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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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hören.
    »Mein Schiff ist voll.«
    »Aber wir können doch sonst nirgendwo hin.«
    Waabberi sah Vater und Sohn mit dumpfem Blick und Khat kauend an. Er begann die Leinen zu lösen, die sein Schiff am Kai hielten.
    Khalid zog an Abdis Hand. »Papi?«
    In seinen Sorgen versunken, ignorierte sein Vater ihn.
    »Papi?«
    »Was?« Abdi sah hinab auf das geschundene Gesicht seines Sohns.
    »Der Laster.«
    »Ja?«
    »Gib ihm den Laster.«
    Abdi holte die Schlüssel aus der Tasche. Den Laster hatte er völlig vergessen. Er ging noch einmal hin zu Waabberi, der knurrend herumfuhr.
    »Nehmen Sie die«, sagte Abdi. »Der Laster gehört Ihnen, wenn Sie uns mitnehmen.«
    Waabberi musterte ihn argwöhnisch. Er stolzierte zu dem Laster hinüber und sah ihn sich an. Es war eindeutig ein arg mitgenommener alter Kasten, aber ein paar Jahre hatte er durchaus noch drauf, und das ist alles, was hier zählte. Er stieg ein und fuhr ihn in ein altes Lagerhaus.
    »Na schön«, brummte Waabberi, als er wieder herauskam und das Tor hinter sich verschloss. »An Bord mit euch.« Er wies mit dem Daumen auf das Boot. »Wir legen ab.«
    Die Passagiere waren hauptsächlich Frauen und Kinder. Sie drängten sich auf dem offenen Deck. Abdi und Khalid fanden einen Platz in einer Ecke und starrten hinüber auf die zerstörte Stadt. Das Fischerboot legte tuckernd ab. Abdi kniff die Augen zusammen. Im Hafen herrschte plötzlich eine mächtige Aufregung. Technicals fuhren auf; Männer sprangen heraus, die auf die Fischer losgingen. Abdi duckte sich, um nicht gesehen zu werden, und spähte dann über die Bordkante. Eine Gruppe von Milizleuten hatte sich am Kai versammelt und wies herüber zu ihrem Boot, das eben die offene See erreichte.
    Abdi stöhnte auf. Ihm war, als griffe ihm eine Faust in den Magen.
    Er hatte den Milizmann von der Straßensperre erkannt.

Kapitel 34
    London, England
26. September 2003
    Als das schwarze Taxi am Flughafen Heathrow abfuhr, reichte Sarah Jim einen dicken braunen Umschlag.
    »Hier«, sagte sie. »Eintausend Pfund, Cash.«
    »Danke.«
    Jim steckte den Umschlag in seine Jackentasche, gleich neben den falschen Pass, den sie ihm in Nairobi gegeben hatte. Er war erschöpft. Sie waren zwar erster Klasse geflogen, aber er hatte nicht schlafen können.
    »Willst du mir nicht endlich meine Frage beantworten?«, sagte er. »Wer ist Harry?«
    Sarah strich sich das Haar zurück, eine Geste, die Jim mittlerweile als Einleitung zu einem ernsten Gespräch zu deuten wusste. Sie drückte den Knopf, der die Kommunikation mit dem Taxichauffeur unterband.
    »Nicht der, für den du ihn hältst«, sagte sie. »Er war in den 80er- und 90-Jahren mit der Special Activities Division in Afghanistan, du weißt, dem paramilitärischen Arm der CIA?«
    »Maxine hat so was gesagt.«
    »Harrys Freundin?«
    »Mehr oder weniger. Harry war also letztes Jahr nicht in Afghanistan?«
    »Nein.«
    Jim starrte aus dem Fenster auf die endlosen Reihen Londoner Häuser. Sagte Sarah ihm die Wahrheit? Die Erinnerung an Carries leblosen Körper stellte sich wieder ein. Er drängte den Gedanken in die finstersten Winkel seines Verstands. Er durfte ihn nicht wieder überhand nehmen lassen. Nicht jetzt.
    »Warum sind wir eigentlich in London?«, fragte er.
    »Harry dürfte inzwischen erfahren haben, dass du ausgerückt bist.«
    Jim nickte. Das schien sich von selbst zu verstehen.
    »Und er muss wissen, dass du in London bist«, schob sie nach. »Oder wenigstens dürfte er es vermuten.«
    Jim nickte wieder, diesmal jedoch mit deutlich beschleunigtem Puls.
    »Wie das?«, fragte er.
    »Weil er weiß, dass ich hinter ihm her bin und ich weiß, dass er hier ist. Und er weiß, dass du bei mir bist, da er mittlerweile wissen muss, dass ich dich da herausgeholt habe. Also wird er auch bald wissen, dass du hier bist, falls er es noch nicht weiß.«
    »Klar wie Kloßbrühe.«
    »Er ist womöglich schon hinter uns her.«
    Jim erstarrte. Er hatte keinen Schatten bemerkt, und dabei hatte er sich aus Gewohnheit vergewissert. Er wandte sich um und sah aus dem Heckfenster, aber Sarah legte ihm eine Hand auf den Arm.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie. »Alles unter Kontrolle.«
    »Sieht mir nicht danach aus.«
    »Ich wollte dich nur beruhigen.«
    »Woher weißt du, dass er hier ist?«
    »Weil er hinter jemandem her ist. Und dieser Jemand ist in London. Dieselbe Person, mit der wir hier verabredet sind.«
    »Und wer ist das?«, fragte Jim.
    »Wirst schon sehen.«
    »Komm schon,

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