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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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die Hand mit der Waffe weg. Maxine schrie auf. Er drehte sich zur Seite und zerrte an ihr, bis ihr Gesicht auf seinem Schoß zu liegen kam. Sein Ellenbogen krachte gegen ihren Hinterkopf. Ein Knacken war zu hören. Sie wurde schlaff, als sie das Bewusstsein verlor.
    Jim hob die Pistole auf und steckte sie ins Handschuhfach.
    Nasir sah ihn mit großen Augen an. »Sollen wir sie hier lassen? Sie hat es verdient.«
    Jim schüttelte den Kopf. Unmöglich. Sie würde bei dieser Hitze krepieren. Sie wären damit nicht um ein Haar besser gewesen als Harry.
    Er fühlte ihr den Puls. Sie war noch am Leben. Er nahm sie und brachte sie hinten im Laster unter. Hände und Füße verschnürte er mit einem Strick. Er sah nach ihrer Kopfverletzung. Sah nicht allzu schlimm aus. Wahrscheinlich hatte sie eine Gehirnerschütterung und würde mit einem gewaltigen Brummschädel aufwachen. Er wollte eben die Klappe schließen, als ihm etwas einfiel: ihr Telefon. Er fand es in der vorderen Tasche ihrer Jeans.
    Sie fuhren weiter. Jim hielt sich an dem Griff über der Beifahrertür fest.
    Ihm zitterten die Hände.

Kapitel 16
    Distrikt Awdal, Somaliland
20. September 2003
    Rumpelnd rasten sie durch die Wüste. Hin und wieder, in Abschnitten, in denen von der Straße nur noch Geröll übrig war, geriet der Truck ins Vibrieren.
    »Es ist Zeit, sie zu stoppen«, sagte Nasir. »Harry, Edward, die ganze Bande.«
    »Aber warum?«, fragte Jim.
    »Damit sie nicht noch mehr Schaden anrichten. Das Ganze ist ein abgekartetes Spiel. Wie schon gesagt, ich habe die Karten gesehen. UA arbeitet Hand in Hand mit den Kriegsherren vor Ort, um eine Hungersnot zu inszenieren.«
    »Sie lassen die Leute bewusst verhungern?«
    »Es werden Nahrungsmittel geliefert, aber die Leute essen sie nicht. Sie siechen dahin. Die Fernsehteams kommen. Die Kriegsherren massakrieren ganze Lager. Und wieder kommen die Fernsehteams.«
    »Es gibt Aufnahmen von den Massakern?«
    »Ich weiß, dass Harry gerade Aufnahmen an den Massengräbern zu arrangieren versucht.«
    »Bist du sicher?« Fassungslos schüttelte Jim den Kopf. »Hast du Beweise dafür?«
    »Alles, was ich habe, ist Hörensagen und was ich mit eigenen Augen gesehen habe. Aber ich weiß, wozu die fähig sind.«
    In der Hitze kurz vor Mittag passierten sie ein weiteres kleines Dorf. Mit aufgesperrtem Mund bestaunten Kinder den rasenden Truck.
    »Was war mit diesem Graham?«, fragte Jim.
    »Patenter Kerl. Bisschen wie du. Leidenschaftlicher Entwicklungshelfer, richtig nett. Er hat nur zu viel herausgefunden und versucht, es der Welt zu sagen.«
    »Sie haben ihn umgebracht?«
    »Erst gefoltert. Hast die Brandwunden ja selbst gesehen. Sie hielten ihn für mich.«
    »Für dich?«
    »Sie hielten ihn für einen CIA-Agenten. Aber er war keiner. Der bin nämlich ich.«
    Jim sah Nasir, der gerade eine weitere schlechte Wegstrecke zu bewältigen hatte, von der Seite her an. Nasir war der Mann von der CIA?
    »Ich glaub’s einfach nicht«, sagte Jim. »Ich dachte, Langley hätte den Kontakt verloren.«
    »Ich weiß seit Wochen, dass Harry Lunte gerochen hat. Deshalb habe ich die Kommunikation abgebrochen.«
    »Hast du gewusst, wer ich bin?«
    »Ich bin ziemlich schnell draufgekommen. Wir wussten, dass Interpol an dem Fall dran ist. Es war nur eine Frage der Zeit, dass man jemanden schickt.«
    Jim griff nach einer Wasserflasche hinter dem Sitz. Sein Hals war völlig ausgedörrt.
    »Ich schätze, Harry ist zu demselben Schluss gekommen«, sagte er. »Wie war das denn mit Graham?«
    »Er stellte zu viele Fragen«, sagte Nasir. »Harry hat ihn mit mir verwechselt. Das war Harry, der uns da in der Wüste gefolgt ist. Ich habe seinen Wagen erkannt. Er muss hinter Graham her gewesen sein, nachdem der ausgerückt war.«
    »Warum hast du mir das nicht längst gesagt?«
    »Ich wusste nicht, ob ich dir trauen kann.«
    »Und jetzt?«
    »Ich denke doch.«
    Es war das erste Mal, dass Jim Nasir lächeln sah. Sein langes aristokratisches Gesicht leuchtete geradezu auf. Seine Augen funkelten. Jim verspürte eine Welle der Dankbarkeit für diesen jungen, bescheidenen Somali, der ihm bereits einmal das Leben gerettet hatte.
    Dann schreckte ihn ein Gedanke auf. »Wieso wolltest du Graham dort krepieren lassen?«
    Nasirs Lächeln verschwand. »Ich wusste, Harry würde ihm den Rest geben, wenn wir ihn nach Hargeysa brachten. Es wäre besser gewesen, Graham in der Wüste sterben zu lassen.«
    »Nur dass Harry ihm ohnehin schon auf den Fersen war.«
    Nasir

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