Die Söhne.
erschienenen Messias glaubten. Viele aber, die meisten, verharrten in ihrem Glauben. Sie schieden aus der Gemeinschaft, sie nahmen es auf sich, von den andern gemieden zu werden. Manche wanderten außer Landes, unter ihnen der Wundertäter Jakob aus dem Dorfe Sekanja.
Die Anhänger der neuen Lehre übernahmen jetzt mit Entschiedenheit jene Mission, die früher die Juden als ihre wichtigste betrachtet hatten: die Verbreitung Jahves unter den Heiden. Wohl schleppte noch eines oder das andere der minäischen Bücher jenen alten Satz mit: »Geht nicht auf der Straße der Heiden und zieht nicht in die Städte der Samariter, sondern geht nur hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel«; doch Grundpfeiler der Propaganda wurde jetzt die Lehre jenes Saulus oder Paulus, die Botschaft Jahves und seines Messias sei bestimmt, vor allem das Licht der Heiden zu werden. Während die Juden unter dem Druck des Beschneidungsverbots mehr und mehr auf die Propaganda verzichteten, ließen sich die Minäer durch Verfolgungen nicht abhalten, ihren Messias zu verkünden.
Immer schärfer sonderten sich die Christen ab von denen, aus deren Mitte sie kamen. Sie verleugneten das Zeremonialgesetz, das sie bisher gebunden. Heftig in ihren Heilsbotschaf ten sagten sie dem altgläubigen Judentum Feindschaft an. Haßvoll und für immer spaltete sich die neue, weltbürgerliche Lehre ab von der alten, jetzt volksgebundenen, um in dieser Gestalt die Welt zu gewinnen.
Josef, nach der Unterredung mit dem Großdoktor, war auf sein Gut zurückgekehrt. Er saß dort herum, führte ruhige Gespräche mit dem Verwalter, erwog, ob er seinen Leibeigenen, den Gehorsamen, nicht freilassen solle.
Noch zwölf Tage, dann fährt das Schiff »Glück«, das ihn zurück nach Italien bringen wird, noch vier Tage, dann muß er nach Cäsarea aufbrechen.
Er ritt hinaus auf das Vorwerk »Brunnen der Jalta«. Er setzte sich auf die kleine Mauer, die er liebte; aber diesmal war Mara nicht da. Still saß er in der Sonne, die nicht mehr heiß war. Nun er sich entschieden hatte, fortzugehen, spürte er doppelt die Sehnsucht, im Lande zu bleiben.
Wenn er in Rom wenigstens Söhne hätte, Söhne im Geist und im Fleische. Aber Simeon ist tot, und Paulus ist ihm verloren.
Ein Mann hat viel zu sühnen an einer Frau, deren einziger Sohn durch seine Schuld umgekommen ist. Aber wenn er sie wieder zu sich nähme, wäre das für ihn nicht eher Lohn als Strafe? Mara ist nicht da, aber er sieht sie im Geiste vor sich, barfuß, mit dem großen Strohhut, sitzend, stehend, hin und her gehend, wohl auch kniend, grabend, in der fetten, schwarzen Erde.
Viele der Doktoren preisen die Wiederverheiratung mit der Geschiedenen als verdienstliche Tat. Was für ein Gelächter gäbe es in Rom, wenn er, nach allem Vorhergegangenen, mit seiner ersten Frau wieder angerückt käme. Freilich täuscht man sich oft. Er hat nie gedacht, daß man ihn hier im Lande Israel so freundlich aufnehmen werde. Gamaliel ist in Wahrheit ein großer Mann. Es gibt keinen besseren, die Juden in dieser Zeit zu führen.
Es wäre gut, einen Sohn von Mara zu haben, von der Frau mit den bloßen Füßen und dem Strohhut. Es ist gleich, ob die Juden einen solchen Sohn anerkennen oder nicht. Wenn man ihn nur von Anfang an selber erzieht, zusammen mit der Frau mit den bloßen Füßen.
Als er anderen Tages wieder auf das Vorwerk kam, war Mara da. Sie arbeitete. Er stellte sich neben sie, sprach zu ihr. Sprach ihr von jener merkwürdigen Institution, dem Levirat. Setzte ihr auseinander, daß man diesen Begriff nicht zu eng fassen dürfe, daß er ihr gegenüber eine Verpflichtung spüre, daß ihm diese Verpflichtung willkommen sei. Sie arbeitete weiter, während er sprach, und sah nicht auf, so daß er nicht erkennen konnte, ob sie ihm zuhörte und wie sie seine Worte aufnahm; denn der große Hut beschattete ihr Gesicht, und er sah nicht, was darauf vorging.
Er fuhr fort, zu sprechen, und er sagte mehr, als er vorhatte. Er fragte, ob sie mit ihm nach Rom kommen und dort in seinem Hause leben wollte. Er werde das Bürgerrecht für sie erwerben, und wenn sie auf jüdische Art nicht sollten heiraten können, dann wolle er sie auf alle Fälle auf römische zu seiner Frau machen. Ihr Sohn solle seinen Namen tragen, Flavius Josephus solle er heißen, und sie solle wählen, ob sein Vorname Lakisch sein solle nach ihrem Vater oder Matthias nach dem seinen, und er solle ein Römer sein und vor
Weitere Kostenlose Bücher