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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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irgendwie als etwas völlig anderes dar. Aber … Ich verkaufe tatsächlich Bücher. Ich bin der Manager einer Google-Anzeigenkampagne, die darauf abzielt, potenzielle Buchkäufer anzusprechen. Es hat mich klammheimlich erwischt: Ich bin Buchhändler.
    Jad fährt fort: »Ich meine, wenn wir erst mal alles gescannt haben und billige Lesegeräte allgegenwärtig sind … wird niemand mehr Buchläden brauchen, oder?«
    »Ist das das Geschäftsmodell dafür?«, frage ich und nicke zum Scanner hin. »E-Books verkaufen?«
    »Wir haben eigentlich gar keins«, sagt Jad achselzuckend. »Die Anzeigen bringen so viel Geld, dass sich alles mehr oder weniger selbst trägt.« Er wendet sich Kat zu. »Findest du nicht? Selbst, wenn wir so was wie fünf … Millionen … Dollar verdienen würden?« (Er ist nicht sicher, ob es sich nach einer Menge Geld anhört. Nur fürs Protokoll: tut es.) »Es würde ja nicht mal auffallen. Die da drüben« – er wedelt mit dem langen Arm in die ungefähre Richtung des Campus – »verdienen so eine Summe ungefähr alle zwanzig Minuten.«
    Das ist superdeprimierend. Wenn ich mit dem Verkauf von Büchern fünf Millionen Dollar verdienen würde, würde ich verlangen, dass man mich in einer Sänfte aus Erstausgaben der Drachenlied-Chroniken in der Gegend herumträgt.
    »Ja, das stimmt in etwa« – Kat nickt –, »aber es ist eine gute Sache. Es gibt uns Freiheit. Wir können langfristig denken. Wir können in Dinge wie diese hier investieren.« Sie tritt an den hellen Scannertisch mit den langen Metallarmen heran. Ihre Augen sind jetzt weit aufgerissen und glänzen im Licht. »Guck dir das nur an.«
    »Jedenfalls, tut mir leid«, sagt Jad leise zu mir.
    »Wir packen das schon«, sage ich. »Die Leute mögen immer noch den Geruch von Büchern.« Und außerdem ist Jads Buchscanner nicht das einzige Projekt mit einer Finanzierung von außen. Penumbras Laden hat einen eigenen Mäzen.
    Ich nehme das Logbuch aus meiner Tasche und reiche es ihm. »Hier ist der Patient.«
    Jad hält es unter das Flutlicht. »Das ist ein wunderschönes Buch«, sagt er. Er fährt mit dem Finger über die Prägung auf dem Einband. »Was ist es?«
    »Nur ein persönliches Tagebuch.« Ich zögere. »Sehr persönlich.«
    Vorsichtig öffnet er das Logbuch und klemmt den vorderen und hinteren Buchdeckel zwischen einen rechtwinkligen Metallrahmen. Dann legt er den Rahmen auf den Tisch und fixiert ihn mit vier einschappenden Klammern. Schließlich ruckelt er daran; der Rahmen und sein Inhalt sind fest. Das Logbuch ist angeschnallt wie ein Testpilot oder ein Crashtest-Dummy.
    Jad scheucht uns vom Scanner weg. »Stellt euch dahinter«, sagt er uns zeigt auf eine gelbe Linie auf dem Fußboden. »Die Arme sind scharf.«
    Hinter einer Wand aus Flachbildschirmen machen seine Finger tapp-tapp . Es folgt ein dumpfes Geräusch wie Bauchgrummeln, dann ein hoher Warnton, und der Buchscanner setzt sich plötzlich in Bewegung. Die Lampen schalten von Flutlicht auf Intervallbeleuchtung um, und die Kammer wird zur Kulisse eines Stop-Motion-Films. Einzelbild um Einzelbild strecken sich die Spinnenarme des Sanners nach unten, greifen nach Seitenrändern, blättern sie um. Es ist hypnotisierend. Ich habe noch nie etwas gesehen, was so schnell und gleichzeitig so grazil ist. Die Arme streicheln die Seiten, liebkosen sie, glätten sie sanft. Dieses Ding liebt Bücher.
    Bei jedem Blitzlicht drehen sich zwei oben befestigte Rie senkameras und schießen hintereinander Fotos. Ich schleiche mich an Jad heran und stelle mich neben ihn, wo ich beobach ten kann, wie sich die Seiten des Logbuchs auf seinen Monitoren stapeln. Die beiden Kameras gleichen zwei Augen, darum erscheinen die Bilder in 3-D, und ich beobachte, wie sein Computer die Wörter direkt aus den blassgrauen Seiten aufpickt. Es sieht aus wie ein Exorzismus.
    Ich gehe wieder zu Kat zurück. Ihre Zehen haben den gelben Strich übertreten, und sie beugt sich ganz nah zum Bücherscanner vor. Ich habe Angst, dass er ihr die Augen aussticht.
    »Das ist der Wahnsinn«, haucht sie.
    Ist es auch. Ich verspüre einen Anflug von Mitleid für das Logbuch, dem seine Geheimnisse binnen Minuten von diesem Wirbelwind aus Licht und Metall entrissen werden. Bücher waren mal ziemlich hightech, seinerzeit. Lang ist’s her.

DAS RÄTSEL DES GRÜNDERS
    E s ist später, gegen acht, und wir sind in Kats Raumkapsel- schlafzimmer, vor ihrem weißen Raumschiffkonsolen- Schreibtisch. Sie sitzt auf meinem Schoß

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