Die Sphaeren
Sie auch die dortigen Vorgänge? Ist es Ihnen ge…«
Ferbin ertrug es nicht länger. »Hören Sie endlich auf, mit diesen Phantomen zu reden!«, rief und sprang erneut auf, diesmal so schnell, dass der Stuhl umkippte. Holse hatte das, was ihm als günstiger ruhiger Moment erschienen war, gerade genutzt, um einen Schluck Wein zu trinken. Er schluckte, stand ebenfalls auf und wischte sich den Mund ab. »Die imaginären Dämonen haben Ihnen gestohlen, was von Ihrem Verstand übrig war, Sir!«
Hyrlis schüttelte den Kopf. »Wenn sie doch nur imaginär wären, Prinz. Und wenn es ähnliche Beobachtungssysteme in Sursamen gibt, so sind sie vielleicht ein Schlüssel für Ihre Schwierigkeiten.«
»Wovon in aller Welt reden Sie da?«, stieß Ferbin zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Hyrlis seufzte erneut. »Bitte, Prinz, setzen Sie sich … Nein, nein, ich stehe auf«, fügte er schnell hinzu. »Lassen Sie uns alle aufstehen. Ich möchte Ihnen etwas zeigen. Bitte begleiten Sie mich. Es gibt noch mehr zu erklären.«
Das Luftschiff war eine riesige Blase und ritt auf der vergifteten Luft über einem noch glühenden Schlachtfeld. Hyrlis’ graziles Luftfahrzeug hatte sie hierher gebracht, nachdem
es vom Boden eines anderen Kraters aufgestiegen und durch Rauch und Wolken in klareres Wetter geflogen war, einem roten Sonnenuntergang entgegen, der bald der Nacht wich. Am fernen dunklen Horizont blitzte gelegentlich gelbweißes Licht, und unter ihnen zeichneten sich Kreise aus verblassendem Rot in der hügeligen Landschaft ab. Das Luftschiff kam einem hellen Fanal gleich: Überall brannten Lampen, und hinzu kamen zahlreiche reflektierende Flächen. Wie eine Mahnung hing es über dem verheerten Land.
Das kleine Luftfahrzeug dockte an ein breites Deck unter dem Hauptrumpf des riesigen Schiffes. Die ganze Zeit über trafen kleinere Schiffe ein oder flogen fort. Sie kamen mit verletzten Soldaten, begleitet von medizinischem Personal, und machten sich mit Ärzten wieder auf den Weg. In der warmen, nach Rauch riechenden Luft hörte man das Stöhnen der Verwundeten. Hyrlis führte Ferbin und Holse über eine Wendeltreppe zu einer Abteilung voller sargartiger Betten, in jedem davon eine bleiche, gedrungene, bewusstlose Gestalt. Holse ließ den Blick über die leblos wirkenden Leute schweifen und fühlte so etwas wie Neid – sie mussten in dieser schrecklich hohen Schwerkraft wenigstens nicht aufstehen, herumlaufen und Treppen steigen.
»Es gibt da eine Theorie«, sagte Hyrlis und trat zwischen die matt glühenden Sargbetten, dichtauf gefolgt von Ferbin und Holse. Die vier dunkel gekleideten Leibwächter befanden sich irgendwo in der Nähe, ließen sich aber nicht blicken. »Danach ist all das, was wir als Realität empfinden, nur eine Simulation, eine Art Halluzination, die man uns aufgezwungen hat.«
Ferbin schwieg.
Holse vermutete, dass Hyrlis zu ihnen sprach und nicht zu den Dämonen, oder was auch immer sie waren, und deshalb erwiderte er: »Eine Sekte bei uns zu Hause vertritt einen ähnlichen Standpunkt, Sir.«
»Es ist keine ungewöhnliche Vermutung«, fuhr Hyrlis fort und nickte in Richtung der Bewusstlosen. »Diese Leute schlafen und träumen künstliche Träume, aus verschiedenen Gründen. Während sie träumen, glauben sie an die Realität des Traums. Wir wissen es besser, aber wie können wir sicher sein, dass unsere eigene Realität nicht ebenfalls ein Traum ist? Wie können wir sicher sein, dass es nicht noch eine größere Wirklichkeit gibt, außerhalb der unsrigen, in der wir nach dem Traum erwachen?«
»Was soll man schon machen, Sir?«, entgegnete Holse. »Man muss das Leben nehmen, wie es kommt.«
»Das stimmt. Aber das Nachdenken über diese Dinge beeinflusst die Art unseres Lebens. Manche Leute sagen, dass wir rein statistisch gesehen in einer Simulation leben müssen; die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das nicht der Fall ist, sei einfach zu gering.«
»Mir scheint, Sir, es gibt immer Leute, die sich von praktisch allem überzeugen lassen«, sagte Holse.
»Ich glaube ohnehin, dass sie sich irren«, meinte Hyrlis.
»Ich nehme an, Sie haben sich alles gründlich durch den Kopf gehen lassen«, sagte Ferbin. Es sollte spöttisch klingen.
»Das habe ich tatsächlich, Prinz«, sagte Hyrlis und führte sie durch die Menge aus schlafenden Verletzten. »Und mein Standpunkt basiert auf moralischen Überlegungen.«
»Tatsächlich?«, erwiderte Ferbin, und es gelang ihm mühelos, verächtlich zu
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