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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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hat mich in der Hand.«
    »Wie?«, fragte er.
    Tränen traten Maxine in die Augen. »Er droht, meine Schwester umzubringen. Lesley hätte nicht die geringste Chance gegen ihn. Er benutzt mich. Ich muss springen, wenn er pfeift. Leute manipulieren. Wegen ihm stecke ich so tief in dieser Geschichte, dass ich nicht mehr weiß, was ich machen soll.«
    So sehr er sich dagegen sträubte, Jim war gerührt. Maxine sah so verloren aus. Er hätte ihr gern die Hand gehalten, sie getröstet, aber irgendwie konnte er nicht – es war, als hätte er damit Carrie verraten, seine verstorbene Frau.
    »Wieso bist du hergekommen?«, fragte er.
    »Zu Universal Action kann ich nicht zurück. Harry toleriert keine Fehler. Mir ist es lieber, er hält mich für tot oder was.«
    »Und was hast du vor?«
    »Ich komm mit dir nach Nairobi. Ich weiß, warum du da hinwillst. Das Stanley Hotel. Ich weiß Bescheid.«
    »Ist das damit gemeint?«
    »Wovon sprichst du?«
    »Ich dachte, es wäre… ach was, vergiss es.«
    Sie blickte ihn verständnislos an.
    Vielleicht hatte Nasir sich hinsichtlich des Präsidenten getäuscht. Ihm kam ein Gedanke. »Maxine, hast du mir neulich was in das Wasser getan, das du mir aufs Zimmer gebracht hast? Mir ging’s ziemlich beschissen danach.«
    Sie senkte den Blick auf ihre Hände.
    »Hast du den Zettel in meiner Tasche gefunden und dir die Zeile getextet?«, fragte er. »Hast du so vom Stanley Hotel erfahren?«
    Sie wich seinem Blick aus.
    »Dacht ich’s mir doch«, sagte er. »Wer weiß sonst noch davon?«
    »Niemand außer Harry und Edward, nehme ich an.«
    »Warum?«
    »Ich weiß, dass Harry sich in Nairobi mit jemandem trifft. Und dass auch Edward dort sein wird.«
    Jim richtete den Blick aus dem Fenster. Ein Jet von Kenya Airways landete. Wahrscheinlich war es der, der sie nach Nairobi bringen würde.
    »Hast du eine Ahnung«, fragte er, »was uns im Stanley erwartet?«.
    »Nein, aber es ist unsere einzige Spur?«
    »Wieso willst du mitkommen? Ich bin noch nicht mal sicher, dass ich dir trauen kann. Und was deine Schwester angeht, wärst du besser beraten, in England zur Polizei zu gehen.«
    »Die würden mir doch nie glauben. Harry ist viel zu gerissen. Er lügt viel zu gut. Und er ist viel zu charmant. Außerdem habe ich keine Beweise gegen ihn.«
    »Weiß denn jemand, dass sie in Gefahr sein könnte?«, fragte Jim.
    Maxine schüttelte den Kopf. »Es ist besser so.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich weiß nicht, um ehrlich zu sein«, sagte sie und rieb sich die Stelle am Hinterkopf, an der Jims Ellbogen gelandet war. »Wenn wir schnell machen, könnten wir Harry aufhalten, bevor er meiner Schwester was tun kann. Jim, du musst mir vertrauen.«
    »Das muss ich mir noch überlegen. Gib mir erst mal deine Telefonnummer, für den Fall, dass wir uns wieder verlieren.«
    Maxine gab sie ihm. Dann saßen sie schweigend da. Immer wieder sah Maxine sich um; sie machte sich eindeutig Sorgen, es könnte sie jemand beobachten. Jim schlug die Beine übereinander, legte die Hände hinter den Kopf und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. Selbst wenn man ihnen folgte, was sollten sie tun? Sie konnten nur abwarten, in die Maschine steigen, hoffen, dass in Nairobi kein Empfangskomitee bereit stand.

Kapitel 22
    Distrikt Gabiley, Somaliland
21. September 2003
    Eine ungeheure finstere Staubwolke hinter sich herziehend, rumpelte der Konvoi mit Hilfsgütern auf das Vertriebenenlager zu. Große Embleme an den Flanken der Trucks zeigten die Farben von Universal Action: Schwarz-Rot.
    Der neunjährige Khalid wäre im Umdrehen fast gefallen. »Essen, Essen!« Er stolperte los. »Sie bringen was zu essen!«
    Der Junge war klein für sein Alter. Die Unterernährung hatte ihn in seinem Wachstum gehemmt. Und dennoch verliehen die dunkelbraune Haut, die schwarzen Augen, die hohen Wangenknochen und die römische Nase ihm etwas Edles. Auch die hohlen Wangen änderten daran nichts. Er hatte die letzten paar Wochen besser überstanden als die meisten seiner Freunde, von denen so mancher verhungert war.
    Abdi, sein Vater, trat aus dem Schatten einer der kuppelartigen, von kümmerlichem Dorngestrüpp umgebenen Hütten, von der aus er seinen Sohn beobachtet hatte. Er war ein hochgewachsener Mann mit ähnlichen Zügen wie Khalid. Die für somalische Männer typische runde Kappe auf dem Kopf, stützte er sich auf einen Stock. Hinter ihm in der Hütte schrie seine vier Monate alte Nichte sich vor Hunger die Kehle wund. Ihre Großmutter wiegte sie singend

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