Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
blank unten rum.«
»Das glaube ich nicht.« Julia trank einen langen Schluck aus ihrem Glas.
»Wirklich, Julia«, beteuerte Ellis und beugte sich vor. »Seine Hose war so geschnitten, ziemlich weit, verstehst du, und man konnte sehen, dass, na ja …« Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Alles baumelte frei herum. Baylor hat das früher auch immer gemacht, aber nur am Strand. Nicht beim ersten Date bei einem guten Italiener!«
Julia verlor die Kontrolle über ihre Gesichtszüge und drückte sich eine Papierserviette vor den Mund. »Hör auf! Mir kommt der Gin schon aus der Nase! Was hast du gemacht, als du merktest, dass er nichts drunter trug?«
»Was sollte ich schon tun?«, erwiderte Ellis. »Es fiel mir erst auf, als er zur Toilette ging und quer durch den Raum zum Tisch zurückkam, ja? Da hüpfte ihm alles ungehindert in der Hose rum.«
»O nein!«, lachte Julia mit Tränen in den Augen. »Igitt! Arme Ellis.«
»Damals fand ich das gar nicht komisch«, sagte Ellis und musste lachen. »Ich wollte einfach nur noch raus, aber ich hatte schon das Essen bestellt. Also hab ich die Vorspeise runtergewürgt, eine Migräne vorgetäuscht und ihm gesagt, mir wäre so schlecht, ich müsste sofort gehen. Ich rannte buchstäblich nach draußen, winkte ein Taxi heran und haute ab. Das war für mich das Ende mit den Internetbekanntschaften.«
»Du liebe Güte«, kicherte Julia. »Ich bin schon so lange mit Booker zusammen, ich wusste gar nicht, dass es da draußen so furchtbar zugeht.«
»Du hast ja keine Ahnung«, versicherte ihr Ellis.
»Und, was hat sich geändert, dass du jetzt wieder auf Männersuche bist?«, fragte Julia.
»Nichts«, sagte Ellis. »Oder alles. Dass ich meine Arbeit verloren habe … das klingt abgedroschen, aber ich glaube, es ist an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Ich habe beschlossen: jetzt oder nie. Wenn ich einen netten Typen kennenlerne, wer weiß? Außerdem ist Ty ja eigentlich kein Barkeeper. Er ist Daytrader. Er verdient hier bloß Geld dazu, weil die Börse momentan so wenig hergibt.«
»So was ist mir egal«, meinte Julia. »Würde mich auch nicht stören, wenn er wirklich Kellner wäre. Er macht einen netten Eindruck. Ich finde, du solltest es versuchen, Ellis. Komm, ein kleiner Urlaubsflirt könnte dir richtig guttun.«
Ellis spielte mit ihrem zweiten Glas. »Meinst du?«
Die Kellnerin brachte noch eine Runde Getränke, machte dabei aber ein unglückliches Gesicht. »Ty bittet mich, euch auszurichten, dass er in einer halben Stunde freihat«, sagte sie. »Er fragt, ob ihr vielleicht noch so lange bleiben könnt.«
»Oh«, machte Ellis. »Ja, sicher. Ich meine, ist das in Ordnung für dich, Julia?«
Julia trank ihr Glas leer. »Bleib du ruhig, Ellis«, sagte sie. »Wenn es dich nicht stört, nehme ich den Wagen und fahre nach Hause. Ich glaube, ich bekomme Migräne. Vielleicht bringt Ty dich ja zurück.«
»Nein!«, rief Ellis fast panisch. »Du kannst noch nicht gehen, Julia!«
»Das schaffst du schon«, sagte Julia und tätschelte die Hand ihrer Freundin. »Du bist ein großes Mädchen. Du kannst das.«
Die Kellnerin räusperte sich, damit die beiden merkten, dass sie wartete.
Ellis schluckte. Ihr Herz raste. Sie schaute zu der Kellnerin auf. »Sagen Sie ihm, dass ich warte.«
Julia erhob sich und legte ein paar Dollarscheine auf den Tisch. »Das ist Trinkgeld«, sagte sie und wies mit dem Kinn auf den Schein. Dann gab sie Ellis einen Kuss auf den Scheitel. »Viel Spaß«, flüsterte sie. »Und mach dir keine Sorgen. Ich habe Ty beobachtet. Er bückt und streckt sich die ganze Zeit, holt Bier aus dem Kühlschrank und so. Ich bin mir hundert Prozent sicher, dass er eine Unterhose trägt.«
22
»Die, die wie eine Geburtstagstorte angezogen ist, will noch bleiben, ihre Freundin fährt nach Hause«, sagte die Kellnerin zu Ty.
»Nella!«, tadelte er sie. »Sei nicht so gehässig, das steht dir nicht.«
»Kann nicht anders«, gab Nella Maxwell zurück und stellte ein Tablett mit schmutzigen Gläsern in die Spüle. »Das liegt in meiner Natur. Wer ist das überhaupt?«
»Sie heißt Ellis«, sagte Ty und gab Wodka und Eiswürfel in einen Shaker. »Ist eine Freundin von mir.«
»Die sieht mir nicht wie deine üblichen Freundinnen aus«, bemerkte Nella. »Eigentlich stehst du doch eher auf so heiße Feger wie die, die gegangen ist.«
»Julia?« Ty runzelte die Stirn. »Irgendwie nicht so. Egal, ich mag Ellis halt. Sie ist … anders.« Er schaute zu Ellis hinüber,
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