Die Somalia-Doktrin (German Edition)
hinten. »Erinnerst dich wohl an mich? Das letzte Mal haben wir uns in der Londoner U-Bahn gesehen. Zu schade, das mit deiner Freundin. Jetzt sind wir nicht mehr so tough, was?« Als hätte er einen glänzenden Witz gerissen, grinste Patrick und ließ Jim seine Zahnlücken sehen.
Er trat auf ihn zu und schlug ihm in den Magen. Die Wucht des Schlags warf Jim mitsamt dem Stuhl an die Wand.
Es war nur der Auftakt eines groben Verhörs.
»Steck ihn wieder in seine Zelle«, bellte Patrick den Wärter an und stürmte aus dem Raum. »Ist doch reine Zeitverschwendung.«
Der Wärter schleppte Jim den Korridor hinauf. Jim überlegte blitzschnell. Die Schmerzen in Gesicht und Brust brachten ihn schier um, aber er wusste, dass er nur Sekunden hatte, bevor man ihn wieder einsperrte, und das womöglich auf unbestimmte Zeit.
Er taumelte, als wäre er gestolpert. Er knickte ein und landete auf einem Knie. Der Wärter beugte sich vor, um ihn zu stützen, aber Jim fuhr herum und traf ihn mit einem Seitentritt, der den Mann gegen die Wand warf. Jim sprang auf ihn zu und trat ihm ins Gesicht, bis ihm der Kopf auf die Schulter sank. Er hatte das Bewusstsein verloren. Da Jim die Hände noch auf den Rücken gefesselt waren, kniete er nieder und drehte sich um, damit er die Taschen des Wärters nach einem Schlüssel für die Handschellen durchsuchen konnte. Mit einem triumphierenden Seufzer förderte er einige Schlüssel zutage und fummelte damit herum, bis er die Handschellen geöffnet hatte. Er ging zur anderen Zelle etwas weiter hinten, knipste mit einem aus der Wand hängenden Schalter das Licht an und schloss die Zellentür auf. Maxine kauerte in einer Ecke.
»Komm«, sagte er und zog sie auf die Beine.
»Was haben sie denn mit dir gemacht?« Ihr stockte der Atem, als sie Jims blutiges Gesicht sah.
»Keine Sorge, ich hab nichts gesagt.«
Sie schlichen in den Vernehmungsraum. Er war leer. Patrick musste nach draußen gegangen sein. Die Kalaschnikow stand noch gegen die Wand gelehnt. Jim hob sie auf, entsicherte sie und sie gingen hinaus. Sie befanden sich in einem verlassenen Innenhof mit weißgetünchten eingeschossigen Bauten neben einer vielleicht drei Meter hohen Mauer, die von Einschüssen angenagt und obenauf mit Sandsäcken und Bandstacheldraht bewehrt war. Zu ihrer Rechten stand eine Reihe ungepanzerter Land Rover. Patrick war nirgendwo zu sehen. Jim versuchte die Tür des Land Rovers, mit dem sie gekommen waren. Er war verschlossen, die anderen auch. Er probierte die Schlüssel durch, die er dem Wärter abgenommen hatte, aber sie passten nicht.
»Geh zurück zu dem Wärter und sieh nach, ob er noch andere Schlüssel hat«, flüsterte er Maxine zu. »Mach schnell.«
Maxine sprang zurück in das Gebäude. Jim sah sich die Fahrzeuge näher an. Eines von ihnen war voller Waffen.
Neben diesem wartete Jim. Augenblicke später tauchte Maxine mit einem Schlüsselring auf. Jim probierte einige davon, bis er schließlich den richtigen fand. Er riss die Tür auf und sprang hinein. Er legte sich die AK über die Knie und kurbelte das Fenster herab.
»Mach das Tor auf«, sagte er zu Maxine und ließ den Motor an. »Schnell!«
Maxine sprintete auf das Tor zu und zog daran. Auf der anderen Seite lehnte, halb eingeschlafen, ein Wachposten mit einem Gewehr an der Wand. Das Öffnen des Tors riss ihn aus dem Halbschlaf; verwirrt sah er sich um. Als er Jim erblickte, nahm er die Waffe hoch.
Ohne die AK vom Schoß zu nehmen, gab Jim einen langen Feuerstoß ab. Die Hochgeschwindigkeitsgeschosse durchschlugen die ungeschützte Tür des Land Rovers und der Wachposten kippte mit großen Augen nach hinten weg.
Jim beugte sich über die Sitzbank und stieß die Beifahrertür auf. Er packte Maxine bei der Hand und zog sie zu sich hinein. Drei Männer kamen aus einem der Bauten gelaufen, einer von ihnen Patrick, die beiden anderen Wachleute. Sie stürzten auf Jims Land Rover zu. Jim trat das Gaspedal durch. Das Fahrzeug tat einen Satz und raste im nächsten Augenblick eine Sandpiste hinab auf die Hauptstraße zu. Hinter ihnen waren Schüsse zu hören.
Jim nahm das Gas nicht zurück. Als sie in ein Schlagloch fuhren, hätte er um ein Haar die Kontrolle über den Wagen verloren. Sie rasten die halbfertige Straße auf eine Reihe von Gebäuden vor ihnen zu.
»Wohin?«, rief Jim über den Motorenlärm hinweg.
»Geradeaus! Wir müssen in den Westteil von Mogadishu, um uns mit Abdullah zu treffen.«
»Der Typ vom Roten
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