Die spaete Ernte des Henry Cage
erste »Rindfleisch« verpasst. Völlig.
OW: Was meinen Sie mit »verpasst«?
P: Sie betonen »präriegefüttert«.
OW: Aber Sie können doch nicht »Rindfleisch« betonen – das ist genauso, als sollte ich das »im« vor »Juli« betonen. Kommt schon, Leute, ihr seid nicht ganz bei Trost. Ich würde keinen unserer heutigen Schauspieler auf diese Weise Shakespeare spielen lassen, so, wie Sie das machen. Unmöglich!
P: Orson, Sie haben letztes Jahr sechs davon gemacht, und das waren bei Weitem die besten – und ich weiß, warum …
OW: Die richtige Lesart für das hier ist die, die ich Ihnen liefere.
P: Im Augenblick schon.
OW: Ich verbringe zwanzig Mal so viel Zeit mit euch Leuten wie bei jedem anderen Werbespot, den ich je gemacht habe. Ihr seid solche Plagegeister! Was wollt ihr denn jetzt? In den Tiefen eurer Ignoranz, was wollt ihr da? Was auch immer; ich kann es nicht geben, nicht liefern, ich seh’s einfach nicht.
P: Das ist vollkommen in Ordnung … Wirklich.
OW: Kein Geld ist das alles wert …
Dann klang seine Stimme aus. Man hört Papier rascheln, als er sein Skript aufnimmt, dann Stille. Die Art von Stille, die in einem Kino am Ende eines eindrucksvollen Filmsherrscht, wenn das Publikum noch zögert, wieder in die Welt da draußen zu treten, und bewegungslos dem Abspann folgt, bis hin zum Dolby-Logo.
Jack schaltete ab.
»Was hältst du davon?«
»Es ist sehr traurig.«
Jack war gnadenlos.
»Er hat das Geld genommen; niemand hat behauptet, dass der Job einfach ist. Trotzdem, mich bringt das immer zum Lachen – und er ist einfach hinausspaziert, dazu hatte ich nie den Mumm.«
Sie fuhren schweigend weiter.
»Wann kommen sie an?«
»Zur selben Zeit wie beim letzten Mal, als du mich gefragt hast. Die Maschine landet um fünfzehn Uhr dreißig. Und sie ist pünktlich.«
Henry sah zum Seitenfenster hinaus. Auf der Interstate reger Sonntagsverkehr. Fahrer, die sich wegen der Ästhetik von Automobilen weniger Sorgen machten als Jack, überholten den Impala links und rechts. Henry dachte an den gestrigen Abend.
Nach dem Tanz mit Jack hatte Nessa regelrecht gestrahlt, als sie an den Tisch zurückkehrte.
»Hast du mich gesehen, Henry?«
»Oh ja.«
Nessa hatte nach ihrem Glas gegriffen, es aber wieder hingestellt, ohne etwas zu trinken. Dann hatte sie sich hingesetzt und die Augen geschlossen. Sie hatten gedacht, sie würde der Musik lauschen, doch schon bald war klar,dass sie eingeschlafen war. Zehn Minuten später war sie aufgeschreckt und hatte Jack gebeten, sie nach Hause zu fahren. Sie hatte Henry eine Gute Nacht gewünscht, ohne ihn dabei anzuschauen.
»Ich habe Nessa heute Morgen angerufen. Sie hatte den Anrufbeantworter an.«
»Ich weiß«, meinte Jack.
»Glaubst du, es ist alles in Ordnung?«
»Es war ein neues Kleid, Henry. Und das hat sie nicht für mich gekauft.«
Der Vorwurf kam nicht unerwartet, doch die Schroffheit irritierte Henry. Jack legte so eine Art lakonischen Cowboy-Scharfsinn an den Tag, als habe er seine Jugend mit zu vielen Western verbracht, in denen die Helden mehr Tabaksaft als Worte ausgespuckt hatten. Plötzlich überkam Henry ein spontaner Gefühlsausbruch, die verbale Unverständlichkeit ungestümer Wut.
»Stimmt. Was hattest du also dort zu suchen? Tu mir einen Gefallen und halt die Klappe.«
»Carpe diem, Henry. Ergreife die Dame.«
Henry ließ sich tief in den Sitz sinken und legte seine Füße auf das Armaturenbrett; er freute sich hämisch, dass Jack sich jetzt Gedanken um sein Auto machte.
Henrys Gefühlsausbruch hatte sie beide überrascht, und so fuhren sie schweigend weiter.
Tom und Jane reisten mit wenig Gepäck; ihre weichen Matchbeutel hatten locker in die Staufächer über den Sitzen gepasst. Das Leben am Strand stellte wenige Herausforderungenan die Garderobe, und was sie an Sommerkleidung brauchten, war in Nessas Haus deponiert. Außer Hemden und Shorts für den schnell wachsenden Hal und Geschenken für Nessa hatten sie fast nichts mitgebracht. Ein paar Tage zuvor hatte sie ihnen eine E-Mail geschickt und gebeten, ihr zwei amtliche Karten von Norfolk mitzubringen – Blätter Nummer 132 und 133.
»Dann kann ich Euer Haus raussuchen und mich an unsere Spaziergänge an der Küste erinnern«, schrieb sie. Das unausgesprochene Eingeständnis, dass seine Mutter wohl nie wieder Norfolk besuchen würde, alamierte Tom. Jetzt, zwei Stunden von einem Wiedersehen mit ihr entfernt, war er nervös. Er krallte sich am Gepäckwagen fest, und Hal
Weitere Kostenlose Bücher