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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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darauf müssten wir im Lager sein. Ah, da ist Harry.«
    Ein großer Land Rover mit dem UA-Emblem raste zum Tor herein und kam knapp vor ihnen in einer Staubwolke zum Stehen. Er war mit einer Kruste trockenen Schlamms überzogen und einer der Scheinwerfer war demoliert.
    Jim zog die Stirn kraus. Bei all den Sorgen der letzten Tage hatte er das Fahrzeug mit dem einen Scheinwerfer ganz vergessen, das ihnen in der Wüste gefolgt war. Sollte es das hier gewesen sein?
    Harry stieg auf der Beifahrerseite aus. Er trug die Hose eines Kampfanzugs und ein Khakihemd. Er wirkte eher wie ein Militär als ein Entwicklungshelfer. Er bellte den Wachen am Eingang einen Befehl zu, die darauf das Tor schlossen. Er stapfte auf Jim und die anderen zu.
    »Okay, alles zu mir.« Harry holte eine Karte von Somaliland heraus, kniete nieder und breitete sie auf dem Boden aus.
    »Wir sind hier.« Er wies mit einem Stöckchen auf den Punkt, der Hargeysa markierte. »Und ihr fahrt nach Borama. Das ist in Awdal. Hier. Direkt an der Grenze zu Äthiopien. Das Lager liegt im Norden von Borama. Wir führen es unter Vertrag mit dem UNO-Flüchtlingskommissariat. Maxine weiß, wo es liegt.«
    »Sieht gar nicht so weit aus«, sagte Jim. »Wieso brechen wir nicht einfach morgen früh auf?«
    »Weil ich es sage.« Harry warf einen Blick in die Runde. »Maxine ist Konvoi-Boss. Es gilt, was sie sagt. Sie legt die Treffpunkte fest für den Fall, dass es Probleme gibt. Und dass ihr mir regelmäßig in den Rückspiegel schaut. Jedes Fahrzeug ist für das hinter ihm verantwortlich. Noch was hinzuzufügen, Maxine?«
    »Nur dass alle noch mal nach ihren Fahrzeugen sehen. Öl, Wasser, Reifen, das Übliche. Das Letzte, was wir wollen, ist, mitten in der Pampa stehen zu bleiben.«
    Harry stand wieder auf. »Ihr habt alle gehört, dass der letzte Konvoi entführt wurde. Und ja, bevor jemand fragt,
er wurde entführt
. Von somalischen Milizen. Wir versuchen sie aufzuspüren, um über die Freilassung des Teams zu verhandeln.« Er funkelte Fabienne und Andrew an. »Ihr hättet das Camp nie alleine betreten dürfen. Um euch kümmere ich mich, wenn ihr wieder da seid.«
    Andrew wurde blass. Fabiennes Augen loderten, als sie zu protestieren begann, aber Harry fuhr ihr mit seiner erhobenen Hand über den Mund. Er wies auf eine kleine, schlanke Frau in adretter weißer Bluse und einen hochgewachsenen Mann, der eine große Kamera in einer seiner langgliedrigen Hände hielt. Beide waren aus dem Land Rover gestiegen, mit dem Harry gekommen war.
    »Die attraktive junge Dame hier heißt Marie und ist von der BBC«, sagte Harry mit einem breiten Lächeln. »Und das hier ist Oliver, ihr Kameramann. Wir haben der BBC besonderen Einblick in unsere Arbeit zugesagt. Also, seid bitte nett zu den beiden. Maxine, noch ein Wort, bevor es losgeht.«
    Maxine und Harry traten beiseite, so dass sie nicht mehr zu hören waren. Die anderen stiegen in die Trucks. Jim setzte sich neben Nasir, der den ersten von ihnen fuhr.
    Die Sicherheit des Konvois bot Anlass zur Sorge. Sie hatten weder gepanzerte Fahrzeuge noch bewaffneten Begleitschutz, ja noch nicht einmal eine Strategie für den Fall eines Hinterhalts. Hätte Jim nicht undercover gearbeitet, er hätte Harry zur Rede gestellt.
    Er wollte eben seine Bedenken Nasir mitteilen, als er einen Blick in den Seitenspiegel warf. Harry debattierte hitzig mit Maxine. Harry zog sie an sich, drückte ihr einen Kuss auf die Lippen und stieß sie dann weg. Sie stieg zu ihnen in den Truck. Jim meinte eine Träne auf ihrer schönen Wange zu sehen.
    Die erste Stunde der Fahrt verlief recht angenehm, vor allem da das Schmerzmittel in Jims Tabletten zu wirken begann. Aber der Konvoi kam nur langsam voran. Wie eine Raupe kroch er durch die Wüste. Nasir schwieg wie üblich; er konzentrierte sich auf die holprige Piste. Jim nutzte die Gelegenheit, Maxine eine Frage zu ihrer Vergangenheit zu stellen.
    »Ich war neun, als meine Eltern starben«, erzählte sie. »Sie fuhren nach einer Sylvesterparty besoffen mit einigen Freunden nach Hause. Paps hatte die tolle Idee, auf der falschen Straßenseite zu fahren. Der Wagen prallte frontal gegen einen Lkw. Ein Blutbad.«
    Jim verzog das Gesicht.
    Sie fuhr fort: »Meine Schwester hatte eine seltene Krankheit und landete in einem Pflegeheim in Cambridge. Mich hat man in eine Pflegefamilie gesteckt. Mit sechzehn bin ich ausgebüxt. Ich wollte was von der Welt sehen. Aber nicht bloß als netter Rucksacktourist. Zugekifft an einem

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