eine Gutmachung Vater zu leisten hat.“
„Oh“, machte ich unwohl und blickte kurz zu meinem Vater auf. Der lehnte nachsinnend auf seiner Stuhllehne und betrachtete mich aus Argusaugen. Mich beschlich ein mehr als ungutes Gefühl. Ich setzte eine zerknirschte Miene auf und senkte wieder den Blick: „Es tut mir wirklich leid, Vater.“
„Hm“, machte der nur und winkte ab. „Du hast dich wie mein Sohn verhalten. Deine Gelüste und die Gier danach über alles andere gestellt. Wie sollte ich dir einen Vorwurf machen?“
„Er hat Euch verraten“, erinnerte ihn Leonard melodramatisch. Ein zustimmendes Knurren kam von meinem Vater. Ich schluckte. Doch dann hörte ich ihn zu meinem Erstaunen plötzlich lachen. Verdutzt richtete ich meine Augen wieder auf ihn. Er lachte nur noch schallender.
„Mammons Gesicht hätte ich sehen wollen!“, dröhnte er unter beißendem Gelächter. „Wie sein menschlicher Körper ihm die Dienste versagt, bei der Unersättlichkeit des kleinen Lustknaben des Königs, wofür er unseren Lix ja offensichtlich gehalten hat. Und dann als er begreifen musste, wen er da wirklich in sein Bett geholt hatte! Beelzebubs jüngstes Kind! Er muss sich schwarz geärgert haben.“
Auch Leonard gestattete sich ein frivoles Lächeln. Er strich mir durch die Haare und schüttelte seinen gehörntes Haupt: „Ich hatte gar nicht gedacht, dass der alte nüchterne Mammon sich von einem kleinen Jungen in Versuchung führen lassen würde.“
„Unerfahrenheit kann auch anziehend sein“, fand mein Vater amüsiert. „Ich sollte ihn ebenfalls vor Belphegor anschwärzen, dass er meinen noch lange nicht mündigen Sohn einem so schädlichen Einfluss ausgesetzt hat. Diese Gelüste kommen Jahre zu früh für meinen kleinen Lix Tetrax.“
„Wann ist die Anhörung?“, wollte Leonard wissen.
„Bereits Morgen“, antwortete mein Vater. „Lix geh zu Bett! Du wirst morgen mitkommen müssen. Mammon besteht darauf, dich ebenfalls in dieser Sache zu verhören. Vielleicht lernst du ja etwas daraus.“
Ich fügte mich. Nur zu gerne wollte ich mich jetzt in einen erlösenden Schlaf fallen lassen, um nicht weiter über die aufreibenden Ereignisse nachdenken zu müssen. Ich war etwas überfordert mit der Situation. Mammon, der Bösewicht meiner Ammenmärchen, hatte mich in sein Bett gezogen und diese Dinge mit mir angestellt. Immer noch verlangte ich nach mehr davon. Außerdem hatte ich mir Mammon immer ganz anders vorgestellt. Irgendwie nicht so… Nicht so jedenfalls. Von neuer Unruhe erfasst, konnte ich es gar nicht abwarten ihn wieder zu sehen.
In seiner wahren Gestalt wirkte Mammon noch düsterer. Er hatte ebenso schwarze Haare und Augen, wie auf der Erde, doch nun war auch seine Kleidung kohlrabenschwarz und seine schärferen Gesichtszüge gaben ihm mehr Strenge, nicht zuletzt die etwas zu lange schmale Nase, deren Rücken leicht gebogen war. Er wartete bereits in Belphegors Halle auf uns. Jener bequemte sich erst später hinzu, als mein Vater und sein Kontrahent sich schon eine ganze Weile mit tödlichen Blicken taxiert hatten. Ich hielt mich im Hintergrund und war auch noch nicht weiter beachtet worden.
Schließlich kam Belphegor aus seinen Gemächern geschritten und ließ sich missmutig auf den Richterstuhl fallen. Sein träger Blick wanderte gelassen über die Anwesenden. Nach einer Weile räusperte er sich: „Nun, wir sind zusammen gekommen, um einen Disput zwischen den Häusern des Geizes und der Maßlosigkeit zu klären. Warum überrascht mich das nicht? Also, Mammon, willst du anfangen? Was wirfst du Beelzebub diesmal vor?“
„Er hat gegen ein Abkommen zwischen uns verstoßen, indem er sich in eine Angelegenheit von mir auf der Erde eingemischt hat“, kam Mammon gleich zur Sache. Seine Stimme war ein heiseres Krächzen, unheimlicher noch als die seiner Menschengestalt. Ich zog unwillkürlich die Schultern hoch und musterte ihn gebannt. Er war noch nicht fertig: „Ferner hat er dies durch einen nicht legitimierten Dämonen, seinen jüngsten Sohn, beobachten lassen. Ich bin mir nicht sicher was davon der größere Verstoß
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