Die Söhne.
allem ein Jude. Und sie beide gemeinsam würden ihn hüten und erziehen.
Er sprach nicht sehr deutlich, trotzdem er ein geübter Redner war; manchmal unterbrach sein erregter Atem seine Sätze.
Mara hatte zu arbeiten aufgehört. Sie kauerte auf der Erde, in der prallen Sonne, die stark und doch nicht heiß war, den Kopf gesenkt, so daß der große Hut sie völlig verbarg. Sie saß aber eine lange Weile reglos und sagte kein Wort. Endlich fragte Josef: »Hast du mich gehört, Mara?«, und da sie nur eine kleine Bewegung mit dem Kopfe machte, ging er näher an sie heran, beugte sich nieder, faßte ihre Hand, die rauh war, und sagte: »Willst du mir nicht dein Gesicht zeigen, Mara?« Da hob sie den Kopf und lächelte unter dem Strohhut und sagte: »Woher weißt du, daß es ein Sohn sein wird?«
In ihm aber war eine große Freude, und er rief sie an: »Mara«, und sie erwiderte: »Hier bin ich«, und er zog sie herauf zu sich und führte sie ein kleines Stück Weges, und nun saßen sie beide auf der besonnten Mauer.
Sie aber sagte ernsthaft und entschieden: »Ich muß aber erst den Weinberg hier, den verwilderten, in Ordnung bringen, und auch warten muß ich, bis die hellfarbige Eselin, die babylonische, ihr Junges geworfen hat und es entwöhnt ist. Das ganze Gut hier muß ich erst in Ordnung bringen.« – »Wie lange wird das dauern?« fragte er. »Übers Jahr, denke ich, werde ich soweit sein«, erwiderte sie. »Das ist sehr lang«, sagte Josef. Doch schon überlegte er: »Dann will ich in der Zwischenzeit in Rom alles Nötige tun, damit du nur vor den Richter zu treten brauchst, um das Bürgerrecht zu erhalten.«
Am nächsten Tag versuchte Josef, sie zu überreden, sogleich mit ihm nach Rom zu kommen. Sie aber weigerte sich. Sie hatte viel mütterliche Arbeit in den verwilderten Boden gesteckt, sie wollte ihn nicht verlassen, bevor sie sicher war, daß er gedeihe. So mußte Josef nachgeben.
Allein er wollte nicht von Judäa fortgehen, bevor er seinen neuen Bund mit ihr besiegelt hatte. Er schlief mit ihr. Er wollte einen Sohn in Judäa zeugen.
Am vierten Tag, wie er es sich vorgenommen, verließ er das Gut, um nach Cäsarea und dann nach Rom zu fahren. Mara aber legte ein Hühnerei zwischen ihre Brüste, um zu sehen, ob ein Hahn oder eine Henne daraus werde.
Die Festspiele in Flavisch Neapel hatten zwar die syrischen nicht ausgestochen, aber alles in allem durfte der Gouverneur zufrieden sein. Daß die Hauptattraktion, der Gaul Vindex, weggefallen war, hatte die Wirkung beeinträchtigt, aber der »Laureol« war ein Erfolg gewesen. Die Festgäste, auch die aus Syrien – und das war in diesem Fall die Hauptsache –, waren aus dem Lachen, Staunen, Applaudieren nicht herausgekommen.
Demetrius Liban hatte nach diesem Beifall gedürstet wie der Hirsch nach Wasser. Aber er war klug genug, seinen Unwert zu erkennen. Das Auditorium war außergewöhnlich empfänglich, doch ebenso unkritisch. An Stellen, wo die Leute hätten jubeln müssen, waren sie totenstill geblieben, und wo sie hätten weinen sollen, hatten sie gelacht. Wenigstens herzhaft hatten sie gelacht; manchmal schienen selbst die mächtigen Steinstufen des Theaters erschüttert. Kam die Zeit zurück, da Demetrius »Statuen hatte zum Lachen bringen können«?
Er hatte den Laureol mit schlechtem Gewissen gespielt; daß die Sache gut ausging, war eine unverdiente Gnade Jahves. Jetzt war es seine Pflicht, im Lande zu bleiben. Übrigens sprachen auch äußere Gründe dafür; der Gouverneur, um ihn zu halten, bot ihm Landbesitz und große Privilegien an, so daß er, wenn er sich entschloß, in Judäa zu bleiben, wie ein Fürst leben könnte.
Er entschloß sich nicht. Gerade nach dem Sieg in Flavisch Neapel zehrte an ihm mit zwiefacher Heftigkeit der Grimm über jene Niederlage im Theater der Lucia. Es war eine unverdiente Niederlage gewesen. Jetzt hat es sich erwiesen, daß sein Laureol selbst vor einem naiven Publikum bestehen kann, das unfähig ist, seine Feinheiten zu schmecken. Nein, er wollte nicht in die Grube fahren, bevor er die Demütigung jener römischen Niederlage von sich abgewaschen hat. Mochte Jahve ihm zürnen, mochte die neue Seereise ihm neue Schrekken bringen: ihm oblag es, auch den Römern die Anerkennung seines Laureol abzuzwingen.
Er suchte nach einem Schiff, das eine möglichst ruhige Fahrt versprach. Nach vielem Hin und Her belegte er Kajüte auf dem Schiff »Argo«. Die war ein alter
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