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Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hörte, erleichterte sie allerdings kaum, auch wenn es sie nicht wenig belustigte.
    »Teurer Freund«, sagte sie, als Arion seine Erklärung mit einer Bitte beendet hatte, »es freut mich für dich, daß du dein Glück gemacht hast, aber wenn das Mädchen wirklich eine Magierin ist, warum hast du sie dann nicht in den nächsten Tempel gebracht?«
    »Weil sie nicht in der Verfassung ist, das zu beweisen, und man mir wohl kaum geglaubt hätte. Aus dem gleichen Grund kann ich sie nicht mit nach Hause nehmen. Es ist nur für ein paar Tage, Prokne, bis sie sich wieder erholt.« Er versuchte sich an seinem großäugigen Kleinjungenblick, als er beschwörend hinzufügte: »Bitte, Prokne, es gibt sonst niemanden, an den ich mich damit wenden kann.«
    Das war gelogen, und sie wußten es beide. Er hätte ihren Vetter um den gleichen Gefallen bitten können, um nur ein Beispiel zu nennen. Was bedeutete, daß er noch andere Motive hatte, das Mädchen hierherzubringen.
    »Ich kann für Eure Gastfreundschaft bezahlen«, warf das Mädchen ein und sprach damit zum ersten Mal, zwar mit einem deutlichen Akzent, aber klar. Ehe Prokne Zeit hatte, darauf zu antworten, löste sich die Fremde von ihrem Begleiter, trat einen Schritt vor und brach dann auf Proknes frischen Binsen zusammen.
    »Ilian!« rief der Junge bestürzt und kniete neben ihr nieder.
    Arion machte eine Bewegung, als wolle er es ihm gleich tun, hielt sich jedoch zurück und räusperte sich verlegen, ehe er meinte: »Du würdest es wirklich nicht umsonst tun, Prokne.«
    »Wenn du das sagst«, erwiderte Prokne gedehnt. Mittlerweile war sie neugierig geworden und entschloß sich, das Spiel eine Zeitlang mitzuspielen. Sie musterte das Bündel Elend auf dem Boden. »Glaubst du , daß die Götter zu ihr sprechen?«
    »Mmm. Sie versteht etwas davon, wann Stürme losgehen. Wir hatten eine ungemein günstige Rückfahrt mit ihr an Bord, und sie kann handeln. Wenn das alles nichts mit den Göttern zu tun hat, dann versteht sie es, das Glück auf sich zu ziehen. In beiden Fällen wäre es töricht, sie im Unfrieden gehen zu lassen. Ich habe Poseidon versprochen, sie sicher auf den Weg nach Delphi zu schicken. Danach ist mein Handel mit ihr erledigt.«
    »Nun denn«, meinte Prokne achselzuckend. »Wer weiß, vielleicht werde ich herausfinden, ob etwas von der Gunst der Götter für mich abfällt.«
    »Prokne«, antwortete Arion mit einem erleichterten Grinsen, »du bist doch bereits ein Glückskind.«
    Für Ulsna verband sich Korinth bald mit seinem Eindruck von Prokne: reizvoll, aber furchteinflößend. Er traute der Frau, der Arion ihn und Ilian mehr oder weniger übergeben hatte, nicht im geringsten. Sie erweckte nicht das Gefühl, sich Arion genug verbunden zu fühlen, um ihm aus Freundschaft zu helfen, also mußte sie andere Beweggründe haben. Hinzu kam, daß ihr Haar in einem unnatürlichen Rot leuchtete und ihre Augen die Farbe des Himmels in sich trugen, ein Blau ohne die geringste Wärme. Unwillkürlich stellte er sich so die Unterweltsdämonen vor. Aber es gab hier niemanden, an den Ulsna sich wenden konnte, und er machte sich Sorgen um Ilian.
    Ilian war am Ende ihrer Reise wirklich krank geworden. Ihre Haut glühte vor Fieber, und die Ränder um ihre dunklen Augen erinnerten Ulsna beklemmend an die letzten Wochen seines alten Meisters. Das erste, was Prokne mit ihr tat, war, sie von einer Dienerin gründlich waschen zu lassen. Als Ulsna sie danach wiedersah, entdeckte er entsetzt, daß mit dem Schmutz und Schweiß auch Ilians Haare verlorengegangen waren. Ohne die langen braunen Locken und mit der Hautfarbe, die trotz der Bräune inzwischen ungesund fahl wirkte, glich die schlafende Ilian mit einemmal einem Jungen, und das verstörte ihn. Zum ersten Mal lenkte er seinen Blick bewußt auf Ilians Brüste, auf die unbestreitbar weiblichen Hüften.
    »Ich habe sie ihr abschneiden lassen«, erklärte Prokne ungerührt. »In dem Zustand waren sie ihr zu nichts nutze. Und wo wir gerade dabei sind, du solltest das gleiche mit den deinen tun. Nach einem ordentlichen Wasserschwall. Arion hat behauptet, du seist ein Barde. Wenn du zu meiner und der Unterhaltung meiner Gäste beiträgst, dann nicht in diesem Zustand.«
    Es war ihm neu, daß er überhaupt zu ihrer Unterhaltung beitragen würde. An und für sich sollte es ihn freuen, doch er hatte gehofft, in Korinth als erstes für Arion zu singen. Wie dem auch sein mochte, Proknes Eröffnung hatte auch etwas Beruhigendes. Er würde

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