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Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Lied einfielen, »das ist es, was ich als erstes tun werde, wenn ich wieder in Korinth bin. Ein Mahl mit einem vernünftigen Wein zu mir nehmen. Nein, als zweites. Als erstes werde ich ein gründliches Bad nehmen.«
    »Verrate mir doch, Arion aus Korinth«, gab sie zurück, wobei sie weder ihn noch Ulsna, sondern weiterhin den Sternenhimmel betrachtete, »gibt es in Korinth für mich ebenfalls eine Möglichkeit, ein Bad zu nehmen und meine Ähnlichkeit mit der Gorgo zu verringern, ohne einen Aufruhr auszulösen?«
    »Mmh. Magierin oder nicht, ich kann dich nicht in mein Haus nehmen, denn mein Weib wird annehmen, daß du meine Geliebte bist, und ich möchte, daß sie mich freudig empfängt, nicht mit einer sauren Miene. Die Schenken bei uns sind nicht für Frauen als Gäste eingerichtet, außer... Vielleicht habe ich eine Bekannte, bei der ich dich unterbringen könnte«, schloß er und lachte bei dem Gedanken. Er glaubte mittlerweile durchaus an Ilians Fähigkeiten, doch er fand, daß sie ihm für seine löbliche Zurückhaltung während der Reise noch eine Belohnung schuldete.
    »Du hast eine Frau?« fragte sie, und Arion nickte. Da er in mitteilsamer Stimmung war, erzählte er ihr auch noch von seinen zwei Kindern, die einen Hauptgrund für seine Handelsunternehmungen darstellten, und fügte hinzu, bei der Fruchtbarkeit seiner Gattin stehe gewiß bald ein drittes ins Haus.
    »Wenn ich das Hanftuch und die Bronze gewinnbringend eintausche«, schloß er, »dann habe ich bewiesen, daß man mir vertrauen kann, und eine Menge mehr Kaufleute aus Korinth werden sich an meiner nächsten Fahrt beteiligen wollen. Wer weiß, vielleicht kann ich mir eines Tages eines der größeren Schiffe leisten. Eines von denen, wie sie die Phönizier bauen, mit einem Oberdeck und einer Eisenauskleidung zum Schutz gegen Piraten.«
    »Eisen?« wiederholte sie, und er wunderte sich, daß sie ausgerechnet dieses Wort nicht kannte. Die Rasna besaßen es selbst in nicht gering einzuschätzenden Mengen, wie man hörte, auch wenn sie es mehr zu Schmuck als zu Waffen verarbeiteten.
    »Adamas«, wiederholte er. »Nicht so zuverlässig wie Bronze, das gebe ich zu, aber härter, wenn man es einmal gezähmt hat. Wie es heißt, sind die Assyrer dabei, den Nubiern Ägypten damit zu nehmen.«
    Ulsna hatte inzwischen sein Zechlied beendet, und Arion bedeutete ihm, weiterzumachen. Es brachte die Männer in gute Stimmung und selbst Laios’ Gemurre zum Schweigen.
    »Adamas«, sprach sie ihm nach und klang beunruhigt, als sie ein Wort in ihrer eigenen Sprache hinzufügte, das mutmaßlich dem Wort Eisen entsprach. »Jetzt weiß ich, was du meinst. Es könnte ein weiteres Zeichen sein für Anfang und Ende. Was tut man bei euch, wenn ein neues... Saeculum beginnt, Arion?«
    Nun war es an ihm, ein Wort nicht zu verstehen, doch er hatte keine Lust, das zuzugeben, also zuckte er die Achseln. »Frag die Priester, wenn du nach Delphi kommst.«
    »Das werde ich. Wenn ich nach Delphi komme. Werde ich nach Delphi kommen?« gab sie zurück und ließ die Frage wie ein Echo auf den Vers, mit dem Ulsna eine weitere Strophe abschloß, ausklingen. Ehe er sie fragen konnte, was sie meinte, setzte sie hinzu: »Einige Winde tragen üble Gerüchte mit sich, und vielleicht blasen sie einem Mann ein, wenn er erst eine sichere Reise hinter sich habe, brauche er meine Flüche nicht mehr zu fürchten und könne seinen Gewinn noch durch einen weiteren Verkauf mehren.«
    Arion wußte nicht, ob er sich gekränkt oder durchschaut fühlen sollte. Gelegentlich war ihm genau das in den Sinn gekommen, doch er plante es nicht ernsthaft. Er betrachtete Ilian inzwischen als seinen Glücksbringer; schließlich hatte sich sein Geschick gewendet, als sie in sein Leben getreten war. Und einen Glücksbringer, den einem die Götter gesandt hatten, verhökerte man nicht; das hieße, Unglück auf sich herabzubeschwören. Also entschied er sich, als zu Unrecht verdächtigter Ehrenmann zu antworten, mit einer Prise Neckerei, denn er hatte entdeckt, daß Ilian dafür empfänglich war.
    »Es trifft mich zutiefst, daß du mir dergleichen zutraust.«
    »Es braucht dich nicht zu treffen«, entgegnete sie trocken. »Es gibt keinen Mann, dem ich dergleichen nicht zutraue, wenn der Preis stimmt... Nun ja, vielleicht einen.«
    Ein winziger, nagender Wurm regte sich in Arions Eingeweiden, den er nicht Eifersucht nennen wollte. Schließlich war es ihm gleich, in welchem Ansehen er bei einer Frau stand, mit der er

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