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Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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nicht...«
    »Du meine Güte«, platzte Antho heraus, die sich nicht länger zurückhalten konnte, »deshalb hat sie so ein Gewese gemacht? Wegen eines zweitrangigen Gottes, zu dem nur die Krieger beten? Und ich dachte, der Vater wäre jemand, den ich kenne, so, wie sie davon gesprochen hat.«
    Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie gleichzeitig die ungeteilte Aufmerksamkeit des Königs von Alba und der Hohepriesterin Fasti, die sie beide anstarrten, als sei ihr ein zweiter Kopf gewachsen.
    »Du hast nicht mit ihr gesprochen«, sagte Arnth rauh. »Du kannst nicht mit ihr gesprochen haben; sie hat den Tempel nicht verlassen, bis ich sie dem Latiner übergeben habe.«
    Antho errötete. »Es war nicht vor ihrer Verbannung«, gestand sie verlegen, »sondern im Jahr danach. Sie war noch einmal hier, weißt du? Sie tat mir leid, und sie war so seltsam, so launisch, da habe ich ihr ein paar Gewänder und etwas Schmuck gegeben, damit sie nicht so arm dran ist. Ihre Kleider waren nämlich wirklich gräßlich, und sie stank. Aber das ist nun schon Jahre her«, fügte sie eilig hinzu, als sie die steinernen Mienen ihres Vaters und der Hohepriesterin sah, »und seither war sie nicht mehr hier. Ich weiß, ich hätte nicht mit ihr sprechen dürfen, aber sie hat mir eben leid getan, und...«
    »Mit ihr zu sprechen war eine Dummheit«, unterbrach Fasti sie ungehalten. »Schlimmer, es war eine Blasphemie.«
    Sie zog den Schal, der um ihre Schultern lag, ein wenig fester und fröstelte dennoch. »Sie war also hier«, murmelte sie.
    »Das kann aber nichts damit zu tun haben, daß die Leute jetzt über meinen Vater herziehen«, gab Antho in dem Versuch, ihren Kopf aus der selbstgelegten Schlinge zu entfernen, zurück. »Warum sollten ihr die Leute auf einmal glauben, nach all den Jahren, wo selbst du es nicht getan hast, edle Fasti? Und wenn jemand den Willen der Götter kennt, dann doch du, nicht wahr? Wenn sich jetzt ein Gott als Vater herausstellt, dann war das dein Fehler.«
    »Antho«, sagte ihr Vater müde, »halt den Mund.«
    Fasti schüttelte den Kopf. »Aus den Worten von Kindern und Toren spricht gelegentlich Weisheit. Es besteht kein Grund dafür, daß die Leute... der Namenlosen nach all den Jahren Gehör schenken sollten, falls sie es ist, von der diese Gerüchte ausgehen. Aber irgend jemand verbreitet sie, und es muß eine Quelle sein, die über wenn nicht alle, dann doch viele Zweifel erhaben ist. Ich kann dir nur noch einmal versichern, Herr, daß es nicht dieser Tempel ist. Du mußt weitersuchen.«
    Arnth nickte. »Es hat vermutlich keinen Sinn, den Latiner ausfindig zu machen, dem ich Ilian damals mitgegeben habe. Er hatte strikte Anweisung, sie von hier fernzuhalten, und wenn sie nach der Geburt des Kindes hier war, dann hat sie ihn gewiß verlassen.«
    »Such nicht nach der Namenlosen«, riet Fasti, und Antho fand es albern, daß die Hohepriesterin immer noch darauf bestand, Ilian nicht beim Namen zu nennen, wenn es doch sonst jeder im Raum tat. »Such nach den Leuten, die hinter ihr stehen.«

    Die Schweine zu hüten war eine Aufgabe, die den Kindern des Dorfes früh zugeteilt wurde. Für die Zwillinge gehörte es zum Alltag und wurde allmählich langweilig. Remus mochte Schweine; er kraulte sie gern mit einem Stock hinter den Ohren und versteckte sich im Wald, wenn sie geschlachtet wurden, um ihr Schreien nicht zu hören, auch wenn das außer seinem Vater und dem Bruder keiner wußte. Romulus hatte nichts für Schweine übrig, doch er begriff, daß sie wichtig waren, und behielt sie im Auge. Alle beide jedoch hätten lieber etwas anderes getan in dem Frühling, als Numa das Dorf verließ, um sich bei den Tusci als Krieger zu verdingen.
    »Nicht in Alba«, erklärte Numa, als er Faustulus bat, bei seinem Vater ein gutes Wort einzulegen. »Für diesen König würde ich nie kämpfen. Ich werde nach Tarchna gehen.«
    »Alba, Tarchna, das kümmert deinen Vater nicht«, entgegnete Faustulus kopfschüttelnd. »Tusci sind Tusci.«
    »Aber Faustulus, du warst doch auch in ihren Diensten, und du bist reich und mit einem Weib zurückgekehrt.«
    »Du weißt nicht, wovon du redest, Junge«, knurrte Faustulus, willigte jedoch ein, mit Pompilius zu sprechen. Am Ende ging Numa mit dem Segen seines Vaters und dem Versprechen, die Familie nicht zu vergessen.
    »Wenn ich groß bin«, sagte Remus und fuchtelte mit einem Weidenzweig in der Luft herum, während die Zwillinge die Schweine aus ihrem Koben trieben, »werde ich auch

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