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Die Söhne.

Die Söhne.

Titel: Die Söhne. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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griff,
Versengte sich den Mund
Und ward schwer von Wort und ein Stammler.
Wie dürfte mir Geringem träumen von solcher Gabe.
Ich kann nicht das Feuer sein.

    Sinnlos vielleicht ist der schimmernde Bogen,
Wenn durch den Regen die Sonne bricht,
Vielleicht nur eine Freude der Kinder und Träumer.

    Und dennoch war’s dieser Bogen gerade, Den Jahve sich ausersah zum Zeichen
    Seines Bundes mit dem vergänglichen Fleisch. Laß mich solch ein Regenbogen sein, Jahve,
    Schnell erlöschend, doch neu geboren immer wieder,
Schillernd in vielen Farben und dennoch aus einem Licht,
Eine Brücke von deiner Erde zu deinem Himmel,
Gemisch aus Wasser und Sonne,
Immer da,
Wenn Sonne und Wasser sich mengen.
    Ich will nicht das Salz sein.
Ich kann nicht das Feuer sein.
Laß mich Regenbogen sein, Jahve.

    Josef begann, sich auf seinem Gut zu Hause zu fühlen. Das Gespräch mit Justus hatte ihm Sänftigung gegeben. Er war viel allein, machte lange, einsame Spaziergänge, aber er schloß sich nicht ab von den Menschen. Er tauschte ruhiges Gespräch mit dem Verwalter Theodor, mit dem Gehorsamen, mit andern seiner Knechte und Mägde.
      Eines Tages in dieser besinnlichen Zeit ging er hinaus nach dem Vorwerk »Brunnen der Jalta«, wo Mara lebte. Mara errötete jäh, als er kam, aber es war nicht die böse, zornige Röte ihres ersten Wiedersehens. »Heil Mara«, begrüßte sie mit der üblichen, aramäischen Formel Josef, und »Friede mit dir, mein Herr«, gab sie ihm die Formel zurück.
      Dann aber fragte sie wie Dorion: »Was haben wir uns noch zu sagen?« Und da er schwieg, fügte sie hinzu: »Ich habe viel Arbeit. Die Weinberge sind verwildert, und die Früchte des Ölbaumes verkommen. Auch ist die hellfarbige, babylonische Eselin trächtig. Ihre Wartung erfordert Sorgfalt, und sie war sehr teuer.«
      »Laß mich hier sitzen und dir zuschauen«, bat er. Und er saß still und schaute ihr zu. Er war nach dem Lande Israel zurückgekommen, um sich Klarheit zu schaffen, aber sein Aufenthalt in Cäsarea und in Galiläa, in Samaria und in Emmaus, in Lud und in Jabne hatte ihm nur tiefere Verwirrung gebracht. Die Ruhe, die Kraft zum Werke, die er brauchte, konnte er nur hier auf seinem Gut finden.
      Er saß auf einer besonnten, kleinen Mauer und schaute Mara zu, wie sie arbeitete, barfuß, in dem breitrandigen Strohhut, der sie vor der Sonne schützte. Er saß still und ließ seine Gedanken treiben.
      Bevor die Winterstürme kommen und die Schiffahrt eingestellt wird, will er zurück in Rom sein; so hat er es sich vorgenommen. Wäre es nicht vielleicht weiser, im Lande zu bleiben und in Ruhe die Geschichte Israels hier zu schreiben? Aber wenn er hier arbeitet, wird nicht gerade das Land selber ihn stören, die übergroße Nähe der Dinge und Menschen, die Wirrnis der noch fließenden Ereignisse ringsum? Braucht man, um Geschichte zu schreiben, nicht Distanz, auch räumliche?
      So mag Boas auf Ruth geschaut haben, wie er jetzt sitzt und auf Mara schaut. Ruth war eine Moabitin, eine Fremde, eine Nichtjüdin, und gerade sie, erzählt die Schrift, wurde zur Stammutter Davids auserwählt. Die Schrift ist nicht eng und nicht nationalistisch. Jahve, erzählt sie ein andermal, zürnte dem Jona und strafte ihn, weil der sein Wort nur Israel weitergeben wollte und sich weigerte, es auch den Nichtjuden zu verkünden, der großen Stadt Ninive. So ist die Schrift. Er, Josef, hat die Nichtjüdin geheiratet, wie Mose die Midianitin. Aber er ist kein Mose, und seine Ehe hat kein gutes Ende genommen.
      Das Levirat ist eine merkwürdige Einrichtung. Wenn ein Mann gestorben ist, ohne seiner Frau einen Sohn zu hinterlassen, dann hat der Bruder des Mannes die Pflicht, die Frau zu ehelichen und ihr Kinder zu machen. Wieviel mehr Verpflichtung hat ein Mann vor einer Frau, deren einziger Sohn durch seine Schuld umgekommen ist. Viele der Doktoren preisen die Wiederverheiratung mit der Geschiedenen als edle, verdienstliche Tat. Wenn jetzt hier in der Sonne um die arbeitende Frau Kinder von ihm spielten, das wäre ein erfreulicher Anblick. Gamaliel ist ein kluger Herr und ihm zugetan; er würde, wenn Josef diese Frau von neuem ehelichte, Mittel und Wege finden, zu erwirken, daß alle diese Ehe als eine vollgültige anerkennen.
      Er saß still bis zum Abend und nötigte seinen Gedanken keine Folgerichtigkeit auf, sondern ließ sie kommen und gehen, wie sie wollten. Als es Abend wurde, rief Mara ihre Knechte und Mägde zum Essen. Er wartete, ob sie ihn

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