Die Söhne der Sieben
Stimme hinter mir fest. Sie gehörte einem lieblichen Knaben mit schwarzen Locken und violetten Augen wie ich feststellte, als ich mich umdrehte. Er lehnte am Eingang und musterte mich mit einer merkwürdigen Mischung aus kindlicher Neugier und etwas anderem, das ich nicht gleich benennen konnte.
„Du sollst in die Halle kommen.“
„Wer bist du?“, wunderte ich mich über seinen vertraulichen Tonfall.
„Ich bin Inkubus, Asmodeus Sohn“, antwortete der Junge verschmitzt. Nun fiel es mir nicht schwer, das andere in seinem Blick zu deuten. Man konnte ja beinahe rot werden bei diesem Ausdruck in den Augen.
„Inkubus?“, wunderte ich mich über den merkwürdigen Namen. „Nennen so nicht die Menschen diese Wesen, die angeblich in ihren Träumen zu ihnen kommen und mit ihnen verkehren, um ihnen so die Energie zu stehlen? Machst du das etwa?“
Für einen Moment sah mich Inkubus nur verdattert an, doch dann prustete er belustigt los, was schließlich in einem schallenden Lachen endete. Er wischte sich sogar Tränen aus den Augen, so sehr hatte ihn meine Frage scheinbar erheitert.
„Nein“, gestand er endlich noch vereinzelt glucksend. „Aber mein Vater kannte diese Geschichte auch und fand wohl, dass es ein passender Name für seinen einzigen Sohn ist. Natürlich gibt es Inkubusse nicht wirklich. Die haben sich die Menschen nur ausgedacht, um die Erscheinungen ihrer nächtlichen Affären zu vertuschen. Und da diese Affären auch nur Auswüchse der Wollust sind, also quasi die Erzeugnisse meines Vaters, hat er mich danach benannt. Also komm endlich in die Halle. Ich wollte nur bei der Suche helfen, damit ich meinem Freund Xaphan zu seiner Mündigkeit gratulieren kann und wieder gehen. Auf mich wartet nämlich jemand.“
Ich sah ihn noch kurz in der Halle bei Xaphan stehen. Die beiden umarmten sich, dann verschwand er tatsächlich sofort wieder. Die beiden Älteren, Asmodi und Belphegor, unterhielten sich gedämpft. Als ich die Halle betrat, verstummten sie allerdings und wandten sich mir zu. Es war Asmodi der sprach: „Leviathan will dich sehen, aber ohne sich in die Karten schauen zu lassen. Misstrauisch wie eh und je. Leviathan ist der Auffassung, dass die Sache von Angesicht zu Angesicht geklärt werden müsse.“
„Ich soll also … in Leviathans Reich?“, fasste ich mulmig für mich zusammen. Asmodi nickte: „Richtig. Du kannst doch schwimmen?“
„Natürlich“, murmelte ich fast ein bisschen gekränkt. Ich konnte nicht ertrinken, dass hatte ich schon öfter ausprobiert. Selbst unter Wasser konnte ich atmen und leben. Nur waren Fische auf der Erde eine noch schlechtere Gesellschaft als Menschen, weshalb ich das Land letztlich doch vorgezogen hatte.
„Gut, wir werden dich in Leviathans Sphäre bringen, doch den restlichen Weg musst du allein gehen“, erklärte Asmodi und rollte die Augen.
„Warum?“, wunderte ich mich. Schließlich wäre es sicher schneller gegangen, wenn sie mich ganz bis dahin begleitet hätten. Nun meldete sich Xaphan zu Wort, der es sich auf Asmodis Schoß bequem gemacht hatte.
„Leviathan kann Asmodi nicht ausstehen. Die eine Begegnung war schon beinahe zu viel. Sie haben sich in einem Fort angegiftet“, erklärte er mit leichtem Vergnügen. „Aber Asmodi hat den Disput gewonnen und Leviathan ist nun ganz und gar gallig, was Asmodi betrifft. Es ist besser, wenn sie sich für das nächste Jahrhundert aus dem Weg gehen.“
„Es ist nicht schwer Leviathan zu finden“, grunzte Belphegor. „Im Zweifelsfall wird Leviathan dich finden. Aber lasst nicht zu viel Zeit verstreichen. Ich würde den Ausgang dieser Sache gerne noch in diesem Jahrhundert erfahren.“
„Seit wann so neugierig, alter Knabe?“, spottete Asmodi. „Der Ausgang ist doch schon längst klar. Leviathan würde ihn nicht sehen wollen, wenn es nicht sehr wahrscheinlich wäre, dass es sich tatsächlich um seinen Sohn handelt.“
„Soweit bin ich auch schon“, knurrte Belphegor pikiert. „Mich würde interessieren, warum er ihn auf der Erde hat aufwachsen lassen. Das ist nun wirklich nicht…“
„Nett?“, spottete Asmodi. „Du vergisst, dass Leviathan mehr ein Ungeheuer ist als irgendwer sonst. Er war niemals ein Engel und er ist auch ganz anders als Satan. Eher wie ein Fisch: kalt, schuppig und die spucken ihre Jungen auch einfach in die weite See. Nimm ’s nicht persönlich, kleiner Stolas.“
Ich schluckte und war mir immer weniger sicher, ob ich mein mögliches Elternteil überhaupt
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