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Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Die Sommerfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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du erfahren, dass du schwanger bist. Lange bevor du dich von Stephen getrennt hast. Warum hast du ihm nichts erzählt?«
    »Ich konnte es einfach nicht«, sagte Dorie. »Wir haben ja nicht versucht, ein Kind zu bekommen. Überhaupt nicht. Das ist alles meine Schuld. Ein Missgeschick. Wir hatten mal über Nachwuchs gesprochen, und er meinte, er wolle Kinder, später mal. Wir haben dann erfahren, dass sein Vater krank war, und danach erst habe ich das mit der Schwangerschaft herausgefunden. Da kam es mir irgendwie fehl am Platz vor, ihm zu verkünden, dass ich ein Kind bekäme. Ich wusste, dass er sich Sorgen ums Geld machen würde, und ich wollte ihm einfach nicht noch mehr Verantwortung aufbürden.«
    »Um Himmels Willen, Dorie«, sagte Julia. »Das ist mal wieder typisch für dich. Wieso soll das alles deine Schuld sein? Oder hast du dich vielleicht selbst geschwängert, als Stephen gerade mal nicht aufgepasst hat? Du bist diejenige, die dieses Baby neun Monate lang austragen muss, zusätzlich zu allem anderen, und da machst du dir Sorgen, dass der gute alte Stephen zu viel Verantwortung tragen muss. Er hat dich nicht verdient, Dorie. Hat er noch nie.«
    Dorie presste die Fingerspitzen an die Schläfen. »Vor einem Monat hätte ich gesagt, ihr irrt euch alle in Stephen. Aber jetzt? Jetzt weiß ich einfach nicht mehr, was ich glauben soll. Mal hasse ich ihn aus ganzem Herzen. Dann will ich am liebsten losschreien, schimpfen und toben, ihm in die Eier treten, ihn packen und schütteln, bis er nicht mehr weiß, wo oben und unten ist, und von ihm wissen, warum er mich überhaupt geheiratet hat, wenn auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit bestand, dass er schwul sein könnte. Ich meine, wie konnte er so was tun? Wie kann er es wagen? Und dann denke ich nach und überlege, wie schlimm das alles für Stephen selbst sein muss.«
    »Tritt ihm lieber in die Eier«, sagte Julia trocken.
    »Verdammt!« Dorie stand abrupt auf. »Jetzt muss ich schon wieder pieseln. Seht ihr, wie ich drauf bin? Total im Eimer. Ich lauf am besten hoch und zieh mir was anderes an, wenn ich schon mal dabei bin. Will schließlich nicht, dass ihr mich irgendwann Pipi-Dorie nennt.«
    Als Dorie außer Reichweite war, schenkte Julia Ellis und sich noch ein Glas Wein ein.
    Ellis trank einen Schluck. Unerklärliche Tränen stiegen in ihr auf. Weinte sie um das, was ihrer besten Freundin bevorstand, oder weinte sie egoistisch um sich selbst – weil sie mit fünfunddreißig noch unverheiratet und kinderlos war, ein Zustand, den sie sich nie gewünscht hatte?
    Ihr Bruder Baylor war fünf Jahre älter, und als Kind hatte sich Ellis immer eine kleine Schwester zum Spielen gewünscht, selbst nachdem die Mutter ihr geduldig erklärt hatte, dass Ellis das Schlusslicht sei, wie sie sich immer ausdrückte. Sie war ein lustiges kleines Mädchen gewesen, das noch mit Puppen spielte, als alle Freundinnen Puppen schon längst beiseite gelegt hatten. In ihrer Jugend hatte Ellis oft babygesittet und tat es hin und wieder immer noch für Freunde zu Hause in Philly. Alle Kinder nannten sie Tante Ellie. Würde sie niemals mehr sein als eine Tante Ellie?
    »Wow«, flüsterte Ellis und hoffte, Julia würde ihre Tränen als Weinen um Dorie verstehen, nicht um sich selbst. »Ich fasse es nicht. Ein Baby.«
    »Ich auch nicht«, sagte Julia. »Was machen wir jetzt?«
    »Wir organisieren eine riesige Babyparty«, erklärte Ellis. »Kannst du dich nicht einfach für sie freuen? Du hast Dorie doch gehört. Sie will das Kind. Sie wird eine tolle Mutter sein.«
    »Eine alleinerziehende Mutter«, entgegnete Julia düster. »Ich glaube nicht, dass sie sich das jemals so vorgestellt hat. Apropos Mutter – ich möchte nicht dabei sein, wenn sie diese kleine Bombe auf ihre Mutter fallen lässt.«
    Ellis zog den Kopf ein. »Allerdings. Ich nehme an, die alte Phyllis wird so einiges zu dem Thema zu sagen haben.«
    »Sie wird schon einen Weg finden, Dorie an allem die Schuld zu geben«, prophezeite Julia. »Wart’s nur ab. Sie wird Dorie vorwerfen, Stephen schwul gemacht zu haben.«
    »Also wirklich!«, lachte Ellis verzagt. Aber sie konnte Julia nicht widersprechen, denn sie hatte einfach recht. Phyllis Dunaway mäkelte gerne an ihrer jüngsten Tochter herum. Sie mochte eine durchaus tolle Englischprofessorin am College sein, doch als Frau und Mutter war Dr. Dunaway in Ellis’ Augen eine Fehlbesetzung. Jahrelang hatte sie Dories Vater Gabe drangsaliert, einen lieben, etwas

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