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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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er sie direkt vor sich: ihr Schädel gespalten, die gebrochenen Arme, die verdrehten Beine, ihre Bluse in Fetzen gerissen, blutgetränkt. Ihr Gesicht verwandelte sich in Maxines, was ihn aus dem Schlaf fahren ließ. Trotz der Hitze war ihm kalt.
    Stunden später stieß ein Wärter die Zellentür auf. Er packte Jim am Hemd und riss ihn auf die Beine. Jim hatte sich kaum bewegt, seit er eingesperrt war. Seine Beine knickten unter ihm ein. Der Wärter riss ihn wieder hoch und schleppte ihn praktisch durch ein Labyrinth von Maschen- und Stacheldraht in einen kahlen Raum. Er warf Jim auf einen Metallstuhl mit der Lehne zur Tür und legte ihm Handschellen an. Dann ging er. Die schwere Tür knallte hinter ihm zu. Es gab keine Fenster, nur graue Wände und einen widerlichen Gestank, der ihn an eine Kanalisation denken ließ.
    Trotz des Knotens in seinem Magen nickte Jim ein. Die Tür öffnete sich lautstark hinter ihm. Er schreckte auf und drehte sich um. Einen Stuhl hinter sich herziehend, kam Harry in den kahlen Raum. Scharf setzte er den Stuhl vor Jim auf.
    »Du siehst mir gar nicht gut aus, mein Junge«, sagte Harry und setzte sich. »Kümmert man sich nicht um dich?«
    Jim antwortete nicht. Das Ganze entwickelte sich zu einem Alptraum. Vielleicht spielten ihm Hunger und Müdigkeit einen Streich.
    »Na komm schon«, fuhr Harry fort. »Sag mir nicht, die haben dir schon die Zunge rausgeschnitten. Gefällt’s dir hier?«
    Jim ignorierte die höhnische Stichelei.
    Harry rückte seinen Stuhl näher an Jim heran, bis sich ihre Nasen beinahe berührten.
    »Also, hör zu, Jimmy-Boy, du steckst in ernsthaften Schwierigkeiten, weißt du das? Zweifacher Mord. Lebenslänglich in diesem Dreckloch. Findest du diese Aussicht spaßig?«
    Jim schauderte. Harry lächelte befriedigt.
    »Was wollen Sie von mir?«, sagte Jim schließlich.
    »Ah!« Harrys Miene hellte sich auf. »Das hört sich schon besser an. Ich möchte, dass du mir bei Interpol hilfst?«
    »Wie denn?«
    »Lass mich erklären.« Harry begann in dem kahlen Raum auf und ab zu gehen, als hielte er einen Vortrag. »Wir bei Universal Action haben einen Auftrag: die Hungrigen zu speisen. Interpol steht dem im Weg. Die mögen dich fallen gelassen haben, aber unsere Freunde sind sie deshalb noch lange nicht. Hilf uns, ihren lästigen Ermittlungen in unsere Arbeit ein Ende zu machen. Nur so können wir weiter den Frieden sichern und unsere Hilfsgüter verteilen.«
    »Sie glauben doch nicht etwa, dass ich Ihnen das abkaufe.«
    »Was?«
    »Dass Ihnen um den Frieden ist.«
    »Worum sollte mir sonst sein?«
    Harry setzte sich wieder. Er hatte mit einem Mal eine Aufrichtigkeit in den Augen, die entwaffnend war.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte Jim.
    »Geh zurück zu Interpol. Bring die Leute dazu, ihre Ermittlungen einzustellen.«
    »Warum sollten die auf mich hören?«
    »Weil sie dich mit den Ermittlungen gegen uns beauftragt haben.«
    »Man hat mich fallen lassen, das haben Sie doch eben gesagt.«
    »Wir sorgen für einen überzeugenden Gefängnisausbruch. Dann versorgen wir dich mit Informationen, die sie glaubwürdig finden werden.«
    »Was ist mit den beiden Morden?«, fragte Jim.
    »Mach dir da mal keine Sorgen. Das schaffe ich aus der Welt.«
    Jim sah sich in dem Raum um: die kahlen Wände, die Spinnweben in den Ecken. Die Handschnellen schnitten ihm in die Gelenke. Jede Gelegenheit, hier rauszukommen, war besser, als in diesem Loch zu verfaulen. Er konnte später überlegen, wie er Harry beikam.
    »Und Sie trauen mir?«, fragte Jim.
    »Ich habe Maxine.«
    »Okay«, sagte Jim. »Ich werd’s tun.«
    »Hör jetzt gut zu.« Harry beugte sich so tief über ihn, dass er seinen heißen Atem im Gesicht spürte. »Bild dir bloß nicht ein, du könntest ein doppeltes Spiel mit mir spielen. Wenn du auch nur gegen einen meiner Befehle verstößt, bist du schneller wieder hier, als du denkst. Was Maxine angeht…«
    Harrys Augen leuchteten auf.
    Mit einem Mal hatte Jim Carries Gesicht vor Augen. Er stürzte sich auf Harry, noch bevor ihm klar war, was er da tat.
    »Sie haben sie umgebracht!«, schrie er.
    Mit beiden Händen umfasste er Harrys Hals und stieß ihn mitsamt dem Stuhl nach hinten um. Mit einem dumpfen Aufschlag landeten sie am Boden. Mit beiden Fäusten drosch Jim auf Harrys Gesicht ein. Harry versuchte ihn von sich zu stoßen. Jim rammte ihm den Ellbogen ins Gesicht. Harrys Kopf fiel zur Seite. Sein Körper erschlaffte. Jim schlug weiter auf ihn ein; er konnte nicht

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