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Die spaete Ernte des Henry Cage

Die spaete Ernte des Henry Cage

Titel: Die spaete Ernte des Henry Cage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Abbott
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du das Orson-Welles-Band hören?«
    »Gern.«
    »Du weißt, wie es da zugeht? Orson sitzt in einem Aufnahmestudio; der Film läuft in einer Endlosschleife underscheint auf einem Monitor, damit er seinen Text mit den Bildern synchronisieren kann. Durch die Scheibe sieht er den Toningenieur, und die beiden können über eine Gegensprechanlage miteinander kommunizieren. Ein paar Leute von der Agentur sitzen beim Ingenieur – meistens der Textschreiber und ein Produzent – und führen Regie.«
    Jack drückt auf den Knopf, und Henry ist freudig überrascht, als die satte Stimme von Citizen Kane und Harry Lime bis in den letzten Winkel des Impala dringt.

    Orson Welles: »Wir kennen eine entlegene Farm in Lincolnshire, auf der Mrs Buckley lebt. Jeden Juli wachsen dort Erbsen« – Meinen Sie das wirklich?
    Produzent: Ja, also, mit anderen Worten, ich – ich würde eine halbe Sekunde später anfangen …
    OW: Finden Sie nicht, dass Sie »Juli« bei dem Schnee haben wollen? Ist das nicht der Witz bei der Sache?
    P: Das ist – wenn, wenn Sie anfangen können, sobald diese Einstellung vorbei ist, dann würde das …
    OW: Ich find’s nett, dass man einen eingeschneiten Acker sieht und »jeden Juli wachsen dort Erbsen« sagt. »Wir kennen eine entlegene Farm in Lincolnshire, auf der Mrs Buckley lebt – jeden Juli wachsen dort Erbsen« – wir sind noch nicht mal auf dem Acker, verstehen Sie? Wir reden über ihr Gedeihen – und sie hat sie schon gepflückt.
    P: Im Juli …
    OW: Was? – Ich hab Sie nicht verstanden – wann? Was muss vor »Juli« vorbei sein?
    P: Wir müssen den schneebedeckten Acker hinter uns lassen.
    OW: Hab ich doch. Wir waren bei einer Dose Erbsen – einem großen Teller voller Erbsen, als ich sagte: »Im Juli« …
    P: Oh, tut mir leid.
    OW: Ja. Ich hab das immer schon hinter mir.
    P: Ja?
    OW: Ja! Und dann sage ich: »Im Juli.«
    P: Bitte betonen Sie
im
. »Im Juli.«
    OW: Warum? Das ergibt doch keinen Sinn. Tut mir leid, es gibt keine mir bekannte Möglichkeit, einen Satz mit »im« anzufangen und das Wort zu betonen. Holen Sie mir eine Jury und beweisen Sie mir, wie man
» im
Juli« sagt, dann muss ich Ihnen recht geben. Es ist einfach nur saublöd – entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise. Es ist schlicht dumm.
» im
Juli« – Ich möchte gern wissen, wie Sie das »im« in »im Juli« betonen wollen. Unmöglich! Sinnlos!
    Textschreiber (versucht zu schlichten): Ich glaube, alle dachten nur daran, was sie nicht haben wollten …
    OW: Er denkt nicht.
    T: Orson, einen letzten Versuch, bitte? Mein Fehler. Ich sagte »im Juli« – können Sie es bei »jeden Juli« belassen?
    OW: Das haben Sie nicht gesagt! Er hat’s gesagt, Ihr Kumpel. »Jeden Juli«. Nein, Sie meinen nicht wirklich »jeden Juli« – das ist einfach schlecht geschrieben. Es heißt »im Juli«. Hier wird viel zu viel herumgedoktert!

    Henry machte die Wut in Orson Welles’ Stimme traurig. Die Agenturleute waren offenkundig Engländer; vielleicht hatte Welles sorgsam darauf geachtet, sich nur im Ausland für Reklame herzugeben; wie sich nun herausgestellt hatte, war die Distanz nicht groß genug, um ihm Peinlichkeiten zu ersparen. Warum hatte er das getan? Musste er das Dach seines Wochenendhauses richten lassen oder eine Scheidung finanzieren? Vielleicht hatte er sich ja eingeredet, in guter Gesellschaft zu sein. Sir Laurence Olivier hatte im amerikanischen Fernsehen für Kodak-Filme geworben, und selbst Mrs Roosevelt hatte Werbung für Margarine gemacht. Vielleicht wollte Welles auch einfach nur das Geld. Politiker und Schauspieler haben ein unregelmäßiges Einkommen, von daher ist der Drang, Bares zu scheffeln, solange es nur geht, häufig unwiderstehlich. Zu Henrys Zeiten hatte sogar ein ehemaliger britischer Schatzkanzler freundlich für den Räucherlachs eines Supermarktes geworben. Henry hasste es, so etwas sehen zu müssen. Selbst wenn ein Kunde ihm den Auftrag erteilt hatte, einen prominenten Fürsprecher zu finden, war er insgeheim froh gewesen, wenn er eine Ablehnung bekam.
    Jack kicherte schon erwartungsvoll und spulte vor. »Hör dir mal an, wie die Aufnahme endet.«
    Wieder füllte die dunkle Stimme den Wagen:

    OW: Und nun unter Protest »Beef Burgers«. »Wir kennen einen kleinen Ort im weiten Westen Amerikas, wo Charlie Briggs das feinste präriegefütterte Rindfleisch hackt und abschmeckt …« Das ist ein Haufen Bockmist– wissen Sie das? Sie wollen noch einen? Noch einen zu Rindfleisch?
    P: Sie haben das

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