Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)
ich hin, um es festzuhalten – es ist eine Eisenstange, schmerzhaft kalt und glitschig vor Staub. Ob ich einer Schwarzrobe mit dieser Stange einen Hieb versetzen kann? Wohin? Ins Gesicht? Ich bin mir nicht sicher, ob ich jemanden mit einer Stange ins Gesicht schlagen könnte. Ich bin ein Schurke, kein Krieger.
Warmes Licht fällt in die Kammer, und ich sehe eine Gestalt im Türrahmen. Es ist eine runde Gestalt. Es ist Edgar Deckle.
Er schlurft mir entgegen, und ich höre ein schwappendes Geräusch. Er hat Mopp und Eimer bei sich, die er ungeschickt in einer Hand trägt, während er an der Wand entlangtastet. Irgendetwas summt leise, und dann ist der Raum in orangefarbenes Licht getaucht. Ich verziehe das Gesicht und kneife die Augen zusammen.
Deckle japst vor Schreck, als er mich in der Ecke kauern sieht, meine Eisenstange erhoben wie einen mittelalterlichen Baseballschläger. Seine Augen weiten sich erstaunt. »Was machst du denn noch hier!«, zischt er.
Ich beschließe, nicht preiszugeben, dass ich über M OFFAT und P ENVMBRA die Zeit vergessen habe. »Es war echt dunkel«, sage ich.
Mit einem Knall und einem Platschen setzt Deckle Mopp und Eimer ab. Er seufzt und wischt sich mit seinem schwarzen Ärmel die Stirn. Ich senke die Stange. Ich sehe jetzt, dass ich neben einem riesigen Ofen hocke; die Stange ist ein eiserner Schürhaken.
Ich begutachte meine Umgebung, die nun nichts Science-Fiction-mäßiges mehr an sich hat. Überall stehen Druckpressen und Maschinen herum, die aus vielen Epochen herübergerettet worden sind: hier eine alte Monotype-Gießmaschine, strotzend vor Knöpfen und Hebeln; dort eine Tiefdruckpresse mit einer dicken schweren Walze auf einem langen Schlitten; und dann noch etwas direkt aus Gutenbergs Garage – ein mächtiges Balkengerüst, aus dem oben ein riesiger hölzerner Korkenzieher herausschaut.
Es gibt Kästen und Schränke. Werkzeug des Druckerhand werks ist auf einem langen, verwitterten Tisch ausgebreitet: dicke Buchblöcke und hohe Stapel mit Spulen kräftigen Garns. Unter dem Tisch liegen in großen Schlingen zusammengerollte Ketten. Der Ofen neben mir hat ein breites, grinsendes Gitter, und am oberen Ende sprießt daraus ein dickes Rohr hervor, das in der Zimmerdecke verschwindet.
Tief unter den Straßen Manhattans bin ich auf die schrägste Druckerei der Welt gestoßen.
»Aber du hast es?«, flüstert Deckle.
Ich zeige ihm die Festplatte in meinem Pokerspiel.
»Du hast es«, raunt er. Der Schock hält nicht lange an; Edgar Deckle hat sich schnell wieder gefangen. »Okay. Ich glaube, wir kriegen das hin. Ich glaube – ja.« Er nickt. »Ich nehm die mal mit« – er hebt drei Bücher vom Tisch, die alle identisch aussehen – »und bin gleich wieder da. Mach keinen Krach.«
Er balanciert die Bücher vor der Brust und geht wieder hinaus; das Licht lässt er an.
Ich warte und inspiziere die Druckerei. Der Fußboden ist wunderschön: ein Mosaik aus Buchstaben, jeder davon tief in eine eigene Kachel eingebrannt. Das Alphabet zu meinen Füßen.
Einer der Metallkästen ist viel größer als die anderen. Auf dem Deckel ist ein vertrautes Symbol: zwei Hände, geöffnet wie ein Buch. Warum müssen Organisationen immer alles mit ihren Insignien versehen? Wie Hunde, die an jeden Baum pinkeln. Google ist auch so. Und NewBagel war nicht anders.
Ich muss beide Hände zu Hilfe nehmen und hebe unter Stöhnen den Deckel an. Das Innere ist in Schubladen unter teilt – manche lang, manche breit, manche perfekt quadratisch. Alle enthalten niedrige Stapel mit Metalltypen: gedrungene kleine 3-D-Buchstaben von der Art, die man in einer Druckerpresse aneinanderreiht, um Worte und Absätze und Seiten und Bücher zu schaffen. Und plötzlich weiß ich, was das ist.
Das ist die Gerritszoon.
Die Tür klickt wieder, und ich wirbele herum: Deckle steht da, eine Hand in die Robe gesteckt. Für einen Moment befällt mich das sichere Gefühl, dass er sich nur verstellt hat, dass er uns doch verraten hat, dass er jetzt wieder hergeschickt wurde, um mich zu töten. Er wird Corvinas schmutzigen Auftrag ausführen – vielleicht meinen Schädel mit einer Gutenbergpresse plattmachen. Aber falls er Buchverkäufermord im Schilde führt, zieht er eine gute Show ab: Sein Gesicht ist offen, freundlich, konspirativ.
»Das ist das Erbe«, sagt Deckle und nickt zum Gerritszoon-Kasten. »Ziemlich großartig, was?«
Er schlendert heran, als würden wir uns hier, tief unter der Erde, nur die Zeit
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