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Die Söhne.

Die Söhne.

Titel: Die Söhne. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Paulus zu adoptieren. Ich bitte dich, dein prinzipielles Einverständnis zu erklären. Das machte den Vorgang einfacher und weniger peinlich.« Dorion schaute ihn aus ihren hellen Augen an. Langsam verzog sich ihr Mund. Sie lächelte. Sie lachte. Sie lachte los, hell, scheppernd, höhnisch, böse, laut, lange. Sie genoß den Vorschlag des Josef, und sie genoß ihr Lachen. Sicherlich gefiel ihr Lachen ihrem Vater Fabull, sicherlich genossen die drei Köpfe an den Wänden es mit.
      Andern Tages erzählte Dorion ihrem Freunde Annius, wie kindisch sich Josef abgezappelt habe, wie klein und jämmerlich er vor ihr gestanden sei. Sie war voll von wilder, großartiger Freude, und sie lachte von neuem. Annius lachte mit. Lachend erzählte er seinem Vetter Flavius Silva von des Josef komischem Vorschlag, den Paulus zu adoptieren. Auch Flavius Silva lachte zuerst. Aber dann überlegte er, diese Juder seien wüste Fanatiker, und dazu teuflisch schlau; wenn es sich um ihren Aberglauben handle, brächten sie es fertig, das Geradeste krumm zu biegen.
      Dorion erzählte auch dem alten Valer, dem Dichter, von Josefs Ansinnen. Auch Valer lachte, aber sein Lachen klang grimmig. Die Läufte waren verderbt und gaben Anlaß zu den schlimmsten Befürchtungen. Was war unmöglich in einer Zeit, in der sich ein Jude als römischer Ritter aufspielen konnte, während die echten Römer, die Sprößlinge des Äneas, ihrer Würde entkleidet, die Wachsbilder ihrer Ahnen beim Spediteur unterstellen mußten? Ihn sollte es nicht weiter wundern, führte er aus, wenn der Jude mit seiner Forderung, einen Römer zu beschneiden, bei einem römischen Gericht durchdränge. Schon der alte Seneca, ein schlechter Mann übrigens, der aber zuweilen gute Formulierungen fand und sein übles Leben durch einen anständigen Tod gutmachte, habe treffend bemerkt, die besiegten Juden diktierten den siegreichen Römern ihre Gesetze.
      Der alte Valer nahm den Fall so ernst, daß er den Helvid aufsuchte, den Führer der oppositionellen Senatspartei, der sich mit besonderer Strenge für die Prinzipien der traditionellen nationalen Justiz einzusetzen pflegte. Helvid lachte nicht über das Begehren des Josef, er äußerte vielmehr über den ver kommenen Adel und den verjudeten Senat bittere Sentenzen, die dem Herzen des Valer wohltaten. Aber sehr ernst nahm auch Helvid den Fall nicht. Er verwies vielmehr den Alten an seinen Rechtskonsulenten. Er glaubte nicht, daß er selber als Redner werde in Aktion treten müssen. Er nahm an, der Scheidungsprozeß der Dame Dorion werde längst zum Sieg geführt haben, bevor die Gegner mit ihrem Adoptionsverfahren recht im Zug seien.
      Es zeigte sich aber bald, daß geschickte und einflußreiche Männer am Werk waren, den Scheidungsprozeß hinauszuzögern. Als Anwalt des Josef trat zunächst ein gewisser Publius Niger auf. Bald aber hatten Dorions Freunde ermittelt, daß dieser Publius Niger von einem gewissen Calpurnius Salvian vorgeschoben war und dieser Calpurnius Salvian von einem gewissen Clinius Macro. Es dauerte lange, bis die Freunde der Dorion hinter all diesen Namen den Oppius Cotta auftauchen sahen und die Kanzlei des Junius Marull. Als sie soweit waren, lachte niemand mehr über das Begehren des Josef, den Knaben Paulus zu adoptieren.

    Das Modell der »Großen Deborah« gedieh, aber es erforderte mehr Zeit und Arbeit, als die beiden Knaben gedacht hatten. Und als es endlich fertig war, stellte sich heraus, daß man es praktisch nicht verwerten konnte. Es ließ sich zwar nach oben und nach unten in beliebiger Winkelhöhe verstellen, aber beim Abschuß machte es immer wieder eine unvorhergesehene, eigenwillige Drehung und wollte nicht parieren. Die beiden Knaben versuchten dies, jenes; nichts glückte. Schon begannen die Kameraden, die von dem Experiment Wind bekommen hatten, höhnisch zu fragen, ob das Modell in die Kloake gefallen sei.
      Die beiden sahen ein, daß sie es allein nicht schafften, daß sie einen Sachverständigen zu Rate ziehen mußten. Josef schied aus; der sollte mit dem fertigen Modell überrascht werden. Blieb des Constans Vater, Hauptmann Lucrio.
      Constans hatte seit seinem ersten, stammelnden Versuch, seinen Vater zu entschuldigen, niemals mehr mit dem Freund über die gröbliche Beleidigung gesprochen, die der Haupt mann dem Simeon angetan hatte. Aber er wurde ein gewisses Schuldgefühl nicht los. Simeon hatte inzwischen Gelegenheit gehabt, seine Überlegenheit noch öfters zu beweisen; er

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