Die Söhne der Wölfin
über und setzte sich in seinem Herzen fest. Am gestrigen Abend war sie hilfsbereit und beinahe fügsam gewesen; jetzt schien es, als ob mit dem neuen Tag auch ihre Unnahbarkeit zurückgekehrt war. Sie mußte lernen, daß sie nun seine Frau war.
Er ging zu ihr und legte besitzergreifend eine Hand auf ihren Oberarm, von dem noch das Wasser perlte. Die weiche Haut, die sich unter seiner Handfläche zusammenzog, erinnerte ihn daran, wie anders als die seine sie war, und es erregte ihn.
»Komm mit, Weib«, sagte er rauh. »Es ist Zeit.«
In ihren dunklen Augen las er Verwirrung, dann Erkenntnis, dann Ablehnung. »Ich werde nicht mit dir schlafen«, entgegnete sie kühl. »Es blieb mir keine andere Wahl, als dich zu heiraten, aber ich werde gewiß nicht...«
Weiter kam sie nicht. Der Funke Ärger in Faustulus flammte auf und verband sich mit dem Hunger, den Einsamkeit und Begierde fütterten.
»Du bist meine Frau«, unterbrach er sie in seiner eigenen Sprache und zog sie hinter sich her, zurück in das Haus, das einmal Mamulius gehört hatte. Sie wehrte sich und versuchte sich loszumachen, doch Faustulus war ein kräftiger Mann, und er glaubte nicht, daß dieses Mädchen je etwas Härteres getan hatte, als einem Vogel den Hals umzudrehen. Daß sie sich so sträubte, dämpfte seinen Zorn etwas, weil er sich daran erinnerte, wie sie ihn gebeten hatte, sie gleich umzubringen, da sie glaubte, das sei sein Auftrag vom König. Dazu war sie bereit gewesen, ohne sich zu wehren; was mußte der Mann, der ihr das Kind beschert hatte, ihr getan haben, wenn sie jetzt solche Angst davor hatte, genommen zu werden?
»Schau«, meinte er begütigend, während er sie auf das Lager niederdrückte, und wechselte wieder in die Sprache der Tusci über, »so ist es eben zwischen Mann und Frau. Du bist meine Frau, und wenn du ruhig bleibst, dann tut es auch nicht weh.«
Der Körper unter ihm wurde starr. Sie hörte in der Tat auf, sich zu wehren. Ermutigt versuchte Faustulus sich an ein paar Zärtlichkeiten, die ihm bei den wenigen Frauen, die er in der Vergangenheit gehabt hatte, mehr als ein Lächeln eingebracht hatten. Aber diese hier hielt die Augen geschlossen und die Lippen zusammengepreßt, wie um ganz sicher zu sein, keinen Laut von sich zu geben. Schließlich verlor er die Geduld und nahm sich, was er wollte.
Hinterher, als er gelöst neben ihr lag und darauf wartete, daß auch sie sich endlich entspannte, hörte er sie wieder sprechen, auf die distanzierte Art, in der sie sich den größten Teil des gestrigen Tages an ihn gewandt hatte.
»Es ist meine Strafe«, sagte sie. »Weil ich nicht genügend Vertrauen hatte. Weil mein Glaube nicht groß genug war. Ich hätte es darauf ankommen lassen müssen.«
Er spürte sie neben sich erschauern, spürte, wie ein Ruck durch sie ging, und als er sich auf einem Ellbogen aufstützte, um sie zu betrachten, sah er, daß sie weinte. Nun, da seine Begierde gestillt war, gewann wieder das Mitleid Oberhand, das er schon empfunden hatte, als er sie, inmitten einer Menschenmenge, mit dem Blick einer Sterbenden sah. Als er vor Jahren von den Tusci gefangengenommen worden war, hatte auch er eine Weile gebraucht, um zu begreifen, was das für ihn bedeutete. Sie mußte die Wirklichkeit wohl bis jetzt weit von sich geschoben haben. Zögernd strich er ihr über das wirre Haar und schob dann einen Arm unter ihre Achseln. Sie reagierte nicht, noch nicht einmal mit einer erneuten Anspannung, aber sie konnte nicht aufhören zu weinen. Er hielt sie weiter fest, spürte ihr Gewicht auf seinem Arm und bewegte sich nicht, während er sich fragte, wie alt sie sein mochte. Gerade jetzt erinnerte sie ihn an seine kleine Schwester, die wie der Rest seiner Familie und Freunde verschwunden war.
Unter all den seltsamen Ereignissen, die ihm in der letzten Woche zugestoßen waren, erschien ihm der Umstand, daß er sich seiner Frau jetzt, wo sie weinend neben ihm lag, näher fühlte als in dem Moment, als er seinen Samen in ihren Körper ergoß, am merkwürdigsten.
Am Ende beschloß Faustulus, zuerst einmal allein in das nächste Dorf zu gehen. Den Leuten in seinem eigenen Dorf hätte er sein Vieh und seine Frau anvertraut, aber bei denen vom Fluß war er sich nicht sicher. Da er jedoch auch nicht wußte, ob er Larentia allein lassen konnte, stand er vor einem Dilemma. Sie verblüffte ihn damit, selbst die Sprache darauf zu bringen, als er ihr beibrachte, wie man eine Kuh molk.
»Du hast bestimmt Angst, daß ich
Weitere Kostenlose Bücher