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Die Söhne.

Die Söhne.

Titel: Die Söhne. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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dringlich eingeladen, nach Italien zu kommen. Die Stadt Verona, in der ich geboren bin, ist eine schöne Stadt, und wenn sich der Träger des Graskranzes mit seinem guten Stück Geld dort niederließe, beim Herkules, er hätte ein höllisch angenehmes Leben. Warum, mein Flavius Josephus, sachverständiger Schilderer der römischen Armee, zieht er es vor, hier in Ihrem lausigen Judäa zu bleiben und sich mit Ihrem Herrn Verwalter herumzustreiten, den er nicht einmal auf gut römisch mit seinem Rebstock über den Kopf hauen kann? Da stehen Sie, sehr gelehrter Herr, und wissen keine Antwort.«
      Er trat an Josef heran und brachte sein nacktes, rosiges Gesicht so nahe an ihn, daß Josef seinen Atem roch, die Ausdünstung seines fleischigen Körpers. »Ich bin hier«, sagte er, »weil zwar das da im Staube liegt, weil aber immer noch viel zuviel von euch steht. Sie haben seit einiger Zeit ein neues Wort in Rom, das heißt ›Humanität‹. Das ist ein dummes Wort, ich mag es nicht, man kommt nicht weiter damit. Vor allem nicht, wenn man es mit euch zu tun hat. Euch hätte man zertrampeln müssen, damals. Aber in Rom haben sie es mit ihrer verdammten Humanität und sagen nein und quasseln, man müsse unterscheiden zwischen Staat und Religion, und die Religion sei erlaubt. Das habt ihr ihnen eingegiftet, ihr Bande. Ihr seid höllisch schlau. Habt ihr Triumph geheult, wie eure Berenike in Rom erschien, um den Walfisch zu angeln? Das haben euch ja nun die Götter glücklich versalzen. Aber ihr seid so zäh wie schlau, und mit euch kann man nicht vorsichtig genug sein. Und, sehen Sie, darum bin ich hier. Ich bin nämlich nicht für Humanität. Ich bin dafür, daß man das, was man nicht mag, ausreißt, ausrottet, austilgt, zertrampelt. Wenn ihr uns nicht gleich wieder über den Kopf wachsen sollt, muß ein Mann wie ich dasein. Schauen Sie sich unser Emmaus an. Es sind eine Menge Kameraden hier, Leute aus der Fünften, Offiziere und Mannschaften, Kerls, die sich sehen lassen können. Aber mit so listigen, leisen Burschen wie euch werden sie hier nicht fertig. Wenn ich nicht wäre, dann hätten sie sich vielleicht von euch breitschlagen lassen und hätten die gemeinsame Wasserleitung gelegt, weil es auf der Hand liegt, daß da für uns eine halbe Million Ersparnis im Jahr herausspringt. Aber daß für euch anderthalb Millionen herausspringen und daß ihr uns auf diese Art in zehn Jahren wieder unten habt, das sehen meine gutmütigen Fünfer nicht von allein, da muß man ihnen erst den Kopf darauf stoßen. Und dazu, mein verehrter Flavius Josephus, sitze ich in diesem lausigen Emmaus statt in meinem schönen Verona. Verstanden? Ich mag euch nicht, und ich hoffe, der Tag wird kommen, an dem man euch zertrampelt, und ich will dabeisein.«
      Der Hauptmann schnaufte. Er hatte eine lange Rede gehalten, eine gute Rede, fand er, und es hatte ihn erfrischt, sie gerade diesem schweigsamen Burschen in sein hageres, bärtiges Judengesicht hinein zu halten. Von unten herauf kam der Lärm der Meßgäste. Fernher irgendwo stieg das berühmte Lied der Fünften Legion in die Luft: »Wozu ist unsre Fünfte gut? / Der Legionär macht alles: / Kriege führt er, Wäsche wäscht er, / Throne stürzt er, Suppe kocht er ... / Unsre Fünfte, die macht alles.«
      Josef hatte immer gewußt, daß in diesem Manne aller Haß Esaus gegen Jakob sich gesammelt hatte. Was hatte dem Pedan das Wasser getan, das seine Bäume und Felder wässern sollte? Aber er haßte es, nur weil es auch die Bäume und Felder des Juden zu wässern bestimmt war. Es war nicht angenehm, soviel schmutzigen Triumph aus diesem frechen Maul quäken zu hören. Aber man sah, was für ein weiter Weg es war, ehe man sich mit denen verständigen konnte, zu denen dieser Pedan gehörte, und das zu sehen war nützlich. »Es scheint«, sagte Josef, und es war nicht einmal Ironie in seinen Worten, »daß es noch eine Weile dauern wird, ehe man sich über die Frage der Wasserleitung verständigt.« – »Es scheint so«, sagte grinsend der Hauptmann Pedan.

    Der römische Wachtposten auf dem Hügel Schönblick im Norden der Stätte, wo vor zehn Jahren Jerusalem gestanden, hörte plötzlich zu gähnen auf, schaute schärfer. Wahrhaftig, der Mann ritt weiter, kam heran. Dabei sah man jetzt deutlich, wie jüdisch sein Gesicht ausschaute. Vielleicht gab es einen Spaß, vielleicht, wenn er nicht gute Ausweise bei sich trug, konnte man ihn körperlich untersuchen, ob er noch seine Vorhaut habe.

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