Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
erblicken. „Vielleicht kommen sie noch rechtzeitig. Dumm, daß uns diese Guerillas nicht passieren ließen und auf den Bus gewartet haben. Größeres Gepäck, weniger Schutz und mehr Beute … Ich würde an Ihrer Stelle den Kopf einziehen, Oberst.“
Der letzte Satz war an Cletus gerichtet, der vergebens versuchte, die Jalousie an der Unterseite des Wagens zu öffnen. Schließlich gelang es ihm, die Jalousie teilweise hochzuziehen und eine Öffnung freizulegen, die groß genug war, um den toten Fahrer im Straßengraben zu erblicken und sich dann hindurchzuzwängen. Cletus kletterte ins Freie.
Aber die Schützen, die sich im Urwald verborgen hielten, bekamen sofort Wind von der Sache und schmetterten eine Salve gegen den Panzerboden des Fahrzeugs – doch die Geschosse verfehlten ihr Ziel, weil der Wagen gekippt war, so daß keine Kugel durch die Öffnung drang, die Cletus geschaffen hatte. Melissa aber, die plötzlich erkannte, was er vorhatte, packte ihn am Arm, bevor er noch ganz draußen war.
„Nein“, sagte sie. „Das hat keinen Zweck! Sie können dem Fahrer nicht mehr helfen. Er wurde getötet, als die Mine hochging.“
„Zum Teufel … damit …“ fluchte Cletus, seine gute Kinderstube vergessend. „Er hat das Vario-Gewehr bei sich.“
Er befreite sich aus ihrem Griff, wand sich unter dem Panzerwagen hinaus, sprang auf die Füße und hechtete auf den Straßengraben zu, wo der Leichnam des Fahrers verborgen lag. Aus dem Urwald prasselte eine Salve, er stolperte, als er den Rand des Grabens erreichte, drehte sich um die eigene Achse und war plötzlich verschwunden. Melissa hielt die Luft an. Im Graben rührte sich etwas, dann tauchte ein Arm über dem Grabenrand auf, ragte in den Himmel, wie ein letztes, verzweifeltes Notrufzeichen.
Irgendwo im Urwald knallte ein einziger Schuß, der die halbe Hand und einen Teil des Handgelenks wegriß. Blut spritzte auf, aber die Hand wurde nicht zurückgezogen. Und fast umgehend hörte die Blutung auf, wie abgerissen, als wäre kein Herz mehr da, kein klopfendes Herz, das den Blutstrom belebte.
Melissa erschauerte beim Anblick dieses Arms, und ihr Atem ging schwer. Ihr Vater blickte nach draußen und legte für einen Augenblick die Hand auf ihre Schulter.
„Immer mit der Ruhe, mein Kind“, sagte er. Für einen Moment umklammerte er ihre Schulter, dann mußte er wieder an seine Schießscharte, weil immer wieder neue Geschosse gegen das Fahrzeug prallten. „Es kann nicht mehr lange dauern, bis sie uns überwältigt haben“, murmelte er.
Mondar, der im Dämmerlicht dasaß, die Beine gekreuzt und wie durch Meditation entrückt, streckte die Hand aus und ergriff die Hand des Mädchens. Ihr Blick haftete immer noch an dem Arm, der über den Grabenrand baumelte, doch ihre Hand umklammerte Mondars Hand mit eisernem Griff. Sie sagte kein Wort, aber ihr Gesicht war so weiß und so starr wie eine Maske.
Plötzlich hörte das Feuer aus dem Urwald auf. Mondar drehte sich um und schaute Eachan an.
Der Dorsai blickte über seine Schulter zurück, und ihre Blicke trafen sich.
„Es geht nur noch um Sekunden“, meinte Eachan trocken. „Sie sind ein Narr, wenn Sie zulassen, daß man Sie lebendig zu fassen kriegt.“
„Wenn es weiter nichts ist – ich bin stets bereit zu sterben“, erwiderte Mondar heiter. „Kein Mensch außer mir kann über diesen Leib verfügen.“
Eachan feuerte eine neue Salve ab.
„Der Bus“, meinte Mondar ruhig, „müßte schon nahe genug herangefahren sein, um den Fahrer die Schüsse hören und Alarm schlagen zu lassen.“
„Zweifellos“, meinte der Dorsai. „Aber es wäre höchste Zeit, daß wir Hilfe bekommen, wenn es noch etwas nützen soll. Es kann, wie gesagt, jede Minute losgehen. Und mit einer einzigen
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